Shearwater – Palo Santo

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    brosche

    Registriert seit: 08.07.2002

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    cover_shearwater.jpg
    Quote:
    Vielleicht sind es gefrorene Tränen, die eiskalt verschmolzen als fraktales Stalagmitengewirr auf dem Frontbild von „Palo santo“ aufragen. Was es ist, bleibt unklar und ist genau deshalb vielleicht beabsichtigt. Das neue Album von Shearwater spielt geschickt mit Verrätselung, verpuppt sich schrittweise und legt wunderschöne Finten inmitten trister Stille. Ursprünglich von Will Sheff und Jonathan Meiburg als kleines Nebenprojekt von Okkervil River aus der Taufe gehoben, verharrten Shearwater trotz toller Platten bislang schüchtern in deren Schatten. Während Sheff als zentraler Kopf von Okkervil Rivers famosem Konzeptalbum „Black sheep boy“ von den Kritikern mit verbalem Blattgold überzogen wurde, zog sich Meiburg auf Shearwater zurück und hier alle künstlerischen Fäden an sich. Um nun mit seinem „Palo santo“ ein mindestens ebenso brillantes Werk aus dem Hut zu zaubern, bei dem sich diesmal Sheff dezent im Hintergrund hält.
    „Palo santo“ ist ein janusköpfiger Indiefolkrock-Brocken geworden, der zartspröde, traumschöne Sanftheit mit zerklüfteter, kargschroffer Leidenschaft kontrastiert. Fast aus dem Nichts erwächst das Album. Meiburgs Stimme hebt hauchzart inmitten zerfaserten Rauschens an, wärmend flankiert von leisen Klavierakkorden, gleitet wieder in verrauschte Stille. Urplötzlich bricht Meiburgs Timbre leidenschaftlich aus. Er schreit, nein, fleht aus voller Kehle. Das Klavier versucht nach Kräften, mitzuhalten, ehe der Ausbruch wieder in zärtliche Stille zerrieselt. Der Richtungsweiser am Wegrand zuckt hilflos mit den Schultern – wohin der Hase laufen wird, liegt noch in blickdichtem Nebel verborgen. Dann erst, nach beinahe zwei Minuten, kristallisiert sich aus dem sphärischen Nichts ein Dreiakkord-Motiv des Klaviers und beginnt der eigentliche Song. Besen streicheln die Snaredrum, der Kontrabaß zupft verhalten, butterweich gleiten Meiburgs sehnsüchtige Melodielinien durch „La dame et la licorne“, hinterlassen Widerhaken im Gehörgang, berühren Saiten tief im Innern. Schon nach dem ersten Song möchte man unentwegt die Repeat-Taste drücken, so wahnsinnig schön ist er. Doch dann würde man den großartigen Rest verpassen. Das munter stampfende „Red sea, black sea“, in dem verhallte Banjos tanzen, und das sich zum Refrain hin zum zackigen Tanzflächenfeger entwickelt, das zwischen zarter Zerbrechlichkeit und rotzigem Riffrock schwankende „White waves“, das mitreißende Achterbahn-Epos „Hail, Mary“ und die weiteren ergreifend schönen Balladen wie „Palo santo“. Schwächen auf der Platte? Keine einzige. Die Songs packen Dich, verwirren Dich mit überraschenden Schlenkern, führen in die Irre und bezaubern Dich mit ausgefuchsten Arrangements. Das Klavier hat getrunken, torkelt beschwingt und leicht windschief durch graublasse Regenkaskaden, ein Vibraphon schlottert vor Kälte mit den Knien und kuschelt sich an die tränenverhangenen Geigenbögen, die sich am Lagerfeuer aufwärmen. Aus der Ferne hallen Bläserklänge, ein Glockenspiel hüpft vergnügt im Kreis. „Palo santo“ ist kein schnelles Album, entfaltet sich in seiner Vielschichtigkeit nur langsam. Doch mit jedem Hören erschließt es sich weiter, gibt neue Facetten und zugleich neue Rätsel preis, jedes Mal aufs Neue ergreift diese seltsam brüchige und gerade darin so spannende Mischung aus zärtlicher Verzweiflung, sphärischer Lebendigkeit und ruppiger Leidenschaft. Spätestens jetzt sind Shearwater nicht mehr nur „die kleinen Okkervil River“. Mit dem heiligen Holz von „Palo santo“ haben sie sich mehr als nur freigeschwommen.
    http://www.plattentests.de

    Bin von diversen Proben
    http://www.myspace.com/shearwater
    http://www.fargostore.com/mod/p_disque.php?article_id=2469
    recht angetan. Die Schnippsel zum neuen Album erinnern mich etwas an Archer Prewitt. Ist in jedem Fall bestellt.

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    Bleibense Mensch. [/FONT][/I][/COLOR][/FONT]
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    #5144059  | PERMALINK

    brosche

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 3,981

    Dank für die Editierung des Titels.

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    Bleibense Mensch. [/FONT][/I][/COLOR][/FONT]
    #5144061  | PERMALINK

    observer

    Registriert seit: 27.03.2003

    Beiträge: 6,709

    BroscheDank für die Editierung des Titels.

    Nicht dafür. Berichte mal bitte, wenn du das Album hast, wie es dir gefällt. Shearwater wurden mir auch schon mehrmals empfohlen.

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    Wake up! It`s t-shirt weather.
    #5144063  | PERMALINK

    themagneticfield

    Registriert seit: 25.04.2003

    Beiträge: 34,031

    ich sitz gerad hier auf der Arbeit und überlege ob ich den ersten Durchlauf wagen soll, aber irgendwie hab ich das Gefühl, dass das Hörvergnügen über so nen Radio/CD-Player doch nicht adäquat genug rüberkommen dürfte

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    "Man kann nicht verhindern, dass man verletzt wird, aber man kann mitbestimmen von wem. Was berührt, das bleibt!
    #5144065  | PERMALINK

    firecracker

    Registriert seit: 18.01.2003

    Beiträge: 13,381

    amg (3 1/2 von 5):

    Review by Greg Prato

    It’s impossible to have predicted what a large shadow Jeff Buckley would have cast over rock music after his tragic 1997 passing. But as evidenced by a multitude of early 21st century Buckley disciples, all it took was a single album for Buckley to leave his mark on popular music. This is especially evident on Shearwater’s 2006 release Palo Santo. The group’s third full-length overall sees singer/multi-instrumentalist Jonathan Meiburg assume full control of the band, as he pens all of the album’s 11 tunes solely on his own. While listening to the album-opening „La Dame et la Licorne“ or „White Waves,“ it’s impossible not to automatically think of BuckleyMeiburg’s vocals are a dead ringer for the deceased singer/guitarist. Elsewhere, the album’s title track sounds like Jeff’s pop, Tim Buckley, while Meiburg gets to show his quirky side on such selections as „Red Sea, Black Sea“ and „Johnny Viola.“ While it may not be as plagiaristic as a band like Ours is, it’s plain to see Meiburg’s chief musical influence throughout much of Palo Santo.

    ich glaube das kann man so sehen, ja. (hab die platte noch nicht oft genug gehört)
    mag „precious“ von ours trotzdem.

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    Dirty, dirty feet from the concert in the grass / I wanted to believe that freedom there could last (Willy Mason)
    #5144067  | PERMALINK

    von-krolock

    Registriert seit: 15.01.2004

    Beiträge: 183

    Die ist so dermaßen großartig. Gänsehaut

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    #5144069  | PERMALINK

    pie-mash

    Registriert seit: 12.09.2006

    Beiträge: 266

    Von KrolockDie ist so dermaßen großartig. Gänsehaut

    Fünfter Hördurchgang heute. Palo Santo ist ein ganz großer Wurf. Sickert mit der Zeit ungeheuer tief. Ein kühler, kristallener Ozean wunderbarer Musik. Wie bei Okkervil River auch mit Hang zum hymnischen Gestus.
    Aber ein ganz anderer Ansatz.
    Das Cover passt selten gut zum Inhalt.

    Bin sehr beeindruckt.

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