Konzertimpressionen und -rezensionen

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    gypsy-tail-wind
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    @gypsy tail wind 3550318 wrote:

    Bei mir gibt es morgen abend Brahms‘ Requiem, das Tonhalle Orchester und die Zürcher Sing-Akademie (Tim Brown) mit den Solisten Camilla Tilling (Sopran) und Christian Gerhaher (Bariton), unter der Leitung von Bernard Haitink – freue mich sehr darauf!

    Ein paar Worte nur, da ich mit solcher Musik mich nicht annähernd so vertraut fühle wie mit den Beethoven-Sonaten von neulich … soviel nur: schwer beeindruckend! Haitink dirigierte ziemlich zurückhaltend, aber die Zusammenarbeit mit dem Orchester funktionierte meist hervorragend (ich glaubte, an einigen Stellen ein paar Ungenauigkeiten zu hören, aber ich mag irren), die Gestaltung des Werkes überzeugte mich soweit ich das sagen kann (ich kenne es noch nicht sehr gut, erst drei-, viermal gehört, jüngst – wohl zum zweiten Mal – die Kempe-Einspielung mit Grümmer/DFD, die ich sehr gut finde). Was mich zu Beginn und auch später immer wieder schwer beeindruckt hat war das Piano, das das Orchester – ohne Ausdünnung wenigstens soweit ich es sehen konnte (die Streicher nur, aber um die ging es gerade) – hinkriegte, da spielten – und manchmal: sangen – sie alle, und man hätte wohl ein Blatt auf den Boden fallen hören. Und dann die Steigerung, die förmlichen Explosionen, Momente, in denen die Musik auch heute noch ziemlich modern wirkt (schwer abzuschätzen, wie das damals wohl gewirkt haben muss, müsste ich mal ein wenig nachlesen). Der Chor war mindestens so eindrücklich wie das Orchester, und die Solisten ebenfalls überzeugend, Gerhaher wurde meinen hohen Ewartungen jedenfalls gerecht und Tilling hatte den undankbaren Part, meist tatenlos dazusitzen, aber ihre Einsätze waren ebenfalls toll. Am Schluss gab es, dünkte mich, zwar keinen wahnsinnig stürmischen, aber sehr langen Applaus.

    Weiterlesen:
    Haitink im Interview, Tagesanzeiger, 14. Januar 2016
    Der Neue Merker: Rezension des ersten Konzertes vom 15. Januar

    --

    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #157: Benny Golson & Curtis Fuller – 12.11.2024 – 22:00 / #158 – 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
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    #9788269  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Dieser Thread soll kurzen und längeren Notizen zu Konzertaufführungen dienen.

    (ausgelagert aus dem Hör-Thread)

    Vorhin im kleinen Saal der Tonhalle zu Zürich:

    Julia Fischer, Violine
    Igor Levit, Klavier

    LUDWIG VAN BEETHOVEN
    Sonate Nr. 9 A-Dur op. 47 „Kreutzersonate“
    Sonate Nr. 10 G-Dur op. 96

    Julia hatte die Haare schön, Igor die Schuhe poliert … ne, ich sass so weit hinten, dass ich solche Dinge nur erahnen konnte, aber die beiden gaben schon ein hübsches Paar ab, zweifellos. Doch darum ging es ja zum Glück nicht und das wurde schon bei Fischers Auftakt zur „Kreutzer“ klar: da ging es um nicht wenig, nein, um Alles! Der Saal war beim dritten Konzert eines kompletten Zyklus der Beethoven’schen Violinsonaten jedenfalls auf den letzten Platz gefüllt (gestern abend spielten sie Nr. 1-4, heute in der Matinée Nr. 5-8, aber ich ging nur am Abend in den dritten Teil). Ich kenne von Fischer bisher auf CD nur die Mozart-Konzerte und finde diese sehr schön, etwas gepflegt vielleicht, aber dies auf eine Art, die zu den Werken gut passt – und auch überaus direkt, gradlinig und schnörkellos. Über eine Live-Aufführung der „Kreutzer“ von ihr hatte ich einst euphorische Worte gelesen (ich weiss nicht mehr, wer damals der Pianist war, aber wohl eher nicht Levit), daher waren meine Erwartungen hoch – skeptisch hoch, denn ich konnte mir aufgrund dessen, was mir von Fischer vertraut ist, nicht so richtig vorstellen, wie sie mit der „Kreutzer“ klarkommen würde, die ich am liebsten in zupackenden Versionen mag wie jener von Szigeti/Bartók oder in jüngerer Zeit Kopatschinskaja/Say. Ich wurde so gesehen positiv überrascht, Fischer hatte durchaus den Mut zum hässlichen und den Willen, die Musik krachen zu lassen, zupackend aber nie auf den Effekt aus, dann wieder unfassbar zart und feinziseliert (ist Ornament wirklich immer Verbrechen?) – Levit (der Noten vor sich hatte, zum Glück keine Pannen beim Umblättern; Fischer spielte frei) entpuppte sich rasch als sehr aufmerksamer Partner, der sich auch auf Augenhöhe bewegte, was in der „Kreutzer“ auf andere Weise zum Zug kommt als in der, wie soll ich sagen, integrierteren Sonate Nr. 10 Op. 96, meiner innig geliebten. In der „Kreutzer“ wurde immer wieder extrem entschleunigt, das wirkte auf mich beim ersten Mal etwas unorganisch, doch der Eindruck verflog später, es schien eher so, als würde die Maschinerie der Beethoven’schen Musik jeweils zu einem kurzen Ruhepunkt finden, bevor sie sich wieder in immer irreren Figuren und mit immer wilderen Schlenkern zu drehen begann.

    Nach der Pause (warum braucht es denn auch Pausen, Pausen sind die überflüssigste Erfindung des Konzertbetriebes, ein Jammer was da abgeht … klar, die Musiker brauchen sie vielleicht, der grössere Teil des Publikums noch mehr, und der eh schon übersubventionierte Veranstalter braucht die Kohle der Cüpli, wie man hier sagt, und der anderen Konsummation … aber der Musik wird mit der Art von Pausen nicht gedient, es müsste eher – das wäre doch eine Frage des Respekts, nicht? – ehrfürchtige Stille (oder meinetwegen aufbrausende Wut über das Gehörte) vorherrschen, aber nicht die Banalität der Konversation und der leeren Floskeln, das Schaulaufen überparfümierter verblühter Damen und Trophäenweibchen … da sind mir die gebückten Alten mit ihren seltsam gemusterten Anzügen aus den Siebzigern und Achtzigern, ihren schiefen übergrossen Brillen doch tausendmal lieber und näher) … gut, soviel zur Pause. Nach der Pause ging es dann mit Op. 96 weiter und mir schien, die beiden wären von der „Kreutzer“ fast noch etwas zu sehr im Schwung, ich mag die Sonate jedenfalls gerne etwas weniger treibend (und sei es nur gefühlt, Tempo hat ja nichts mit dem zu tun, was ein Metronom sagt), etwas mehr nach innen als nach aussen strahlend, gewissermassen. Was aber auch bei der engen Verzahnung der Stimmen in Op. 96 wieder klar wurde ist, was für ein unheimlich präziser, genauer Pianist Levit ist – es gab zwar manchmal Momente, wo die beiden nicht so ganz zusammen zu sein schienen, aber die Feinheit und Differenziertheit in beider Spiel war immer wieder beeindruckend, und bei Levit noch mehr als bei Fischer, fand ich.

    Nichtsdestotrotz ein toller Konzertauftakt im neuen Jahr, als Fazit würde ich sagen: die „Kreutzer“ zupackender als erhofft (aber nicht ganz zupackend genug für meinen Geschmack), Op. 96 dann etwas zu zupackend. Ich möchte aber keineswegs suggerieren, die beiden hätten die Sonaten nicht angemessen unterschiedlich interpretiert, das war durchaus der Fall, ich bin einfach bei beiden wohl etwas wählerisch, aber die heutige Live-Darbietung fügt sich bestens in eine ganze Reihe geschätzter Aufnahmen ein, für die z.B. bei der „Kreutzer“ auch gilt, dass sie mir nicht hemdsärmlig genug sind (z.B. Grumiaux/Haskil oder Francescatti/Casadesus).

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    #9788271  | PERMALINK

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    Danke vielmals für diesen schönen Konzertbericht. – Und wie ich gerade sehe, wird es eine vierstündige Hommage an Paul Bley geben? Das ist richtig!

    Zu Sibelius, ich habe da nur geringen Überblick. In Berlin, Mai 1957 – Anekdote – war auch Gould dabei und noch Jahre später beeindruckt. Karajan wollte ihn angeblich sofort damals als Solisten für Beethoven haben und, soweit ich weiß, haben sie dann auch in diesen Tagen zusammen gespielt.

    --

    #9788273  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Donnerstagabend in Luzern, im grossen Saal des KKL:

    JOHANN SEBASTIAN BACH:
    Passio Domini nostri J.C. secundum Evangelistam Matthæum (aka: Matthäus-Passion) (BWV 244)

    Mark Padmore (Evangelist)
    Stephan Loges (Jesus)
    The English Baroque Soloists
    The Monteverdi Choir
    Luzerner Sängerknaben
    John Eliot Gardiner

    Ein harter Brocken, aber zugleich ein Werk von unglaublicher Vielschichtigkeit – das das ist ja wohl längst bekannt. Die Bühne war zweigeteilt, zwei Chöre à 14 Stimmen, dazwischen freie Stufen, auf denen sich die Sängerknaben zum Eingangschor des ersten Teiles und den Schlusschören beider Teile hinzugesellten, die aber auch den Chorsolisten als Weg nach vorn dienten, wenn sie Arien zu sinden hatten. Die zwei Orchester – etwas grösser als die Chöre, wohl 17-18 Personen je – sassen davor, Continuo war mit Fagott besetzt und relativ üppig, die Gambe (nur im zweiten Teil) übernahm den freien Stuhl Jesu‘ (ha! dabei gehört der doch Petrus und hätte mal in Liechtenstein sein sollen, bevor er dann zur Geldwaschmaschine der Mafia wurde), während dieser rechts am Rand neben der Orgel sass, um seine wenigen Einsätze des zeiten Teiles zu sinden. Judas, Petrus und Pilatus blieben meist hinten stehen, die Soli der Chorsängerinnen und -sänger waren von unterschiedlicher Güt: es gab einen ziemlich tollen Counter (Reginald Mobley), aber mit Eleanor Minney leider keine so beeindruckende Altistin, die Sopransoli waren auf vier Sängerinnen aufgeteilt (im Programm wird nur Hannah Morrison als Solistin angegeben), unter den weiteren Männern gab es einen, der herausstach, ich vermute es war Nicholas Mogg – kam mit einer Nonchalance nach vorne und sang seine Arie, als gäbe es nichts Leichteres in der Welt.

    Mark Padmore war durchwegs herausragend, Stephan Loges schien eine halbe Stunde zu brauchen, um richtig warm zu werden, was etwas schade war, da damit die Hälfte seines Einsatzes schon vorbei war, bevor er in die Gänge kam. Im ersten Teil begann alles etwas verhalten, der öffnende Choral kam im zu grossen – aber akustisch beeindruckenden – Saal höchstens als Mezzoforte daher, doch über den ganzen ersten Teil gab es einen Bogen, einen ganz allmählichen Aufbau, der am Ende sehr eindrücklich war – und dann wurde man zweifelnd in die Pause entlassen. Zweifelnd, weil Gardiner das Werk so deutete, und zweifelnd auch ein wenig wegen des Erlebten, was nun weniger mit der Qualität des Gebotenen als mit den Umständen zu tun hatte: alles etwas zu leise, die Huster, Raschler, Sitzknarrer daher umso lauter, der Saal schlicht zu gross für das kleine Ensemble – der Fluch der Alte-Musik-Ensembles.

    Der zweite Teil begann dann aber auf einem ähnlichen Level, wie der erste geendet hatte – und so ging es intensiv weiter. Insgesamt eine wie mir schien viel härtere, kargere Version als die für Archiv Produktion Ende der Achtziger eingespielte (wohl meine liebste, aber ich kenne noch nicht viele). Das faszinierende für mich war, dass die Musik zugleich düster und kalt war, wie sie auch zuversichtlich war und voller Liebe, ergo auch: Wärme. Das war ein grosses Leidenstheater, aus dem man wohl zweifelnd und durchgerüttelt herausgeht – aber ganz und gar nicht ohne Zuversicht. Der theatralische Aspekt wurde noch betont durch die Bewegung der Figuren – alle in Schwarz (keine Krawatten natürlich, die Kleidungsregel hatte das Publikum aber nicht mitgekriegt), auf der kargen Bühne, die wie der ganze Saal in hellem (und weiss gestrichenem) Holz gehalten ist.

    Jedenfalls ist da eine Neueinspielung angesagt. Hoffe, die wird es auch geben, Gardiner scheint ja auf seinem SDG-Label einiges wieder einzuspielen, das er zuvor für DG/Archiv schon einmal gemacht hatte (so auch die Johannes-Passion, von der ich allerdings nur die neuere, auch schon über ein Dutzend Jahre alte Einspielung kenne).

    Hier die Rezension der NZZ aus berufenerem Munde:
    http://www.nzz.ch/feuilleton/o-mensch-bewein-dein-suende-gross-1.18714980

    PS: Ein Nachtrag, denn es ärgerte eben doch zu sehr, um es zu ignorieren … ein solcher Konzertsaal in Luzern funktioniert natürlich nur, wenn das Publikum aus Zürich herbeikarrt. Dass ein Abend mit der Matthäus-Passion lange dauert, erst recht wenn man die übliche mit überteuerten Häppchen und Merchandising gefüllte Pause veranstaltet, kann man sich denken, dass 19:30 ein zu später Beginn ist, wenn kurz nach 23 Uhr der letzte vernünftige Zug fährt, eigentlich auch. So war ich mir zunächst gar nicht sicher, ob das eine „standing ovation“ war oder nur zahllose Leute, die sofort den Saal verliessen, auch wir gingen nach ein paar Minuten Applaus, der denn auch – wie in der NZZ ja erwähnt – etwas lauwarm ausfiel, weil der Saal halt schon halb leer war. Das ist sehr schade, und gerade bei einem, ähm Premium-Anlass mit doppelten Premium-Preisen, eigentlich total daneben. Andererseits muss das Publikum ja nach der Arbeit auch erstmal da hinfahren – aber wenn man bis über 150€ für eine Karte hinblättert, kann man an dem Tag auch mal um 16 Uhr Feierabend machen und ein Konzertbeginn um 19:00 wäre überhaupt gar kein Problem und das Ende damit völlig entspannt. Ich fand es jedenfalls sehr schade, auch aus Sicht der Musiker, die es verdient hätten, wäre man da noch ne Viertelstunde klatschend gestanden!

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    soulpope
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    Gestern Abend Tag 2 der „Festliche Tage Alter Musik“ (dies ein sinniger Titel für die präsentierten „Neutöner“, deren Werke oft bereits vor 100 Jahren entstanden ist)

    Das Programm und die Interpreten (im Schubert-Saal der Konzerthauses Wien)

    Klangforum Wien
    Anna Maria Pammer Sopran
    Joonas Ahonen Klavier

    Lothar Knessl Moderation

    Pavel Haas
    Bläserquintett op. 10 (1929)

    Leo Ornstein
    No Man’s Land op. 41/1 (Poems of 1917) (1917)
    The Sower of Despair op. 41/2 (Poems of 1917) (1917)
    The Orient in Flanders op. 41/3 (Poems of 1917) (1917)
    The Wrath of the Despoiled op. 41/4 (Poems of 1917) (1917)
    Night Brooding over the Battlefield op. 41/5 (Poems of 1917) (1917)

    Józef Koffler
    Die Liebe op. 14 (1931)

    ***

    Gideon Klein
    Partita. Streichtrio (1944)

    Alexandre Tansman
    Septett (1932)

    Ein wirklich äusserst interessanter Konzertabend, welcher durch die Moderation der einzelnen Stücke durch den Grandseigneur der Neue Musik, Lothar Knessl (seine Radiosendungen „Studio Neuer Musik“ und „Zeit -Ton“ waren für mich zu dieser Musikrichtung frühe Schule und Inspiration ….) zusätzlich Wert bezog.

    Für sich genommen war jeder Programmpunkt hörenswert – famos geriet das Bläserquintett von Pavel Haas (in Vermengung der Abgrenzung zu seinem Lehrer Leos Janacek und der tiefen Verbundenheit zur mährische Voklsmusik), berührend verwirrend die Poems für Solo Piano von Leon Ornstein (12Ton Sequenzen mit partiell zersägenden Clustereinschnitten, diese stupend dargelegt von Joonas Ahonen – wohl ein „Star In The Making“), berückend schön die fragile Liebeskantate von Józef Koffler mit in den Gesang verwuchernder Begleitung (oder begleitet da die Stimme ?) durch Klarinette + Bratsche + Cello, faszinierend das in seiner Lebensgier fast wundersam wirkende wirkende Streichtrio von Gideon Klein (welches im KZ Theresienstadt entstand) und trefflich das in Septettform gefasste Stravinskyamalgam von Alexandre Tansman ….

    Wie bereits am Vorabend entstanden in meinem Kopf einige Querverästelungen zu Kompositionen und Arrangements im Jazz (zB am Vorabend eine Sequenz von Alban Berg, welche ich 1:1 in einer Komposition von Lester Bowie`s Brass Fantasy wiederfinde) …. ich meine da wurde schon öfter mal ordentlich „hingehört“ ….

    Zitat des Abends (courtesy Leo Ornstein)

    Wenn ich mich quer über die Tastatur des Klaviers lege …. was soll ich danach noch spielen ….„?

    --

      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
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    gypsy-tail-wind
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    Klingt interessant!

    Und ich war so frei, den Bericht zu verschieben, finde es schade, wenn solche Posts im Bilderreigen untergehen – solle ich noch weitere von Dir verschieben, lass es mich wissen!

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    soulpope
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    gypsy tail windKlingt interessant!

    Und ich war so frei, den Bericht zu verschieben, finde es schade, wenn solche Posts im Bilderreigen untergehen – solle ich noch weitere von Dir verschieben, lass es mich wissen!

    Dank fürs Verschieben …. ja das Erlebte wirkt noch immer nach …. und es gibt ja noch in 10 Tagen die Teile 3+4+5 ….

    --

      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
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    17.4. abends, im kleinen Saal der Tonhalle Zürich:

    Kammermusik-Soiree

    Isabelle Faust – Violine
    Jean-Guihen Queyras – Violoncello
    Alexander Melnikov – Klavier

    Robert Schumann
    Klaviertrio Nr. 1 d-Moll op. 63

    Salvatore Sciarrino
    Trio Nr. 2 (1987)

    Franz Schubert
    Klaviertrio Nr. 1 B-Dur op. 99 D 898

    Zugabe:

    Robert Schumann
    Klaviertrio Nr. 2 F-Dur op. 80 – III. In mässiger Bewegung

    Sehr schöner Abend, ganz wie erhofft – und dass es nach der Pause Schubert statt des angekündigten ersten Klaviertrios von César Franck gab war am Ende wohl eher zu begrüssen (obgleich ich schon an Francks Trio interessiert gewesen wäre, zumal ich die vier frühen Klaviertrios nicht kenne). Wie die drei gemeinsam muszierten war wunderbar anzuschauen und anzuhören – sie tun das ja nicht als zusammengewürflete „All Stars“ sondern mit Plan, Absicht und Beharrlichkeit seit Jahren. Es herrschte sichtlich gelassene Stimmung auf der Bühne, Queyras machte zu Beginn eine Ansage zur Programmänderung (anscheinend lagen Zettel auf, aber bis ich aufkreuzte waren die weg), als sie in der ersten Hälfte zu Sciarrino wiederkehrten, hatte Faust irgenwelche Probleme mit der unförmigen überformatigen Partitur – Melnikov grinste im Hintergrund und hielt sein Tablet in die Höhe … das Stück von Sciarrino kam beim Rentnerpublikum (in 10 Jahren werden noch 20 Leute da sein, um an solche Konzerte zu gehen … aber gut, bei Orchesterkonzerten oder Klavier-Rezitalen sieht es besser aus, Kammermusik scheint was für alte bis scheintote Leute zu sein, leider) nicht gut an, es gab Getuschel, etwas Gehuste, Rumgerutsche auf den Sitzen – aber ich fand es klasse, auch mal was Zeitgenössisches (na ja, 1987, immerhin) im Konzert zu hören. Grossteils bestand es aus Obertönen der Geige und des Cellos, die allerlei Reminiszenzen an Alltagsgeräusche und Vogelgezwitscher weckten und immer wieder ganz bezaubernd zusammenfanden und -klangen.

    Das romantische, intensive Schumann-Trio und danach das irgendwie heiter-abgeklärte D 898 von Schubert mit seinen üppigen Beethoven-Anklängen ergaben einen tollen Kontrast. Schumann brütend, dicht, manchmal ziemlich dissonant und komplex, Schubert daneben für einmal ziemlich heiter (klar, ich mag D 929 auch etwas lieber, aber am Ende ist es doch fast schon beruhigend, auch vom späten Schubert noch ein Werk zu haben, das nicht so düster und brütend ist, nicht?) und klar, noch nahezu klassisch, oft sehr tänzerisch und leicht – und raffiniert in der Aufteilung der Stimmen: Während Schumann eher alles zugleich aufschichtet, treten vor allem Geige und Cello bei Schubert immer wieder – manchmal abrupt und überraschend – in den Dialog.

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    Dienstag 19.04.16
    07:30 pm , Grosser Saal, Tonhalle Zürich

    Fazil Say Klavier

    MOZART
    Klaviersonate Nr. 12 F-Dur KV 332
    Klaviersonate Nr. 18 D-Dur KV 576

    CHOPIN
    Nocturne b-Moll op. 9 Nr. 1
    Nocturne Es-Dur op. 9 Nr. 2
    Nocturne H-Dur op. 9 Nr. 3
    Nocturne Nr. 20 cis-Moll op. posthum
    Nocturne fis-Moll op. 48 Nr. 2
    Nocturne g-Moll op. 37 Nr. 1
    Nocturne H-Dur op. 32 Nr. 1

    Nur ein paar lose Gedanken: KV 332 begann zunächst ziemlich trocken – so auch Says Auftreten am ganzen Abend: zügig zum Flügel, kurzer Knicks, hinsetzen und losspielen noch bevor der letzte Applaus ganz verhallt ist. Doch bald begann die Musik lebendig zu werden, Say spielte mit dem Tempo, mit der Dynamik – und das steuerte unweigerlich auf den Moment zu, wo man sich fragt: ist das jetzt Mozart oder Say? Nicht dass mir an der Klärung dieser Frage viel gelegen wäre, aber der Zugriff schien mir sehr persönlich und letzten Endes wohl nicht immer gänzlich nachvollziehbar. Ähnlich ging es weiter mit KV 576, diesmal ohne trockenen Beginn sondern gleich in medias res.

    Nach der Pause dann Chopin, und da gelangen Say, so fand ich, immer wieder bezaubernde, ja berückende Momente. Ob er dem Programm genau folgte, vermag ich nicht zu sagen, ich kenne die Nocturnes nicht einzeln, auch wenn sie mir als Werkkorpus ziemlich vertraut sind. Das war alles ziemlich kompakt (zweimal 35 Minuten, der zweite Block ev. etwas länger?) und man wunderte sich mal wieder über die Notwendigkeit der Pause (die hat wohl rein ökonomische und ev. geriatrische Gründe). Anyway, es folgte ein dritter, kürzerer Block mit Zugaben, Eigenkompositionen von Say wohl, von denen wenigstens die mittlere mit ihren simplen süffigen Changes (die vage an die Melodie von „M.A.S.H.“, aka „Suicide Is Painless“ erinnern) mir vertraut vorkam, wohl einst am Radio gehört bei einem anderen Say-Konzert. Das Publikum war sehr gemischt, es schienen auch ziemlich viele türkischstämmige Leute anwesend zu sein, nach der ersten Zugabe erhoben sich manche, nach der zweiten etwas mehr, bei der dritten Griff Say dann ins innere des Flügels (hübsch, aber pardon, aus dem Jazz kennt man da so viel mehr und Interessanteres) – und damit hatte er dann seine Standing Ovation … eine letzte Verbeugung und exit.

    Fällt mir schwer ein Fazit zu ziehen, ich war auch zu müde an dem Abend, um an ein Konzert zu gehen, hatte aber eine ordentlich teure Karte (auf dem Podium in der linken Ecke, konnte halbwegs auf die Hände sehen, der Klang war erstaunlich gut und die Nähe zum Geschehen ist schon etwas, was ich schätze) und wollte auch hingehen … aber insgesamt war das etwas zwiespältig, Chopin das Highlight, die Zugaben für mich dann eher etwas überflüssig, aber es sei ihm unbenommen, seine eigenen Sachen zu spielen, an sich finde ich das ja durchaus unterstützenswert, bloss waren die drei Stücke nicht wirklich mein Fall.

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    soulpope
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    Ad Fazil Say (und „Andere“) : es gibt – oder auch nicht – auch die „Kunst der Zugabe“ ….

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      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
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    gypsy-tail-wind
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    Ja, klar. Mir schien, dass das Publikum auch grösstenteils empfand, dass die bei Say zu besichtigen war, aber eben, ich fand die Standing Ovation fürs in den Flügel greifen schon etwas niedlich ;-)

    Vom Jazz her bin ich Zugaben gegenüber meist skeptisch – Spannung raus, Konzentration verflogen … lasse mich aber immer gern eines besseren belehren und manchmal klappt das ja auch gut. In der Klassik halte ich Zugaben eher für überflüssig, aber gerade ein Klavierrezital mit einer gewissen Bandbreite, was weiss ich, wenn nach Mozart und Chopin noch was gefolgt wäre oder so, bieten ja schon die Möglichkeit, den Faden spontan etwas weiterzuspinnen (vgl. Sokolov).

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    soulpope
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    gypsy tail windJa, klar. Mir schien, dass das Publikum auch grösstenteils empfand, dass die bei Say zu besichtigen war, aber eben, ich fand die Standing Ovation fürs in den Flügel greifen schon etwas niedlich ;-)

    Vom Jazz her bin ich Zugaben gegenüber meist skeptisch – Spannung raus, Konzentration verflogen … lasse mich aber immer gern eines besseren belehren und manchmal klappt das ja auch gut. In der Klassik halte ich Zugaben eher für überflüssig, aber gerade ein Klavierrezital mit einer gewissen Bandbreite, was weiss ich, wenn nach Mozart und Chopin noch was gefolgt wäre oder so, bieten ja schon die Möglichkeit, den Faden spontan etwas weiterzuspinnen (vgl. Sokolow).

    Ich bin bei Fazil Say ja ein denkbar schlechter Ansprechpartner, weil er mit seinen „Kompositionen“ den eigenen pianistischen Bonus bei vielen Zuhörer schlichtweg überstrapaziert (und dann ist dieser plötzlich auch ziemlich relativiert – so finde ich) …. ich hörte vor ca 1nem Jahr ein von ihm verfasstes „Klavierkonzert“ bei welchem ich nur mit ziemlich Mühe umhinkam, das Wiener Konzerthaus zu verlassen …. ohne Worte

    Aber zurück zu den Zugaben …. viele der Künstler haben einen Plan mit den „Goodies“ …. der von Fazil Say ist es halt, seinen eigenen Schmus unters Volk zu bringen (alas ….) – korrekterweise nennst Du als tolles Beispielt Sokolov, be welchem die Zugaben zumesit quantitativ eine „dritte Halbzeit“ ausmachen (ich „bekam“ mal als Bonus eine Stunde Scriabin ….) und über deren Güte man ja eh Nichts sagen muss …. seltener bei Orchesterkonzerten , aber es gelingt manchmal auch dort – Deine Freunde vom Tonhalle Orchester Zürich unter Bringuier spielten letzte Woche in Wien nach Dvorak 8 noch 3 (!!) Zugaben mit Dvoraks „Slawischen Tänzen“ und das Publikum war SEHR angetan …

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    gypsy-tail-wind
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    soulpope.. Deine Freunde vom Tonhalle Orchester Zürich unter Bringuier spielten letzte Woche in Wien nach Dvorak 8 noch 3 (!!) Zugaben mit Dvoraks „Slawischen Tänzen“ und das Publikum war SEHR angetan …

    Hab Sokolov mal wieder falsch geschrieben oben … und die Freunde habe ich noch nicht oft gehört, noch nie unter Bringuier. Die neue Box mit Ravel kam mir aber neulich zugeflogen, bin gespannt, zumal ich da nach Dutoit und Boulez nichts Jüngeres habe.

    Und klar, es gibt Möglichkeiten, sinnvolle bzw. passende Zugaben zu spielen, aber nach einer Beethoven-Symphonie, was spielt man da? Noch eine Beethoven-Symphonie? Und bei Solisten ist es ja oft eine sinnfreie Teilrepetition des letzten Satzes, oder ein Tänzchen aus den Bach’schen Sonaten für Solovioline oder sowas, das dann rasch eingestreut wird und den Fluss des Konzertes unterbricht …

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    gypsy-tail-wind
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    gypsy tail wind17.4. – Tonhalle Zürich: Kammermusik-Soiree

    Isabelle Faust – Violine
    Jean-Guihen Queyras – Violoncello
    Alexander Melnikov – Klavier

    gypsy tail windDienstag 19.04.16 – Tonhalle Zürich – Fazil Say Klavier

    Zu beiden Konzerten brachte die NZZ kurze Rezensionen, leider steht nur die zum ersten online:
    http://www.nzz.ch/feuilleton/musik/isabelle-faust-in-der-tonhalle-wunder-der-schattierungen-ld.14839

    Das Fazit bei Say war ähnlich wie meines: Mozart sehr improvisatorisch, stellenweise wohl zu dramatisch aufgebauscht, besser in den langsamen Sätzen … Chopin das grosse Highlight, die Zugaben wurden gleich mit Schweigen bedacht.

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    soulpope
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    gypsy tail windZu beiden Konzerten brachte die NZZ kurze Rezensionen, leider steht nur die zum ersten online:
    http://www.nzz.ch/feuilleton/musik/isabelle-faust-in-der-tonhalle-wunder-der-schattierungen-ld.14839

    Das Fazit bei Say war ähnlich wie meines: Mozart sehr improvisatorisch, stellenweise wohl zu dramatisch aufgebauscht, besser in den langsamen Sätzen … Chopin das grosse Highlight, die Zugaben wurden gleich mit Schweigen bedacht.

    wie gesagt, IMO ist Schweigen zu seinen „Kompostionen“ das Respektvollste gegenüber dem Pianisten Fazil Say ….

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