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„The Gigolo“ schon! „Dippin'“ etwas weniger – aber für sich genommen sind auch das schöne Alben.
Wegen Coltrane… 1958/59 war er ja v.a. mit Miles unterwegs. Ich erklär mir das irgendwie so, dass die Struktur (ich hab das schon ein paar Mal ausgeführt) das war, was er vollenden musste, um danach wieder in die Freiheit auszubrechen. In diesem Sinne eben „Giant Steps“ als Höhepunkt. Dass die Alben danach (die für mich vom Gestus her viel „freier“ klingen) nicht lose und unstrukturiert sind wie die Prestige-Alben lag bestimmt an den „production values“ der Erteguns. Bei Impulse war das ja wie oben zurecht schon erwähnt wurde teilweise recht ähnlich mit Thiele und seinen Konzepten.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaHighlights von Rolling-Stone.deDiese 24 Songs retten jedes Weihnachten
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WerbungMal eben nachgesehen:
Mabern war ja nicht unbedingt auf den besten BN-Veröffentlichungen zu finden, auch wenn diese durchaus ganz spannende Momente hatten. Hubbard’s „Night of the cookers“, oder auch Mitchell’s „Bring it home to me“. Dafür aber auf der wunderbaren Session zu „Warming up“ von Dave Burns sowie den beiden Jazzland-Releases von Frank Strozier. Die muss ich mir allesamt dahingehend nochmal anhören!
Cedar Walton war dagegen auf den – unterm Strich – spannenderen Jazz Messengers-Aufnahmen beteiligt sowie auf Henderson’s „Mode for Joe“. Das hat bei mir unterbewusst schon geklingelt! Außerdem liegt hier eine Verbindung zu Mabern, da Walton von diesem den Klavierpart bei Blue Mitchell übernommen hat („Boss Horn“).--
"There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur IIIauf dem ersten Strozier-Jazzland-Album ist Chris Anderson statt Mabern (was toller ist), ganz nette ALben mit Mabern und Strozier sind die MJT+3 Alben (bis auf das erste? das mit Muhal Richard Abrams)…
heutzutage ist Mabern ja letztlich der gefragteste Hard Bop Pianist (mit Eric Alexander etwa…), aber das war ein weiter Weg, in den 60ern gab es nun wirklich viele, die toller waren (wobei ich bei Barry Harris, wurd ja auch oben erwähnt, die Sideman Sachen deutlich toller finde als die eigenen Alben, kenn allerdings längst nicht alle…); den oben diskutierten Mabern Twofer mag ich allerdings sehr gerne, George Coleman ist immer schön zu hören, und die Musik kommt wunderbar unprätentiös daher, kein bißchen spirituell, nicht der sanfte Hochkultur-Anspruch von Blue Note, einfach abgehangene (:-)) Hard-Bop-basierte Musik, die keinen überfordern will (eben das, was Prestige konnte, den großartigsten Soul Jazz, bei Blue Note ist mir dergleichen oft ein bißchen zu sauber, Blue Notes Stärke lag in diesen Jahren klar bei den sanften Experimenten von Jackie McLean oder Andrew Hill…)… die Version von Heard It Through The Grapevine ist allerdings auch mir etwas zu viel des guten…
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.Der Fehler lag bei allmusic. Ich habe nur kurz nach Mabern dort gekuckt und die haben Long Night/March… als Doppel geführt. Du hast aber natürlich Recht mit Anderson (den ich sonst wohl gar nicht kenne).
Barry Harris ist vor allem ein Sideman für mich, was aber auch daran liegt, dass mir seine Leaderalben zu wenig präsent sind. „Listen to..“ ist bspw. eine schönes Klaviersoloalbum, aber auf Dauer doch etwas zu…linear?!
„Newer than new“ ist ein feines Album. Bop-Enthusiasmus, treibende Musik und ein guter Beitrag von Lonnie Hillyer. Nicht recht viel mehr, aber schön. Dann habe ich noch die Jazz Workshop Session, die ein wunderbar agiles Trio zeigt. Trotzdem steht und fällt Harris wohl mit den Mitmusikern, die ihn antreiben. So wie Lateef, Pike, Harold Land oder Sal Nistico und viele mehr…--
"There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur IIIich find Harris alleine driftet leicht in so eine Bebop-Seligkeit ab… und über McPherson hab ich schon neulich geklagt… (ich hatte mal 10 Minuten Unterricht bei McPhersons Sohn, übrigens, mag der eindrücklichste Lehrer gewesen sein, bei dem ich nur so kurz gelernt hab…); Hillyer ist natürlich gut zu hören…
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.Naja, Seligkeit ist so negativ konnotiert. Man könnte eher sagen, dass er diesen Stil eben stets hochhalten wollte, was ich sympathischer finde.
McPherson hat für mich keine Persönlichkeit, zu der ich etwas beitragen könnte. Aber er passt natürlich gut zu Harris.
Alex Henderson hat ganz passend geschrieben: „…Harris was always a follower rather than a leader. But again, he’s great at what he does…“
Das finde ich schon sehr passend. Und auf unterschiedlichen Alben gibt es Linien von ihm, die mich sehr berühren…Übrigens stammt der Text zu einer Rezension von „Bull’s eye“, die ich nicht kenne, die aber neben Kenny Dorham auch McPherson in der Frontline aufweist, der diesmal allerdings Tenor spielt. Klingt interessant.
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"There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur IIIach so, Strozier guckt man natürlich hier nach, Elmo Hope, Tiny Kahn, Lucky Thompson, Carl Perkins und ein paar andere auch..
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.katharsisNaja, Seligkeit ist so negativ konnotiert. Man könnte eher sagen, dass er diesen Stil eben stets hochhalten wollte, was ich sympathischer finde.
das war auch negativ gemeint, der Bebop von Charlie Parker und Bud Powell war nicht selig, und wenn man ihn mit Seligkeit auffüllt dann geht etwas (die Zerrissenheit?) verloren… gibt trotzdem tolle Sideman Alben von Harris, Kerry Dancers von Johnny Griffin und Eastern Sounds von Yusef Lateef etwa… mein Urteil über Harris Solo Alben basiert zu einem guten Teil auf der Bull’s Eye die natürlich durch Dorhams Präsens enorm gewinnt, der sie aber nicht mehr so ganz rausreissen konnte…
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.Das sehe ich anders. Bebop ist ja nicht per se Zerrissenheit. Das ist ja auch nur Interpretationssache dessen, der ihn spielt, oder hängt mit dessen Persönlichkeit zusammen.
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"There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur IIIna gut, Bebop ist nicht per se Zerissenheit, aber bei Harris hab ich das Gefühl, er nimmt aus dem großen Bebop der Altvorderen die Zerissenheit heraus, ohne das entstandene Vakuum adäquat aufzufüllen…
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.Musste mal eben kurz kochen, essen und dämliches Zeug am TV schauen…
katharsisDer Fehler lag bei allmusic. Ich habe nur kurz nach Mabern dort gekuckt und die haben Long Night/March… als Doppel geführt. Du hast aber natürlich Recht mit Anderson (den ich sonst wohl gar nicht kenne).
Das ist interessant mit Mabern und Anderson – in Jeffrey Roberts Liner Notes zu „A Few Miles…“ findet sich dazu das folgende:
„In Chicago I used to practice eight to ten hours a day,“ he says, „and then got together with other musicians and exchange ideas.“
While in Chicago, Mabern met many musicians who were to play important roles in his life as a musician.
„So many people helped quite a bit. Chris Anderson, the blind pianist, got me away from Phineas. He changed my whole harmonic concept. I started thinking in different ways harmonically.“ Harold also encountered pianist Billy Wallace and tenors Johnny Neely and Johnny Griffin, whom he acknowledged as mentors.katharsisBarry Harris ist vor allem ein Sideman für mich, was aber auch daran liegt, dass mir seine Leaderalben zu wenig präsent sind. „Listen to..“ ist bspw. eine schönes Klaviersoloalbum, aber auf Dauer doch etwas zu…linear?!
„Newer than new“ ist ein feines Album. Bop-Enthusiasmus, treibende Musik und ein guter Beitrag von Lonnie Hillyer. Nicht recht viel mehr, aber schön. Dann habe ich noch die Jazz Workshop Session, die ein wunderbar agiles Trio zeigt. Trotzdem steht und fällt Harris wohl mit den Mitmusikern, die ihn antreiben. So wie Lateef, Pike, Harold Land oder Sal Nistico und viele mehr…Die beiden – also das Debut-Album aus dem Jazz Workshop und „Newer Than New“ – find ich insgesamt von den Harris-Alben jener Jahre (sind ja teils auf Riverside, nicht?) die am wenigsten bemerkenswerten. Sehr schön ist das Trio mit Benjamin/Jones und auch das – für einen so lupenreinen Bebopper ziemlich ungewöhnliche – Solo-Album. Dann find ich die beiden Sextett-Alben und das späte Trio-Album auch noch einiges spannender als die beiden. Weiterhören, katharsis!
redbeansandricena gut, Bebop ist nicht per se Zerissenheit, aber bei Harris hab ich das Gefühl, er nimmt aus dem großen Bebop der Altvorderen die Zerissenheit heraus, ohne das entstandene Vakuum adäquat aufzufüllen…
Da pflichte ich Dir bei! Das höre ich auch in etwa so.
Zudem find ich die Diskussion von Harris im Zusammenhang mit Hardbop irgendwie deplacirt. Harris ist für mich Bebop in Reinkultur – die „gelehrte“ Form von Bop (er war ja auch Mentor für zahllose Musiker!), nicht unbedingt die gelebte – ich will ihm da keineswegs Unrecht antun, ich weiss nichts über sein Leben, aber so klingt nun mal seine Musik für mich.
Bin jetzt wieder bei Mabern, mal sehen ob ich zum „Wailin'“-Twofer auch noch was schreiben mag.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbagypsy tail wind
Bin jetzt wieder bei Mabern, mal sehen ob ich zum „Wailin'“-Twofer auch noch was schreiben mag.sehr gerne, den hab ich ausgelassen… John Neely ist so jemand, über den ich fast nichts weiß, hat auch mehr oder weniger nicht (?) aufgenommen, aber wird von Musikern immer mal wieder gelobt… von ihm ist das erste Stück auf „Blowin‘ in from Chicago“ komponiert… weils so gut passt, eine schönes Photo von der Red Saunders Foundation Seite:
A Sunday jam session at the Randolph Rendezvous, 1957. From left, Tommy „Madman“ Jones, tenor saxophone; Harold Mabern, piano; Billy Howell, trumpet; Walter Perkins, drums; John Neely, tenor sax; Maurice McIntyre, tenor sax; James Wright, bass; Jelly Holt, impresario. From the collection of the late Charles Walton
hier steht ein bißchen mehr über Neely, und hier kann man ihn auf den beiden letzten Stücken hören (vor allem dem letzten, sehr schön; ist überhaupt eine spannende compilation, die Paul Bascomb Tracks haben Norman Simmons/Malachi Favors/Vernel Fournier in der Rhythmusgruppe und gleiten sehr raffiniert am Loungeeinheitsbrei (der durchaus naheliegt) vorbei… die Red Saunders Tracks hat Sun Ra arrangiert…)
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.Dieser Fantasy CD Twofer von 1994, enthält „Workin‘ & Wailin'“ und „Greasy Kid Stuff!“. Vom ersten Album fehlt leider das Stück „Too Busy Thinking About My Baby“ (es heisst im Booklet, es würde in einem späteren Reissue nachgeliefert, aber soweit ich weiss geschah das nicht, der „Memphis“-Twofer dauert 75 Minuten, falls es dort Platz gehabt hätte: sehr schade… eine CD oder Doppel-CD mit diesen fehlenden Twofer-Tracks hätte ich jedenfalls sehr, sehr gerne!)
Workin‘ & Wailin‘ (Prestige 7687) wurde im Juni 1969 aufgenommen, ein halbes Jahr nach „Rakin‘ and Scrapin'“. George Coleman ist auch hier wieder zu hören, die Band besteht zudem aus Virgil Jones (t), Buster Williams (b) und Idris Muhammad (d). Die Rhythmusgruppe macht mir schon beim schnellen ersten Stück „Strozier’s Mode“ sehr viel mehr Spass. Muhammad – das geht zu oft vergessen! – ist ein hervorragender Drummer auch jenseits von Orgel- und Funk-Jazz. Er spielt dich aber doch ziemlich leicht. Williams hat mehr „boom“ als Cranshaw. Und Virgil Jones hat einen leicht säuerlichen Ton – auch bei ihm macht es Spass, ihn mal jenseits von Orgel-Jazz-Settings zu hören (er taucht auch auf dem 1966er Frank Foster Album „Soul Outing!“ PR 7479 sowie auf dem Album „Black Saint“ von Billy Harper, das dem italienischen Label den Namen gab und dessen erste Veröffentlichung war). Nach einem grossartigen Coleman-Solo, einem bittersüssen von Jones und einem groovenden von Mabern kriegt Muhammad auch schon sein erstes. Sehr schön!
Das zweite Stück ist wieder einem für Mabern wichtigen Musiker gewidmet: „Blues for Phineas“. Mabern spielt den Blues am elektrischen Piano, die Bläser sind auf das Thema und Begleitmotive reduziert. Sehr schön, was Mabern aus dem Fender Rhodes (?) herausholt – die ganze Erdigkeit und der Soul, die sein Spiel auszeichnen, bringt er auch auf dem elektrischen Instrument.
Dazu zitiert Jefffrey Roberts Mabern in den Liner Notes von „A Few Miles from Memphis“ wie folgt:„One person who completely captivated me was Phineas Newborn,“ he recalls. „I tried to play like him. He’s been my biggest influence. It would still make me most happy if I could get over the piano the way he does. He’s truly a giant when it comes to the piano.
Das dritte Stück, „I Can’t Understand What I See in You“, klingt fast wie eine Instrumental-Version eines Pop-Hits – ist aber auch wieder von Mabern. Die Melodie hat etwas repetitives, liedhaftes, das Thema lebt stark von Muhammads gradem Beat, Coleman spielt ein sehr kontrolliertes Solo hier, an einigen Stellen klingt sein Tenor fast wie ein Alt (er hat ja auch Alt gespielt). Jones mal so richtig zu hören ist eine grosse Freude. Sein Ton ist etwas dünner, blechiger, und eben dieses leicht bittere gefällt mir sehr gut. Maberns eigenes Solo ist sehr repetitiv, lebt von kleinen rhythmischen Verschiebungen und eingestreuten Läufen, sowie von Williams toller Bass-Begleitung. Hier kommt der ganze soulige Groove von Walton wieder zum Vorschein.
Es folgt „Waltzing Westward“, wie der Titel sagt ein Walzer – ein äusserst charmantes Stück, in dem Mabern das erste Solo übernimmt. Williams fällt wieder auf – sehr schön, was er da macht, nichts allzu unkonventionelles, aber doch sehr agil und zugleich mit einem sehr fetten Ton. Die Soli von Coleman und Jones passen gut zum Stück, dann kriegt Williams sein Solo – sehr schön, wie er bei seinem fetten Spiel bleibt und der Versuchung zu glänzen nicht erliegt und eben gerade darum glänzt.
Das fünfte und letzte Stück, „A Time for Love“, ist das einzige, das Mabern nicht selbst komponiert hat – es stammt von Johnny Mandel. Wieder ist Williams im Thema besonders toll, die Linien von Maberns rechter Hand, Jones, Coleman und Williams‘ Bass ergeben ein faszinierendes Geflecht, das aber nie überladen wirkt, sondern die balladeske Stimmung sehr schön zur Geltung bringen.
Das vierte Prestige-Album von Mabern, Greasy Kid Stuff!, wurde im Januar 1970 aufgenommen. Coleman ist nicht mehr dabei, an seine Stelle tritt Hubert Laws (ts,fl). Lee Morgan spielt Trompete, Williams und Muhammad sind wieder dabei, und auf einem Stück stösst Boogaloo Joe Jones an der Gitarre dazu.
Morgans Anwesenheit scheint die Musik nicht unbeeinflusst zu lassen: schon das eröffnende Titelstück „Greasy Kid Stuff“ (mit einem kleinen Aussetzer Morgans gegen Ende des Themas) scheint wie ein Versuch, „The Sidewinder“ zu kopieren. Der 16-taktige Boogaloo-Blues ist zwar sehr viel weniger charmant, aber mit Mabern/Williams sehr viel erdiger als Harris/Cranshaw das je hingekriegt hätten. Williams ist sehr laut im Mix, was mich allerdings gar nicht stört. Laws spielt das erste Solo, lässt sich vom populistischen Setting anfänglich gar nicht beeinflussen, gerät dann aber zwischenzeitlich in einen Strudel aus Trillern, aus dem heraus er mit durchaus funky Phrasen findet. Muhammads Groove ist fett, das perfekte Fundament für diese Art von Souljazz. Bei Morgans Solo wird schnell klar, weshalb er eben doch eine Nummer grösser war als fast alle ungefähr gleichaltrigen Trompeter. Mit unglaublichem Timing spielt er simple Linien, kleine Schlenker, stottert mit Muhammads Snare um die Wette… die grosse Kunst, die als völlig entschlackte Einfachkeit daherkommt (oder doch nur als schlichte Einfältigkeit? Der Grat ist zugegebenermassen dünn). Mabern greift in die Tasten, erinnert mal wieder an Newborn aber auch durchaus an Herbie Hancock im Funk-Modus.
Es folgt das nachdenkliche „I Haven’t Got Anything Better to Do“ (Vance/Pockriss), das Mabern laut Joe Segals Liner Notes von Carmen McRae gehört hat, in einem Arrangement von Benny Carter. Mabern ist der Solist, Laws spielt Flöte. Und Williams überzeugt erneut sehr.
„XKE“ ist Malcolm X, Martin Luther King und Medgar Evers gewidment und beginnt mit einem kurzen Intro von Muhammad, das Thema ist sehr gesanglich, Mabern trägt das nahtlos in sein Solo weiter. Morgan ist lyrisch, flächig, mit einer unglaublichen Nonchalance – aber er kann sich das halt eben erlauben. Laws‘ Tenor klingt gar nicht so anders als Coleman auf den vorangehenden Alben, bloss ein rechtes Stück weniger virtuos.
Mit „Alex the Great“ startet die zweite Hälfte des Albums, über einen Bossa-Beat spielen Morgan und Laws (am Tenor) das Thema, Mabern übernimmt das erste Solo, wieder sehr schön von Williams unterstützt, während Laws für die Riffs zur Flöte greift und Muhammad einen leichten Teppich legt. Laws spielt ein schönes Flötensolo, Morgan nimmt’s wieder enorm gelassen, vor er mit Laws Tenor zum Outro findet – schönes Stück.
Dann folgt ein kleiner Schock: „I Want You Back“, das Stück von den Jackson Five… Williams klingt nach E-Bass, könnte aber auch nur am dreckig-übersteuerten Sound liegen… Mabern hämmert, Jones‘ Gitarre ist im Klangmus kaum auszumachen… doch, er legt einen einzigen Akkord (na ja, er wechselt wohl ein, zweimal innerhalb des Schemas) – nicht grad raffiniert… Die Basslinie trägt mal wieder das Stück, Muhammad trommelt einen Calypso-Beat und kriegt dann ein kurzes Solo… es folgt Morgan – und Jones ist plötzlich zu hören, weil Mabern aussetzt. Die Gitarre spielt aber immer nur die rhythmisierten Akkorde. Und hier, im schlankeren Teil des Stückes, klingt Williams ziemlich eindeutig nach E-Bass (den er ja auch im Mwandishi Sextett von Herbie Hancock gespielt hat). Laws bläst ein erdiges Tenorsolo voller „hooks“. Das macht für sich genommen schon Spass, aber auf diesem Twofer stört es eher… hätte man wohl besser weglassen sollen as das Stück vom ersten Album! (Da hätte dann wohl die Acid-Jazz-Gemeinde aufgeschrien, aber die wollten ja eh Vinyl.)
Zum Abschluss gibt’s dann noch „John Neely – Beautiful People“, ein letztes Mabern-Original. Die Welt ist sofort wieder in Ordnung… Mabern spielt ein zuerst blumig, dann leicht bitteres Intro, das Thema hat einen rollenden Groove, der Anfang der Phrasen klingt leicht nach „Equinox“ von Coltrane. Laws spielt hier Tenor im Thema und dann – nach Mabern – ein sehr, sehr schönes Flötensolo! Es folgt Morgan, dann Williams mit einem ausführlichen, aber völlig übersteuerten Solo, vor Mabern und Muhammad Fours spielen.
In Kürze: das dritte Prestige-Album von Mabern ist möglicherweise (auch in Abwesenheit des sechsten Stückes) sein schönstes, in sich geschlossenstes. Auf dem vierten und letzten finden sich einige sehr, sehr schöne Momente – Hubert Laws vermag am Tenorsax zu überzeugen, das Titelstück macht grossen Spass, und Lee Morgan ist für mich sowieso der beste Trompeter in diesem stilistischen Feld, insgesamt ist das Album aber wohl das unausgegorenste der vier (was ich ohne „I Want You Back“ allerdings nicht so krass behaupten würde). Hörenswert alleweil, aber ich würde wohl den Twofer mit den 1968er Alben zuerst empfehlen.
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Nach diesen vier Prestige Alben folgte erst 1980 wieder ein Mabern-Album, „Pisces Calling“, und nach ein paar weiteren Alben nahm Mabern erst in den 90ern wieder regelmässig als Leader auf. Ich kenne von ihm bisher abgesehen von den vier Prestiges nur Don’t Know Why (Venus, 2003 – mit Nat Reeves und Joe Farnsworth). Werde das wohl im Piano-Thread mal vorstellen später.
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PS (21.09.2019): inzwischen kam noch Straight Street (DIW, 1989) dazu, das lauwarme Bild von Mabern änderte sich aber nicht wesentlich.
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.Mit den betreffenden Ammons-Alben konnte ich mich bisher noch nie so richtig anfreunden… versuch ich aber bestimmt noch einmal. Bei Ammons ist’s halt so, dass es vorher so viel gutes gibt, dass die Alben mit E-Piano und E-Bass halt irgendwie einfach nicht so wahnsinnig notwendig sind, in der ganzen Masse… ich denke da jetzt in erster Linie an den CD-Twofer Fine and Mellow. Und das „Black Cat“-Album wär für mich wohl so eins, wo ein paar Stücke auf einem gut zusammengestellten Sampler auch gereicht hätten… (die beiden Stücke mit schlechten Streicher-Arrangements z.B. hätte ich sicher nicht gebraucht).
Bei Mabern und Walton liegt die Sache für mich anders, da sie ein ganzes Stück später auftauchen und irgendwie einfach in diesem stilistisch offeneren (ist es das überhaupt?) Umfeld musikalisch herangewachsen sind. Und grad bei Maberns fettem Memphis-Sound bietet sich das Fender Rhodes irgendwie sowieso an.
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