Startseite › Foren › Kulturgut › Für Cineasten: die Filme-Diskussion › Berlinale 2011 – 10. bis 20. Februar
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AutorBeiträge
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KlueseWeiss jemand wann weitere Filme für den Online-Verkauf freigegeben werden?
Für Online gilt dieselbe Regel wie für den Verkauf am Schalter: Karten gehen drei Tage vor der Aufführung um zehn Uhr morgens in den Kauf, Wettbewerbs-Wiederholungen vier Tage.
Wie geht ihr denn bei weiteren Kartenverkauf vor?
Eine Mischung aus verzweifeltem Neuladen, Klicken und Schreien zwischen 10:00 und 10:30 Uhr, hoffnungsvollem Anstehen an den Schaltern, resignativem Herunterschrauben der Erwartungen und panischem Irgendwas-das-gerade-erhältlich-ist-Kaufen. Schön ist das nicht, aber es muss sein.
Wie hoch stehen denn die Chancen direkt vor Ort am Tag der Vorführung Karten zu ergattern?
Keine Ahnung. Zu Randzeiten und bei weniger begehrten (z.B. Forums-)Filmen saß ich schon in halbleeren größeren Sälen, aber auch in proppenvollen. Drauf verlassen würde ich mich nicht.
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WerbungWitek DłVielleicht, kommt leider aber zeitlich für mich nicht in Frage. Trotzdem danke für den Tipp!
Wenn ich im Juni nach Berlin komme, bringe ich Dir meine Maya-Deren-DVD mit.
Witek Dł
Mit dem größten Vergnügen!Mit dem selben wird es gelesen werden. Ich will natürlich etwas über Napos Kumpel Swanberg lesen.
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If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.latho Ich will natürlich etwas über Napos Kumpel Swanberg lesen.
Den werde ich bei seiner Premiere am Samstag bewundern. Natürlich werde ich berichten.
Meine Berlinale nimmt langsam Gestalt an: Die ersten zehn Termine (mit 13 Filmen) stehen fest. Morgen abend geht’s los. Hallelujah!
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Viel Spaß, Witek! Bin gespannt!
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"Film is a disease. And the only antidote to film is more film." - Frank CapraWitek Dł
Meine Berlinale nimmt langsam Gestalt an: Die ersten zehn Termine (mit 13 Filmen) stehen fest. Morgen abend geht’s los. Hallelujah!Hach, mein Neid ist Dir sicher. Insgeheim hoffe ich ja, mir in den nächsten zwei Tagen noch irgendwie den Arm zu verstauchen, so dass ich es doch noch zu Bergman schaffe..
Hab Spaß!
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Sir, I'm going to have to ask you to exit the donut!Danke, werde ich sicher haben. Zu Bergman werde ich es allerdings fast gar nicht schaffen, nur den von Napo empfohlenenen (weil selten gezeigten) „Beröringen“ werde ich in jedem Fall anzusehen versuchen.
Also los, ab ins Fitnessstudio oder wo auch immer man sich was verstauchen kann.
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So viel Glück wie ich heute im Online-Shop hatte, hatte ich nicht erwartet. Alles bekommen, was ich wollte. Mit Bergmans „Beröringen“ nun auch meinen ersten Retrospektive-Film.
Und heute abend geht es los. Hallelujah!
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Elston Gunn
Ansonsten freue ich mich auf die Entdeckung von Shibuya Minoru…Wenn es denn Berlinale-Besuchern gelingt hinzugehen, würde ich mich sehr über einen Bericht freuen.
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detours elsewhereEine Kinderhand im Fahrtwind, Sonne fällt durchs Laub. Ein ungefähr elfjähriges Kind sitzt neben seinem Vater auf dem Beifahrersitz. Das Verdeck ist hochgeklappt. Sie fahren eine Landstraße entlang. Später darf das Kind mit Hilfe des Vaters selbst ein Stück fahren. Die beiden wechseln ein paar Worte, tauschen selbstverständliche Gesten der Nähe aus, wie es sie nur zwischen Eltern und ihren Kindern gibt. Ruhe und Geborgenheit prägen den Einstieg in den Film.
Das Kind trägt kurze Haare kleidet sich wie ein Junge, gibt sich maskulin – ist aber (was der Zuschauer erst einige Zeit nach Beginn des Films in einer Szene in der Badewanne erfährt) ein Mädchen, ein „Tomboy“. Laure ist gerade mit ihrem Vater, ihrer hochschwangeren Mutter und ihrer kleinen Schwester Jeanne in eine neue Stadt gezogen, in einigen Wochen beginnt nach den Sommerferien ein neues Schuljahr. Sie erkundet die Umgebung und trifft auf Lisa, ein Mädchen in ihrem Alter. Laure gibt sich als Junge aus, Mikaël – und setzt nun alles daran, diesen Schein vor Lisa und ihren Freunden zu wahren: Sie prüft vor dem Spiegel, ob ihr Oberkörper maskulin genug ist. Sie stutzt ihren Badeanzug auf eine Badehose zurecht, in die sie vor dem Baden eine Penis-Attrappe aus Knete steckt. Sie spielt mit den Jungs Fußball. Sie prügelt sich. Und sie verliebt sich in Lisa, die sich wiederum in Mikaël verliebt.
Ihr Geheimnis bleibt nicht unentdeckt. Die kleine Schwester Jeanne ist die erste, die herausfindet, dass Laure ihre neuen Freunde belügt. Und hier zeigt sich eine der größten Schwächen des Films: So behutsam Laure/Mikaël gezeichnet ist, so unglaubwürdig kommt die Figur der Schwester herüber. Zweifellos ist Jeanne, die im Film für den comic relief zuständig ist, ein putziges Kind. Aber wie schnell und problemlos sie das falsche Spiel ihrer großen Schwester durchschaut und sich darin einrichtet, nimmt man einer Sechsjährigen nicht ab.
Nach Jeanne finden auch die Mutter (die überaus unerbittlich reagiert), die Freunde und natürlich Lisa die Wahrheit über den vermeintlichen Mikaël heraus. Laure tritt ihren schmerzhaften Gang nach Canossa an und bekommt am Ende ein halbwegs offenes Happy End geschenkt.
„Tomboy“ ist unspektakulär inszeniert. Die Kamera ist immer nah an der Hauptfigur, ohne ihr zu eng auf den Leib zu rücken. Sciamma nimmt sich Zeit für ihre Geschichte, verzichtet (vom Abspann abgesehen) auf Musik, zeigt ihr großes Talent im Umgang mit Kinderdarstellern – und hat doch nur einen mittelprächtigen Film gedreht. Zu nett löst sich die Geschichte auf. Zu altbacken wird am Ende die zuvor differenziert aufgeworfene Frage nach Geschlecht und Gender mit dem eindeutigen Bekenntnis zum biologischen Geschlecht beantwortet.
Das extrem lachwillige Publikum applaudierte sehr freundlich, Sciamma sprach ein paar Allgemeinplätze und vorbei war mein Einstieg in die Berlinale 2011. Er hätte weiß Gott schlechter ausfallen können.
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Soeben habe ich mir den neuen Film von Béla Tarr gesichert. Mein Vorhaben, vorher noch seine anderen Filme anzusehen, muss als gescheitert bezeichnet werden. Wann denn bitte? So wird mit „A torinói ló“ nun also Tarrs letzter Film mein erster.
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Witek DłSoeben habe ich mir den neuen Film von Béla Tarr gesichert. Mein Vorhaben, vorher noch seine anderen Filme anzusehen, muss als gescheitert bezeichnet werden. Wann denn bitte? So wird mit „A torinói ló“ nun also Tarrs letzter Film mein erster.
Und wie lang ist der neue? Bin schon auf Deine Meinung gespannt.
Bitte weitermachen!--
If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.lathoUnd wie lang ist der neue?
Zweieinhalb Stunden. Hoffentlich bin ich wach genug – muss an dem Tag um fünf Uhr raus.
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Der Vorverkauf für Tarr war heute? Damn.
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Mumblecore-Miterfinder Joe Swanberg hat zwei recht kurze (70 und 74 Minuten) Filme mitgebracht und zeigt sie im Doppelpack. Eins vorweg: Die beiden Filme sind bislang die einzigen Swanberg-Filme, die ich gesehen habe.
Beide Filme behandeln das Filmen von Low-Budget-Produktionen – aber auf sehr unterschiedliche Art und Weise. „Art History“ erzählt mit einfachsten Mitteln vom Dreh einiger Bettszenen und den Folgen für Darsteller und Filmteam. „Silver Bullets“ ergründet (filmisch und inhaltlich um einiges komplexer) die Nahtstellen, Überschneidungen und Reibungspunkte zwischen Film und Privatleben.
„Silver Bullets“ erzählt von zwei Filmprojekten. Swanberg spielt einen stark mit sich hadernden, erfolglosen und übellaunigen Regisseur, dessen Freundin (Kate Lyn Sheil) die Hauptrolle in einem Werwolf-Film eines erheblich erfolgreicheren Independent-Horror-Regisseur (gespielt vom Independent-Horror-Regisseur Ti West) ergattert. Swanbergs Figur dreht derweil einen nicht genauer bezeichneten Film mit sich selbst in der Hauptrolle und castet die beste Freundin seiner Freundin als seine Liebhaberin, was der Freundin Probleme bereitet, die er nicht verstehen will. Sie knüpft private Bande mit dem Regisseur des Horrorfilms. Mehr und mehr fließen die beiden Filme und die Privatleben ineinander über.
Das Verschwimmen der künstlerischen Arbeit mit dem Privatleben fangen Swanberg (und seine Darsteller, die traditionell den Film zusammen mit Swanberg entwickeln) verblüffend vielschichtig ein. Längere dialoglastige Szenen wechseln sich ab mit Ausschnitten aus den Filmen, HD-Aufnahmen stehen neben Super-8-Ausschnitten. Wie Swanberg all das miteinander verknüpft (und mit einem zwei Jahre später spielenden Nachklapp veredelt), ist bei aller Mumblecore-Lässigkeit schlicht virtuos und beeindruckend.Swanberg hat, so sagt er, an „Silver Bullets“ insgesamt zweieinhalb Jahre lang gearbeitet – eine extrem lange Zeit, wenn man den enorm schnellen Output des Regisseurs betrachtet. Mit dem Film habe er eine kreative Krise in seinem Schaffen zum Thema gemacht und sie letztlich damit überwunden.
„Art History“ habe er im Anschluss in wenigen Tagen gedreht und geschnitten, um sich von „Silver Bullets“ zu erholen. Der Film ist dann auch narrativ deutlich einfacher gestrickt. Ein Filmteam wohnt für einige Tage zusammen in einem Haus und dreht explizite Bettszenen. Die Hauptdarstellerin und der Hauptdarsteller des Films im Film (gespielt von Josephine Decker und Kent Osborne) machen nach dem Dreh einer Sexszene da weiter, wo sie aufgehört haben. Der Regisseur (wieder gespielt von Swanberg) wird offenkundig eifersüchtig und beginnt seinen eigenen Film zu sabotieren.
„Art History“ ist offenkundig viel spontaner entstanden als „Silver Bullets“. Der Film erzählt viel direkter. Die langen Sexszenen mit den peniblen Anweisungen des Regisseurs machen den Film aber auch brutaler. Beide Filme zusammen zu zeigen, war jedenfalls eine weise Entscheidung, weil sie sich in ihrer Verschiedenheit perfekt ergänzen.
Bei beiden Filmen, sagt Swanberg, sei es ihm darum gegangen, der Wahrnehmung, die viele von seinen Filmen hatten, etwas entgegenzusetzen. Ihm sei etwa oft vorgeworfen werden, er mache seine Filme nur, um andere Frauen als seine Ehefrau (Kris Swanberg, die ebenfalls in seinen Filmen spielt) zu küssen. Wenn er genau das als der Regisseur in „Silver Bullets“ tue, sei das als ironische Antwort auf diese Vorwürfe zu verstehen. Ohne Kenntnis seiner früheren Filme kann ich nicht beurteilen, inwieweit die beiden neuen Filme in dieser Hinsicht erfolgreich sind.
Die Zuschauer bei der Doppel-Weltpremiere reagierten sehr unterschiedlich. Am Ende von „Silver Bullets“ kam der Applaus nur zögerlich. Ein (geschätztes) Sechstel des Publikums verließ den Saal vor oder während „Art History“ – beim Q&A hingegen waren die Reaktionen freundlicher. Die Begeisterung, die Swanberg verdient hätte, war ihm aber bei Weitem nicht vergönnt.
Swanberg hat seinen Frieden mit dem Mumblecore-Stempel gemacht, der seinen Filmen grundsätzlich aufgesetzt wird. Dem Erfolg des Begriffs, so sagt er, verdanke er es, dass er weiterhin Filme drehen könne – und dass er sie auf die ihm eigene Art und Weise machen könne. Schließlich mache der Begriff „Mumblecore“ es Journalisten und letztlich auch Zuschauern leichter, seine Filme zuzuordnen.
Swanbergs ohnehin hohe Produktivität übrigens („Silver Bullets“ und „Art History“ sind der siebte und achte Film, die er seit Beginn seiner Karriere 2005 fertiggestellt hat; Nummer 6 hatte kürzlich in Sundance Premiere) hat sich in den vergangenen Monaten offenbar geradezu überschlagen. Vier weitere Filme seien so gut wie fertig und bis zur nächsten Berlinale könnten es gut und gern zehn sein. Eine Handvoll davon darf er, wenn es nach mir geht, jedenfalls herzlich gern zur Berlinale 2012 mitbringen.
Silver Bullets: * * * * *
Art History: * * * *
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Zwei weitere heute gesehene Filme reiche ich noch nach – morgen stehen aber auch schon wieder vier auf dem Programm. Es könnte also noch etwas dauern.
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Schlagwörter: Berlinale
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