BAP – Affjetaut ( 1980 )

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  • #31077  | PERMALINK

    djrso
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    Mit „Affjetaut“ verabschiedeten sich BAP bereits mit ihrer zweiten LP fast völlig vom Hobby-Musiker-Kollektiv. Grund dafür war zum Einen, dass Teil der Ur-Besetzung die Band verließen, da ständiges Proben und Auftritte sowohl Beruf und Familie derart belasteten, dass es nur noch denen möglich war, weiter zu machen, die das Wagnis eingehen wollten, sich ganz auf´s Musikmachen zu konzentrieren. Zum Anderen hört man der Platte natürlich deutlich an, wer ab diesem Zeitpunkt die musikalische Leitung der Gruppe übernahm. So ist Klaus Heuser´s Gitarrenhandschrift nicht zu überhören und bildet die passende Umgebung für die nun meist auch rock-kompatibleren Texte Niedecken´s. Ein Richtungswechsel weg vom Quasi-Liedermachertum hin zum Rocksong ist unverkennbar, wenn auch Stücke wie „Ruut-Wieß-Blau, querjestriefte Frau“ oder „Pardong“ die Vergangenheit Niedecken´s als Kneipenmusiker noch einmal deutlich in Erinnerung rufen.

    Mit „Ne schöne Jrooss“, „Anna“ und „Helfe kann Dir keiner“ liefert „Affjetaut“ drei veritable Klassiker, die auch nach über 25 Jahren BAP noch zum umjubelten Live-Repertoire der Band gehören.



    Insgesamt : ***

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    #4023927  | PERMALINK

    annamax

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    Neben den oben genannten 3 Klassikern bietet „Affjetaut“ allerdings nur historischen Wert. Auch „Affjetaut“ steht eigentlich nur der Vollständigkeit der Sammlung zu Liebe im Regal … zumindest bei mir.

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    I'm pretty good with the past. It's the present I can't understand.
    #4023929  | PERMALINK

    j-w
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    maximum rhythm & blues

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    *edit*
    weiter unten noch mal ausführlicher ausgeführt!

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    #4023931  | PERMALINK

    kritikersliebling

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    Beiträge: 18,340

    „Vüür paar Wochen, nit lang her, jedefalls do spielten mir in der Kneip, wo mir sons och sinn.“ Das müssen doch schöne Zeiten gewesen sein. Man steht in seinem Stamm-Event-Bistro, die Bedienung stellt mittlerweile ohne weitere Worte das hin, was man sonst mühselig erklären musste. Immer gleiche Frage, immer gleiche Antwort, bis es einem von beiden zu dumm wird. Und dann, eines Tages steht man selbst auf der Stamm-Event-Bistro-Bühne und zappelt sich einen ab. Was wollte ich sagen? Ach so, das muss wirklich ein tolles Gefühl gewesen sein.
    Es klingt vielleicht noch „Hang On Sloopy“ oder „Wahnsinn“ nach, da beginnt das nächste Album mit einem Rocksound, der erst deutlich macht, wie wenig der Vorgänger rockte. Klaus Heuser hat klar gesagt, woran es fehlt und wie es klappen könnte und die Hobbymusiker folgen seinen Ideen und sind vermutlich selbst überrascht, was man mit Instrumenten alles machen kann. Niedecken hätte damals im Basement auch sagen können: „Verpiss Dich!“ und alles wäre anders gekommen und das RS-Forum wäre um ein paar Threads ärmer. Aber es kam, wie es früher immer im Computerhandbuch stand: „Sie drücken eine Taste und es geschieht etwas unerwartetes…“
    Es ist das mit Abstand am seltensten gehörte Album, weil es irgendwie muffig und altbacken klingt, dabei sprüht es vor Aufbruchstimmung und vor allem führt es Kölsch in die Rockmusik ein. Die Art, wie Niedecken hier singtspricht passt perfekt zu den noch nicht begradigten, wenn auch sauber eingespielten Songs. Warum gibt es keine Extended-Edition mit „Chauvi-Rock“ als Bonustrack? Hier hätte es gepasst.
    Nach den ersten drei Tracks ist die Politik, Lokalproblematik und die erste Dylan-Covernummer (gewiss, sie läuft unter eigenem Namen, aber das war es auch schon) vorbei und BAP widmen sich anderen Betätigungsfeldern. Z. B. Anna, dieser Frau aus Urzeiten. „Häng de Fahn eruss“ ist dann schon so ein Song, der einen die Kölner Eigenarten erahnen lässt. Da ist Niedecken teilweise immer Chronist gewesen (auf folgenden Alben noch deutlicher und zusammenfassend auf „Niedeckenköln“). Dann kommt der Song, der nach eigenen Angaben der erste kölsche Rocksong war. Komischerweise erschien der aber nicht auf dem Debüt, sondern erst hier, wo er besser passt (kann mir mal jemand erklären, wie das kam?). „Ruut-wieß-blau…“ ist dann so eine Erzählung, in der Gag auf Gag folgt und sich der Dichter die Freiheit der Absurdität nimmt. Recht so, denn Humor, wenn auch manchmal schwer zu erkennen, den hat auch Niedecken. „Vun mir uss Kitsch“ ist eine großartige Ballade, die Hoffnung und Hoffnungslosigkeit wunderbar vereint undn zum Ausdruck bringt. „Do kanns zaubre“ ist vielleicht nur ein Remake dieses Songs. Für sich gesehen aber ebenfalls ein Kernstück. Und dann kommen wohl die beiden überraschendsten Momente im BAPschen Songkosmos. „Kumm op ming Sick“, das sich düster wie das Thema fortbewegt, während Niedecken hier mit Grabesstimme singt. Beim letzten Stück sehe ich einen pickeligen Bontempi-Spieler mit Pissflecken auf der Hose und Schweißrändern unter den Armen. Scheußlich, weshalb ich es wohl auch so selten höre. Was Überraschungen angeht, weiß man heute, zu was die Band im Stande war. Z.B. die kölsche Version von „Money For Nothing“ live in irgendwo auf einem Open Air (St. Wendel?).
    Und dann ist die perfekt ausgereifte kulturelle Schau auch schon wieder vorbei. Wirklich eins der übersehensten Alben der Band.

    --

    Das fiel mir ein als ich ausstieg.
    #4023933  | PERMALINK

    djrso
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    Komischerweise erschien der ( „Helfe kann dir keiner“ ) aber nicht auf dem Debüt, sondern erst hier, wo er besser passt (kann mir mal jemand erklären, wie das kam?)

    Also ich nicht.

    Jan ?

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    #4023935  | PERMALINK

    j-w
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    maximum rhythm & blues

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    Die „alten“ Songs, die auf dem Debüt nicht mit enthalten sind, sollten Teil eines Konzeptwerkes „Jan un Griet“ (siehe Aff un zo!) werden, einem ambitionierten Frühwerks von WN, das jedoch nie vollendet wurde. Deshalb „noch“ nicht auf rockt andere kölche Leeder, sondern erst auf Affjetaut, als klar war, dass es so bald kein „Jan un Griet“ geben würde.

    --

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    #4023937  | PERMALINK

    djrso
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    Beiträge: 15,904

    Jan WölferDie „alten“ Songs, die auf dem Debüt nicht mit enthalten sind, sollten Teil eines Konzeptwerkes „Jan un Griet“ (siehe Aff un zo!) werden, einem ambitionierten Frühwerks von WN, das jedoch nie vollendet wurde. Deshalb „noch“ nicht auf rockt andere kölche Leeder, sondern erst auf Affjetaut, als klar war, dass es so bald kein „Jan un Griet“ geben würde.

    Aha. Schöne Hintergrundinformation, Jan

    Thematisch hätte es ja auch ganz gut zum „Jan und Griet“-Komplex gepasst.

    --

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    #4023939  | PERMALINK

    j-w
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    Registriert seit: 09.07.2002

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    Affjetaut ist meiner Meinung nach ein oft zu Unrecht übersehenes Werk. Major brachte den Sound der Band nach vorn – nie gefiel er mir besser als auf Affjetaut! Später war er sicherlich noch abweschlungsreicher, aber hier ist noch eine rohe, unverkrampfte Power in den Rocksounds und bei Nummern wie Anna und Vun mir aus Kitsch auch sehr feine ruhige/groovige Parts.
    Die Keyboards von Mattes Keul sind auch nach 25 Jahren noch geschmackvoll und gut (was man von Effendis Beiträgen leider nicht immer behaupten kann). Allein dieses Keyboardsolo auf Anna! Ein echter Klassiker des Analog-Synthiezeitalters. So schön und zeitlos können (konnten!) Synthies mal klingen!

    Die Songs mag ich nach wie vor immer noch sehr gern. Leichte Abstriche beim Stollwerck-Leed, diese Politnummern, kann ich heute nicht mehr so gut hören – obwohl ich es einem 10. Juni jederzeit vorziehen würde!
    Kumm op ming sick – aus heutiger Sicht kaum vorstellbar, dass dieser Titel dermaßen kontrovers von der alternativen Szene aufgenommen wurde. Die Frauenbewegung hat sicherlich viel erreicht, ganz sicher jedoch nicht im Bereich Humor. Wie schon beim Chauvi Rock kam es zu der Sichtweise „Ein Chauvinist ist nämlich der, der über Chauvnisten singt!“- die dann in Neuleed angeführt wurde. Aber was für ein großartiger Rocksong, die Frauenschreie gegen Ende setzen dem ganzen noch mal das Sahnehäubchen auf (O Gott, was für eine Methapher in diesen Zusammenhang! :-) )!
    Pardong – immer noch großartig umgesetzt mit Original-Bontempiorgel und Kneipengeräuschen.
    Vun mir uss Kitsch – für mich noch immer die schönste der frühen Balladen – ziehe ich Do kanns zaubre jederzeit vor!
    Wat ess? Obgleich Dylans Ballad of a thin man doch fast ein eigener Song mit einer eigenen Identität und starkem Text.
    Häng die Fahn eruss – Der Powerrock’n’Rollsong mit Beatles-Anleihe im Mittelteil – super Nummer, die ich auch jederzeit Waschsalon (den ich überhaupt nicht mehr hören kann) vorziehe!
    Helfe kann dir keiner ist und bleibt die Essenz und Ursprung dessen was die Band wurde und noch ist – nie hatte der Schmal (oder war’s ein anderer Freund?) mehr recht als er sagte „Dat ess jot – da kannste paar mieh vun maache!“
    Auch hier im Solo wieder ein Beispiel für die tollen Keyboards von Matthes Keul!

    Und RWB ist und bleibt für mich der beste der „lustigen“ BAP-Songs, macht mir immer noch gute Laune und bringt mich an den witzigen Stellen immer noch zum Schmunzeln und das seit über 20 Jahren!
    Auf dem Album sind allesamt wirklich klasse Songs mit Verve gespielt und von einer Frische, die schon zwei Alben später verflogen war. Eine Platte, die sehr gut gealtert ist und mir immer noch viel Spaß macht!

    --

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    #4023941  | PERMALINK

    j-w
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    maximum rhythm & blues

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    Affjetaut (Remaster)
    BAP
    24.03.2006
    3580352 2 CD+Bonus-CD

    DISC 1
    1. Ne schöne Jrooß
    2. Wat ess?
    3. Stollwerck-Leed
    4. Anna
    5. Häng de Fahn eruss
    6. Helfe kann Dir keiner
    7. Ruut-wieß-blau querjestriefte Frau
    8. Vun mir uss Kitsch
    9. Kumm op ming Sick
    10. Pardong
    DISC 2
    1. Ne schöne Jrooß – bisher unveröffentlicht (Live „Rockpop in Concert“, Dortmund 1982)
    2. Wat ess? – bisher unveröffentlicht (Live „Rockpop in Concert“, Dortmund 1982)
    3. Vun mir uss Kitsch (Live „Rockpalast“, Essen ’86) (von der Maxi-Single „Time Is Cash, Time Is Money“)
    4. Häng de Fahn eruss – bisher unveröffentlicht (Live, Köln, 1988)
    5. Gespräch Wolfgang Niedecken & Frank Laufenberg ’06 (Teil II)

    :-)

    --

    Staring at a grey sky, try to paint it blue - Teenage Blue
    #4023943  | PERMALINK

    djrso
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    DJ@RSO, Moderator, Erfasser

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    Jan Wölfer :-)

    Auch hier wird man wohl zugreifen müssen…

    --

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    #4023945  | PERMALINK

    joerg-koenig

    Registriert seit: 09.08.2002

    Beiträge: 4,078

    DJ@RSO Stücke wie „Ruut-Wieß-Blau, querjestriefte Frau“

    Wegen dieses Songs haben sie bei mir ewig einen Stein im Brett. Und neulich gab’s auf NDR Info ein Interview mit einem so gar nicht seinem Klischee entsprechenden Niedecken; ein Aha-Erlebnis wie der Auftritt von Joan Baez auf der No-Direction-Home-DVD.

    --

    Wenn wir schon alles falsch machen, dann wenigstens richtig.
    #4023947  | PERMALINK

    djrso
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    Wegen dieses Songs haben sie bei mir ewig einen Stein im Brett. Und neulich gab’s auf NDR Info ein Interview mit einem so gar nicht seinem Klischee entsprechenden Niedecken; ein Aha-Erlebnis wie der Auftritt von Joan Baez auf der No-Direction-Home-DVD.

    An dem ihm anhaftenden Klischee, das meiner Ansicht nach auch nicht viel mehr als ein solches ist ( ich kenne den Herrn halt auch nicht persönlich ), hat WN z.T. halt auch ein wenig selber schuld. Aber im Grunde halte ich ihn für einen echten „Guten“, nicht für den Gutmenschen zur Vermarktung bzw. zur Platzierung des eigenen Produkts. Mag mit reinspielen, scheint mir aber nicht Hauptbeweggrund Niedeckens zu sein.

    --

    Doe maar gewoon... dan doe je al gek genoeg!
    #4023949  | PERMALINK

    joerg-koenig

    Registriert seit: 09.08.2002

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    Aber woher kommt das? Im Interview war er witzig, charmant, selbstironisch, schlicht und schlank klasse. Wieso wird einer, der so drauf ist, so ganz und gar anders wahrgenommen? (Und ich habe mit dieser Fehleinschätzung bislang nicht unter Vereinsamung gelitten.)

    --

    Wenn wir schon alles falsch machen, dann wenigstens richtig.
    #4023951  | PERMALINK

    j-w
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    maximum rhythm & blues

    Registriert seit: 09.07.2002

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    Muss an Dir und Deiner Umgebung liegen, ich habe ihn immer so wahrgenommen!

    --

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    #4023953  | PERMALINK

    joerg-koenig

    Registriert seit: 09.08.2002

    Beiträge: 4,078

    Glaube ich nicht, ich habe ja mal als, naja, Fan angefangen, als kaum ein Mensch außerhalb Kölns BAP kannte. Meine ersten Platten von denen habe ich mir im damals mit Abstand größten Plattenladen Hannovers unter „Deusch – B – Diverse“ mühsam rausgesucht.

    Die Version, die gegen mich spricht heißt: Am Anfang war es cool, eine unbekannte Band zu mögen. Als dann alle Welt Verdamp lang her mitklatschen konnte, war es uncool sie zu mögen. Aber so bin ich gar nicht gestrickt. Mir fallen die ersten philosophischen Fragen für einen neuen Thread ein…

    --

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