Sun Ra

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  • #5165797  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

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    hat eigentlich irgendjemand von euch einen tipp für eine sun-ra-diskografie der new yorker jahre?

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    #5165799  | PERMALINK

    redbeansandrice

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    diese hier ist ja leider nicht mehr online. Es gibt im Prinzip natürlich das Buch von Campbell und Trent (zweite Ausgabe von 2000), das nicht ganz billig ist, aber vllt per Fernleihe bestellbar ist ? (Kenn ich mich nicht mit aus, die Bayrische Staatsbibliothek hat es zB)

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    #5165801  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 12,577

    gute idee, versuche das gerade. das szwed-buch ist zwar super, aber natürlich nicht detailliert genug. ich würde eigentlich sagen, dass man mit lücken gut leben kann, aber aus der chicagoer zeit möchte ich tatsächlich keine einzige aufnahme missen.

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    #5165803  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 68,178

    diese hier ist albumbasiert (ergo wenig hilfreich/umständlich), aber es steht doch ziemlich viel drin:
    http://www.the-temple.net/sunradisco/list.php

    das hier hast Du sicherlich schon gesehen:
    https://crownpropeller.wordpress.com/2012/03/30/the-first-sun-ra-discography/

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    #5165805  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 12,577

    ja, die sachen kannte ich schon, alben-basiert ist natürlich so eine sache bei diesem ganzen chaos aus einzelnen irgendwie zwischendrin-tonband-laufen-lassen-aufnahmen…

    was ich gar nicht mitbekommen habe, ist, dass der archivar michael anderson im letzten jahr zu sun ras 100. 21 alben für itunes hat remastern lassen. FATE IN A PLEASANT MOOD habe ich darüber bezogen, die klingt sehr gut, ist aber auch aus einer studiosession. z.t. sind auch echte raritäten darunter. das ist jedenfalls in den diskografien noch nicht berücksichtigt worden.

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    #5165807  | PERMALINK

    friedrich

    Registriert seit: 28.06.2008

    Beiträge: 5,140

    Mannomann, das ist eine Menge Stoff, den ich bislang bloß mal etwas querlesen konnte. Der Zwang zur Erwerbsarbeit lässt mir leider nur noch wenig Zeit. ;-)

    Am Rande: Ich finde ja, dass der scheinbare Widerspruch zwischen „Showprogramm“, „Operettenklavier“ und „Doo Wop“ einerseits und dem „hip shit“ andererseits bei Sun Ra gar nicht existiert. Wenn jemand ein Showman war, dann Sun Ra. In meinen Ohren klingen diese frühen Singles fast schon schräger als vieles, was man meint von Sun Ra gewohnt zu sein. Und man ist ja einiges gewohnt. ;-)

    In seinem Spätwerk rückten Showtunes und Operette sogar wieder vermehrt in den Vordergrund. Vielleicht ist Sun Ra gar nicht ohne dieses Zeug zu verstehen. Ist ja auch interessant zu lesen, in welchem Umfeld Sun Ra anfangs auftrat und dass er auch auf Platten des Aristocrat-Labels, aus dem ja später Chess wurde, gespielt hat. In der Chicagoer Szene hockten wohl die verschiedensten Leute sehr eng aufeinander.

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    „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
    #5165809  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 12,577

    FriedrichAm Rande: Ich finde ja, dass der scheinbare Widerspruch zwischen „Showprogramm“, „Operettenklavier“ und „Doo Wop“ einerseits und dem „hip shit“ andererseits bei Sun Ra gar nicht existiert. Wenn jemand ein Showman war, dann Sun Ra.

    diesen widerspruch hat ja niemand aufgemacht. ich glaube nur, dass viele ein bestimmtest bild von der (originalität der) musik sun ras haben, das eben nur für einen kleinen teil der sachen zutrifft: elektronische instrumente, percussion, kollektivgesang, free-einschübe (das meine ich mit „hip shit“, weil das das zeug ist, was immer über den jazz-kontext hinaus rezipiert wurde). die fletcher-henderson-seite des arkestras, auch und gerade mit standards verbunden, war aber immer auch präsent und kam in der spätphase tatsächlich wieder stärker zum vorschein. was ich jetzt aber in der chicago-zeit interessant finde, ist diese noch völlig prä-freejazz-hafte eleganz eines sehr geschlossen swingenden klangkörpers, die sehr speziellen klangfarben, mit denen ein material aufbereitet wird, das sich eben überhaupt nicht weit von dem entfernt, was ende der 1950er in den USA so als jazz im engeren sinne verstanden wurde.

    und daneben gab es natürlich die verbundenheit mit der heterogenen show-szene chicagos, mit stripshows, wild men, doo-wop-gruppen und r&b. demgegenüber hat sich das arkestra nie naserümpfend abgesetzt, das wäre wohl auch finanziell nicht möglich gewesen. es wird ja auch deutlich, wie sehr ende der 1950er die großen jazz-orchester von der rezession betroffen waren, clubs schließen mussten, leute wie fletcher henderson nur noch ein schatten ihrer selbst waren…

    sun ra selbst auf irgendeinen begriff zu bringen haben jetzt diverse leute versucht, bis hin zu solchen sachen. an diesem projekt kann und möchte ich mich nicht beteiligen…

    --

    #5165811  | PERMALINK

    friedrich

    Registriert seit: 28.06.2008

    Beiträge: 5,140

    vorgartendiesen widerspruch hat ja niemand aufgemacht. ich glaube nur, dass viele ein bestimmtest bild von der (originalität der) musik sun ras haben, das eben nur für einen kleinen teil der sachen zutrifft: elektronische instrumente, percussion, kollektivgesang, free-einschübe (das meine ich mit „hip shit“, weil das das zeug ist, was immer über den jazz-kontext hinaus rezipiert wurde). die fletcher-henderson-seite des arkestras, auch und gerade mit standards verbunden, war aber immer auch präsent und kam in der spätphase tatsächlich wieder stärker zum vorschein. was ich jetzt aber in der chicago-zeit interessant finde, ist diese noch völlig prä-freejazz-hafte eleganz eines sehr geschlossen swingenden klangkörpers, die sehr speziellen klangfarben, mit denen ein material aufbereitet wird, das sich eben überhaupt nicht weit von dem entfernt, was ende der 1950er in den USA so als jazz im engeren sinne verstanden wurde.

    Ja, so ungefähr habe ich es gemeint. Es gibt dieses Bild von Sun Ra als ausgetickten Ultra-Hipster vom anderen Stern, das manchmal ja sogar die Musik, die er machte, überdeckt. Aber wenn man mal hinhört, merkt man, dass der Mann bodenständiger war, als man denkt.

    … und daneben gab es natürlich die verbundenheit mit der heterogenen show-szene chicagos, mit stripshows, wild men, doo-wop-gruppen und r&b.

    Gibt es was aufregenderes?

    sun ra selbst auf irgendeinen begriff zu bringen haben jetzt diverse leute versucht, bis hin zu solchen sachen. an diesem projekt kann und möchte ich mich nicht beteiligen.

    „Stüttgen ultimately aims at an epistemological renewal of the dominant discourses on race, class and gender, that helps to at least temporarily suspend reifying identity patterns at stake, and rethink them critically based on the principles of intersectionality and heterogenity.

    Ach was? ;-)

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    „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
    #5165813  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 12,577

    studio-session märz 1959 / die hobart-dotson-ausgabe des arkestras

    das finanzielle wagnis einer studiosession im märz 1959 wurde wieder aus einer relativen stabilität der auftragslage unternommen: das arkestra war nach dem niedergang des de-lisa-clubs und der stiefmütterlichen behandlung im budland an einem neuen ort gelandet: im schwulenclub queen’s mansion, in bronzeville lokalisiert, dem zentrum der afroamerikanischen queer-szene im nachkriegs-chicago. außerdem gab es ein neues mitglied, das als komponist, arrangeur und neue lead-stimme dem arkestra einen neuen sound gab: der trompeter hobart dotson, der leider nie so bekannt wurde, wie es sein können hätte gewährleisten müssen. die anderen arkestra-mitglieder schafften es zwar, dotsons drogensucht vor dem diesbezüglich äußerst intoleranten sun ra geheim zu halten, doch dotson brauchte geld und verließ mit der band von b.b. king die stadt und das arkestra, noch ehe das saturn-album JAZZ IN SILHOUETTE gepresst werden konnte. als er 1971 starb, war dieses heute klassische werk noch nicht bei impulse wiederveröffentlicht (sprich: es kannte keiner), mit lionel hampton, mit dem er jahrelang danach spielte, hat er nie aufnehmen können, also bleiben von dotson nur ein paar dokumente, vor allem mit mingus (mitte der 40er und mitte der 60er).

    die von alton abraham und ra organisierte studiosession machte das beste aus der verfügbaren zeit: material für 2 alben wurde eingespielt, und dass, obwohl der kesselpaukenspieler jim herndon nicht konnte und der zweite posaunist nate pryor nicht rechtzeitig kam.

    die besetzung also:
    sun ra (celeste, gong, wurlitzer ep ,p), hobart dotson (tp), bo bailey(tb), james spaulding (as, fl, perc), marshall allen (as, fl, perc), john gilmore (ts, perc, voc), pat patrick (bars, fl, perc), charles davis (bars, perc), ronnie boykins (b, voc), william cochran (d); hattie randolph (voc)

    das programm bestand eigenartigerweise nur aus fünf perkussionslastigen, modalen sücken mit arkestra-üblichen exotika (eins davon, „interstellar low ways“, kam völlig isoliert später auf ein ganz anderes album, die anderen bildeten eine seite von JAZZ IN SILHOUETTE), wie man sie von den rehearsals der letzten monate kannte. daneben gab es sich originell in hardbop-kontexte einfügende originalstücke (u.a. das tolle „enlightenment“ von dotson), die die andere seite von JAZZ IN SILHOUETTE ausmachten – und dann einen haufen standards, zwei sogar (ziemlich cool und sicher von hattie randolph) gesungen: „‚round midnight“ und „back in your own back yard“. (der rest: „i could have danced all night“, „hour of parting“ und dotsons broadway-mimikry „you never told me that you care“).

    man vermutet heute, dass JAZZ IN SILHOUETTE durchaus den versuch darstellte, das arkestra endlich bekannt zu machen – mit einer ausgewogenen mischung aus konventionellem, elegantem hardbop mit perfekt arrangierten bläsersätzen einerseits und exotisch-verheißungsvollen afroorientalismen andererseits. geworden ist daraus natürlich nichts, auch wenn man 1961 schon neupresste und ein sexy cover mit unbekleideten weltraumnymphen bemühte. heute hört man das alles und ist beeindruckt. gilmore und patrick sind sehr eigenständige stimmen, denen immer etwas tolles einfällt, sun ra hält sich mit seinem spröden und abgehackten comping sehr zurück und dotson gibt der musik eine wärme, die das arkestra in seiner lead-stimme bisher nicht hatte (auch wenn mein lieblingstrompeter natürlich phil cohran wird, der wenig später auf der bildfläche erscheint). „ancient aethiopia“ rumpelt fast 10 minuten lang durch eine virtuelle pyramidenlandschaft, auf einem akkord, mit unglaublich stimmungsvollen soli (und einer chor-einlage), „enlightenment“ schwebt hintereinander durch mehrere tanzstile (sogar cha-cha-cha), ohne seine melancholische grundstimmung zu verlieren, ronnie boykins‘ klares fundament kontrastiert aufreizend zu den spitzen von spaulding und den verrücktheiten von marshall allen.

    aber auch die standards machen großen spaß – sie wurden erst 1970 auf SOUND SUN PLEASURE!! erstveröffentlicht. die bläser sind großartig arrangiert, kein nonsense macht sich breit, keine langeweile, alles ist zutiefst ernstgemeint und sorgfältig zelebriert.

    ich habe die evidence-cds dieser alben und das aus gutem grund – es sind die einzigen stereo-veröffentlichungen bislang (auch impulse hat sie noch in monoversionen wiederveröffentlicht). gerade angesichts der sorgfältig auf zwei kanäle abgestimmten arrangements von JAZZ IN SILHOUETTE macht das sinn.

    zuletzt geändert von vorgarten

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    #5165815  | PERMALINK

    redbeansandrice

    Registriert seit: 14.08.2009

    Beiträge: 13,962

    eine diskografische Frage, die mich schon lange bewegt, ist, ob der Posaunist Bo Bailey wohl mit Beau Bailey, der hier mitspielt übereinstimmt… was Dotson betrifft: Der hat mit Slide Hampton und Gerald Wilson tendentiell mehr aufgenommen, als mit Mingus und Ra…

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    #5165817  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

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    redbeansandriceeine diskografische Frage, die mich schon lange bewegt, ist, ob der Posaunist Bo Bailey wohl mit Beau Bailey, der hier mitspielt übereinstimmt

    laut alvin fielder, der ja kurz danach drummer im arkestra war, aber seinerseits wiederum nie mit ra aufgenommen hat, war bo bailey ein lehrer von julian priester (sagt er in diesem sehr schönen interview) – vielleicht 1977 tendenziell zu alt?

    redbeansandrice… was Dotson betrifft: Der hat mit Slide Hampton und Gerald Wilson tendentiell mehr aufgenommen, als mit Mingus und Ra…

    campbell meint: „His bread-and-butter gig for the next several years was in Lionel Hampton’s band, but he did not appear on any known recording sessisons with Hamp.“

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    #5165819  | PERMALINK

    redbeansandrice

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    das mit Lionel Hampton ist fast sicher Quatsch, s. hier, zumal eigentlich jeder, der jahrelang bei Lionel Hampton war, dort auch aufgenommen hat… eigentlich hat Dotson als Big Band Trompeter einiges mitgenommen, Billy Eckstine, Gerald Wilson, Mingus, Sun Ra… das mit Priesters Lehrer deutet in der Tat eher auf wen anders hin (zumal Beau Bailey offenbar aus Cleveland war… dieses Cafe Extraordinaire Album hab ich grad erst entdeckt, kannt nur einen Track von einer dieser Spiritual Jazz Compilations… ist sehr schön)

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    #5165821  | PERMALINK

    vorgarten

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    Beiträge: 12,577

    ja, ich hatte mich ohnehin gewundert, warum campbell dotson zunächst einen der „obskursten musiker“ überhaupt nennt und dann einen ziemlich auführlichen und reichen karriereabriss hinterherschiebt…

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    #5165823  | PERMALINK

    redbeansandrice

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    Ich könnt mir vorstellen, dass Dotson jemand ist, bei dem die Jazzfans früherer Jahrzehte einfach nicht so auf dem Schirm hatten, wie viel der eigentlich gemacht hat… eine Karriere die sich halbwegs gleichmäßig auf Los Angeles, Chicago und New York verteilte, dürfte auch nicht geholfen haben. Die Lineups der frühen Sessions, Wilson und so, werden früher eher nicht so bekannt gewesen sein, von den Chicagoer Sessions ist Sun Ra wohl mit Abstand am wenigsten obskur, von Mingus ist vieles andere sehr viel bekannter als die Sachen mit Dotson… Nehme an, dass der Abschnitt über Dotson immer länger wurde, und die Einführung nie angepasst wurde… grad nochmal gelesen, Campbell erwähnt ja sowohl Slide als auch Lionel Hampton… aber so richtig glauben tu ich Lionel trotzdem nicht… und Tom Lord hat Beau Bailey in einer 1970er Session – weiß nicht ob das Cafe-Extraordinaire ist… Spaulding kam ja auch aus Cleveland… schwer zu sagen, kommt auch ein bißchen drauf an, was „Lehrer“ heißt

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    #5165825  | PERMALINK

    redbeansandrice

    Registriert seit: 14.08.2009

    Beiträge: 13,962

    Bei Szwed steht, Dotson habe später bei Mingus und Lionel Hampton gespielt, nichts weiter. In der Form halt ich das schlicht für einen Dreher der Vornamen, den Campbell dann übernommen hat – auch wenn es etwas kurios ist, dass er diese bread-and-butter Sache drangehängt hat…

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