Lady Gaga

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  • #7355375  | PERMALINK

    annamax

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 4,665

    Das sind eher schlechte Nachrichten für Lady Gaga. Die Maske verrutscht.

    Lady Gagas Karriereknick

    Divendämmerung

    Von Tobias Rapp

    Endet die Ära der weiblichen Pop-Superstars? Ob Katy Perry oder Miley Cyrus, die großen Alben des Herbstes verkaufen sich schlechter als erwartet. Nun erreicht die Krise den klügsten Popstar seiner Generation: Lady Gaga.

    Eigentlich hätte es ein guter Tag für Lady Gaga sein können, dieser schöne Londoner Spätsommermontag, als sie den europäischen Teil der Markteinführungskampagne ihres neuen Albums „Artpop“ startete. Vor der Tür des Hotels verkleidete Fans, im Foyer Journalisten aus aller Herren Länder, die auf ihre kostbaren Minuten mit dem Star warteten. Es war scheinbar wie immer.

    Aber irgendetwas stimmte nicht. Vielleicht war die Sängerin ja einfach nur bekifft, sie betrat den Raum jedenfalls in einer deutlichen Wolke aus Grasgeruch. Die Antworten, die sie gab, waren etwas wirr, und sie verteidigte sich, ohne angegriffen worden zu sein. Sie redete von Andy Warhol, über die Performance-Künstlerin Marina Abramovic und davon, dass die Kunst den Pop übernehmen müsse.

    Lady Gaga, 27, oder Stefani Germanotta, wie sie mit bürgerlichem Namen heißt, machte den Eindruck einer Künstlerin, die unter mächtigem Druck steht und darüber den Kompass verloren hat, nach dem sie ihre bisherige Karriere so überaus sicher ausgerichtet hatte.

    Knapp zwei Wochen ist es nun her, dass „Artpop“ erschienen ist. In den deutschen Charts ist das Werk nur auf Platz drei eingestiegen, hinter Eminem und einem Live-Album der Rolling Stones. Und für die USA weisen die einschlägigen Indikatoren darauf hin, dass sie nur recht knapp an die Spitze der Charts kommen wird. Ihre ersten beiden Alben hatten das noch mühelos geschafft, verkauften sich millionenfach.

    Sie ist nicht die einzige Pop-Künstlerin mit solchen Problemen. Keines der großen Pop-Alben dieses Herbstes hat die großen kommerziellen Erwartungen bisher einlösen können. Nicht Katy Perry und das Verarbeitungswerk ihrer Ehescheidung „Prism“, das in den USA lediglich 287.000 Stück in seiner ersten Woche verkauft hat. Und überraschenderweise nicht einmal Miley Cyrus – obwohl sie die im Augenblick wahrscheinlich sichtbarste Frau der Welt ist. Ihr Album „Bangerz“ verkaufte trotzdem nur 270.000 auf dem amerikanischen Markt. Das ist nicht sonderlich viel – selbst das jüngste Britney-Spears-Album verkaufte noch über 400.000 Stück in seiner ersten Woche.

    Omnipräsent sein, ohne zu nerven

    Dabei hatte es zu Anfang des Jahres für die Musikindustrie noch so gut ausgesehen: Zum ersten Mal seit 15 Jahren waren die Umsätze nicht weiter geschrumpft. Die Digitalisierung, die dieser Branche schwer zugesetzt hat, schien bewältigt. Und nun das: Das Album, jahrzehntelang der wichtigste Umsatzbringer der Musikindustrie und das zentrale Zeichen eines Künstlers, wirklich etwas zu sagen zu haben, scheint nicht mehr zu funktionieren. „Labels sind nicht mehr im Plattengeschäft, sie sind im Star-Geschäft“, schreibt das amerikanische Branchenblatt „Variety“.

    Der Pop der vergangenen gut 15 Jahre wurde von weiblichen Stars beherrscht. Britney Spears, Christina Aguilera, Beyoncé Knowles, Rihanna, Katy Perry, Miley Cyrus – und Lady Gaga. Es war Musik, die von weiblicher Identitätsfindung in einer Welt erzählte, in der die Gleichberechtigung zwar noch nicht endgültig erkämpft, aber doch in greifbarer Nähe ist. Das spiegelte sich im Aufstieg und Fall und scheinbaren Wiederaufstieg von Britney Spears genauso wie in der Königinnen-Werdung von Beyoncé. Es war Pop, der von Hitsingles getragen wurde, die die dazugehörigen Alben in die Charts trugen.

    Vor allem fiel die Ära der weiblichen Superstars aber mit der Krise der alten Musikindustrie zusammen und dem Aufstieg der sozialen Medien. Die alten Popstars wie David Bowie in den Siebzigern oder Madonna in den Achtzigern hatten es noch mit einer Öffentlichkeit zu tun gehabt, die sich im Rhythmus von Wochenmagazinen über den neuesten Klatsch und Tratsch informierte. Oder aus dem Musikfernsehen. Diese Zeiten sind vorbei. Popstars müssen heute rund um die Uhr, überall auf der Welt wirken. Und dabei die Kunst beherrschen, omnipräsent zu sein, ohne auf die Nerven zu gehen.

    Was allerdings ziemlich genau das ist, was Lady Gaga macht. Niemand bespielt die sozialen Netzwerke mit ähnlichem Geschick wie sie, ohne dabei dumm oder anbiedernd zu werden. Sie ist der klügste Popstar ihrer Generation.

    Vor der Tür des Londoner Hotels stehen etwa Mädchen mit Muscheln im Haar. Gaga hatte das am Vorabend so getragen – weil sie Botticellis „Venus von Milo“ verkörpern wollte, sagt sie. Überdreht, aber wirksam. So kommuniziert man in den sozialen Netzwerken: Man setzt ein einfaches Symbol in die Welt, jeder Fan kann es für sich benutzen, sich seinen Reim drauf machen.

    Und in Gagas Reich geht die Sonne niemals unter. Wenn die Blogger in Japan ins Bett gehen, fängt man in Europa an, Gagas Twitter-Account zu checken. Sie hat ihren russischen Fans (von denen viele schwul oder lesbisch sind) bei ihrem Konzert in Moskau gesagt, sie könnten im House of Gaga sein, wie und was sie wollten. Es war kurz nach der Verabschiedung der russischen Anti-Homosexuellen-Gesetze. Inzwischen wurden die Veranstalter ihres Auftritts in St. Petersburg auf deren Grundlage verklagt.

    Sie hat ein Konzert in Jakarta absagen müssen – Islamisten hatten Proteste angekündigt, 50.000 Karten waren schon verkauft, das Konzert zu veranstalten erschien nicht sicher genug. Das ist die Welt des globalen Pop, die Musik spielt längst nicht mehr nur im Westen.

    Sie hat den Ruhm – doch was soll sie damit anfangen?

    Was läuft nun falsch? Neigt sich die Ära der großen weiblichen Stars wirklich dem Ende zu? Im Fall von Lady Gaga ist das Problem offensichtlich. Sie möchte etwas anderes als ein normaler Popstar sein – nur was, das ist unklar.

    „The Fame“, ihr Debüt von 2008, verband Kunst, Underground, Glaubwürdigkeit und den großen Erfolg mit einer grandiosen Geste. Es war eine Platte voller Hits, die gleichzeitig die Celebrity-Kultur feierte und verabscheute, widersprüchlich wie großer Pop nun mal ist. Es war eine Musik, die einladend war, offen für die Welt, neugierig und schlau.

    Fünf Jahre später braucht Gaga die Kunst, um sich vor der Welt zu verstecken, um sich Bedeutung abzuholen, die sie alleine nicht mehr zu erschaffen vermag. „The Fame“ lebte von der Gier nach einer jungen Frau nach eben diesem Ruhm. Nun hat sie ihn, und ihr fällt nichts ein, was sie mit ihm machen könnte.

    Es gibt eine Möglichkeit, Platten zu verkaufen, ohne dass sie voller Hits sind: Man muss etwas zu erzählen haben. Das hat Gaga offensichtlich auch, sie weigert sich nur, es in ihre Songs zu gießen.

    David Bowie, Lady Gagas großes Vorbild, ließ auf dem ersten großen Höhepunkt seiner Karriere 1973 die Kunstfigur Ziggy Stardust sterben, auf offener Bühne, nicht einmal seine Band war eingeweiht. Es war ein gewagter Schritt, Bowie tat ihn, um zu neuen Ufern aufbrechen zu können.

    Ob Gaga sich Ähnliches vorstellen könne? „Nein, ich bin all die verschiedenen Figuren“, sagt sie. „Bowie hat seinen Stil nicht aus Marketing-Gründen verändert. Er hat sich verändert, weil er es wollte. Manche Leute wollen nicht, dass ihre Popstars sich verändern. So ein Popstar bin ich aber nicht. Ich habe viele Aspekte, alles ist Lady Gaga.“

    So reden Politiker, die sich für eine Wahlniederlage rüsten.

    http://www.spiegel.de/kultur/musik/lady-gaga-und-pop-in-schwierigkeiten-artpop-enttaeuscht-a-934251.html

    --

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    #7355377  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 45,074

    Sicher, der Beitrag verrät viel über den miesen Stil bzw. Charakter der Autorin, aber er enthält dennoch einige interessante Informationen bzw. Gerüchte:
    http://www.examiner.com/article/interscope-loses-25-million-promotional-bet-on-lady-gaga-artpop-bomb

    Etwas weniger tendenziös:
    http://music.yahoo.com/blogs/music-news/artflop-5-reasons-why-gaga-latest-album-campaign-033204360.html

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    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #7355379  | PERMALINK

    jan-lustiger

    Registriert seit: 24.08.2008

    Beiträge: 11,206

    Eine etwas differenziertere, weniger sensationsgeile Einschätzung:
    http://pitchfork.com/thepitch/142-did-lady-gagas-artpop-flop/

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    #7355381  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
    -

    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 87,241

    Jan Lustigerhttp://pitchfork.com/thepitch/142-did-lady-gagas-artpop-flop/

    An Madonnas „Erotica“-Phase musste ich auch schon denken. Es gibt unwürdigere Bauchlandungen, „ArtPop“ hat einige der besten Gaga-Tracks. Cutting edge sein zu wollen und gleichzeitig ein Hit-Album und Hit-Singles zu liefern, die den hohen Erwartungen entsprechen, ist schon ein besonders schwieriger Spagat.

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    #7355383  | PERMALINK

    jan-lustiger

    Registriert seit: 24.08.2008

    Beiträge: 11,206

    Für mich ist es ihr bestes Outing auf LP-Länge, auch wenn es Ausreißer nach unten hat. Nur an The Fame Monster (das ich als EP zähle) kommt es nicht ran – was zu erwarten war.

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    #7355385  | PERMALINK

    jan_jan
    Chosen Undead

    Registriert seit: 10.07.2002

    Beiträge: 5,890

    Mich verwirren die ganzen Artikel über die Verkaufszahlen irgendwie, wieso gibt es bei diesem Album auf einmal soviel Interesse daran?

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    Arise now, ye Tarnished/Ye dead, who yet live/ The call of long-lost grace speaks to us all  
    #7355387  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 45,074

    Jan LustigerFür mich ist es ihr bestes Outing auf LP-Länge, auch wenn es Ausreißer nach unten hat. Nur an The Fame Monster (das ich als EP zähle) kommt es nicht ran – was zu erwarten war.

    Nachvollziehbar. Ich kann mit dieser nüchternen Sichtweise viel anfangen, obwohl ich mich frage, ob du das in zwölf Monaten auch noch so sehen wirst.

    Ich habe den ersten Artikel trotz seiner Gehässigkeit auch deshalb gepostet, weil er symptomatisch für den Backlash ist, den Gaga jetzt aushalten muss – und so etwas wünscht man ja niemand. Wenn Interscope wirklich mehrere Millionen mit diesem Album verliert, das vielleicht wirklich zweimal neu aufgenommen wurde, dann rollen Köpfe. Das ist einfach irrsinnig viel Geld für eine Plattenfirma, egal ob es 5, 10 oder 15 Millionen sind.

    Interessant fand ich auch die Hinweise darauf, wie käuflich die ganzen Player im Musikgeschäft sind. Das ist aber keine wirkliche Überraschung.

    Lustigerweise finde ich Applause gar nicht so schlecht, weiß nicht, warum das Lied nicht so ankommt.

    Jan_JanMich verwirren die ganzen Artikel über die Verkaufszahlen irgendwie, wieso gibt es bei diesem Album auf einmal soviel Interesse daran?

    Bei derartig heftigen Promo-Ausgaben ist das das Thema Nr. 1. Und gerade für große Plattenfirmen gibt es wenige andere Erwägungen als Verkaufszahlen.

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    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #7355389  | PERMALINK

    jan-lustiger

    Registriert seit: 24.08.2008

    Beiträge: 11,206

    nail75Nachvollziehbar. Ich kann mit dieser nüchternen Sichtweise viel anfangen, obwohl ich mich frage, ob du das in zwölf Monaten auch noch so sehen wirst.

    Nach den ersten Durchläufen war ich skeptisch, den ersten fand ich sogar eher enttäuschend. Für mich war Artpop ein Grower. Solche Alben halten ihren Wert erfahrungsgemäß konstanter als solche, die schnell zünden und dann ähnlich schnell wieder ausbrennen. Aber für eine definitive Beantwortung deiner Frage musst du sie mir in zwölf Monaten nochmal stellen. ;-)

    Ich verstehe allerdings nicht so ganz, was du mit „nüchtern“ meinst? Auch weil man doch meinen sollte, dass einer nüchternen Sichtweise eine lange Konstanz eher attestiert würde als einer überschwänglich-irrationalen. Oder bezieht sich das darauf, dass meine Einschätzung von dem negativen Backlash in den Medien unbeeindruckt bleibt?

    nail75Lustigerweise finde ich Applause gar nicht so schlecht, weiß nicht, warum das Lied nicht so ankommt.

    Zündete bei mir auch nicht sofort. Als Stand-Alone-Track kann ich die Anlaufschwierigkeiten allerdings auch immer noch nachvollziehen. Als Album-Closer funktioniert es ganz wunderbar.

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    #7355391  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 45,074

    Nicht unbedingt, ich meinte vor allem, dass du jetzt auch nicht vor Begeisterung im Quadrat springst. So etwas erweckt immer mein Misstrauen, es sei denn ich springe selbst. ;-)

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    #7355393  | PERMALINK

    jan-lustiger

    Registriert seit: 24.08.2008

    Beiträge: 11,206

    Nunja, das war einfach eine nüchterne Einordnung des Albums im Gesamtwerk mit nur zwei Sätzen. Artpop begeistert mich durchaus. Einer längeren Ausformulierung würdest du das wahrscheinlich auch anmerken.

    --

    #7355395  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 45,074

    Ok. Ich bin gespannt. ;-)

    --

    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #7355397  | PERMALINK

    de64625

    Registriert seit: 22.04.2012

    Beiträge: 2,794

    Ist das Kunst oder kann das weg?

    http://www.zeit.de/kultur/musik/2014-03/lady-gaga-sxsw-vomit

    Nun, es wird keinen der Devotees überraschen; ich finde, das kann einfach weg.

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    Was nutzt es denn, einem alten Ochsen, der nur ein einziges Sprüchlein draufhat, in's Horn zu kneifen?!
    #7355399  | PERMALINK

    pink-nice

    Registriert seit: 29.10.2004

    Beiträge: 27,368

    Gaga stülpt sich gerade selbst von innen nach außen und ruft eine Kunstrevolution aus: „Fuck you, pop music, this is art pop!“, schreit sie gen Ende des Auftritts. Das hätte bestimmt auch Beethoven gefallen.

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    Wenn ich meinen Hund beleidigen will nenne ich ihn Mensch. (AS) „Weißt du, was ich manchmal denke? Es müsste immer Musik da sein. Bei allem was du machst. Und wenn's so richtig Scheiße ist, dann ist wenigstens noch die Musik da. Und an der Stelle, wo es am allerschönsten ist, da müsste die Platte springen und du hörst immer nur diesen einen Moment.“
    #7355401  | PERMALINK

    visions

    Registriert seit: 05.04.2006

    Beiträge: 11,780

    pink-niceGaga stülpt sich gerade selbst von innen nach außen und ruft eine Kunstrevolution aus: „Fuck you, pop music, this is art pop!“, schreit sie gen Ende des Auftritts. Das hätte bestimmt auch Beethoven gefallen.

    Ob der das gehört hätte?

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    #7355403  | PERMALINK

    jan-lustiger

    Registriert seit: 24.08.2008

    Beiträge: 11,206

    Auf dem nächsten Album wohl mit von der Partie: Giorgio Moroder

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