Klassik

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  • #557367  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    kingberzerkEine sehr gute Möglichkeit, Bernstein mit Mahler kennenzulernen, bietet die 11-CD-Box der Deutschen Grammophon anlässlich des Jubiläums 2010 für unschlagbare 33 Euro oder so für alle Symphonien.

    Danke, da muss ich mal in mich gehen … clasjaz hat oben Inbal genannt, da gäbe es ein ähnlich günstiges Angebot. Aber das hat im Moment noch keine Eile.

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    #557369  | PERMALINK

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    kingberzerkEinen dieser Zufälle erlebte ich mit András Schiff und den Französischen Suiten. Aus meiner Sicht gab es vorher nur Glenn Gould und Swjatoslaw Richter. Dann spielte Schiff sie ein und machte etwas für mein Gefühl gänzlich Neues daraus: Sehr zurückhaltend und erzählend, gar nicht auftrumpfend, eher versonnen und geradezu höflich, verglichen zu den stolzen Darbietungen seiner Kollegen.

    Sehr interessant, welche Wege das Hören in dem einen und dem andern nimmt oder vielmehr geht. Das liegt sicher auch an den verschiedenen möglichen Interpretationen des eigenen Gefühls, seiner Übersetzung in Worte, und seien es innere, und „Werte“. Ich schiebe das einfach mal voraus, denn ich kann Deine Charakterisierung Schiffs nachvollziehen, aber gar nicht teilen. (Mit Richter neben Gould warst Du aber eh schon auf dem Sprung zu ihm.) Nun also, mit Schiff habe ich es oft versucht, und ich glaube, was mir ihn fremd macht, ist das, was Du mit höflichem Spiel meinst. Für mich ist das eher Spiel am Hofe als höflich in dem übertragenen Sinn, der in Höflichkeit auch eine Forderung sieht. Schiff dehnt mir viel zu sehr, differenziert Wiederholungen kaum, was man natürlich damit übersetzen kann: er möchte den Komponisten nicht verfälschen, selbst sprechen lassen. Eine Auffassung, die auch zum Sammelsurium der Interpretationen des eigenen Gefühls gehört und eine Facette davon ist. Schiff, deshalb, fördert mir zu sehr das Heilige bei Bach. Du siehst, ich interpretiere das völlig anders: Gould halte ich für den Letzten, der im Sinne von Schiffs Höflichkeit auftrumpft. Darin sind wir dann womöglich auch wieder einig.

    Bei Mahler VI. entdeckte ich zunächst die beiden letzten Sätze neu, vor allem natürlich das Finale, weil ich die Partitur zur Hilfe nahm. So wurde ich auf Details aufmerksam, die ich schließlich in Karajans Aufnahme aus den Siebzigern sehr überzeugend wiedergegeben fand. Zuvor hatte ich gedacht, diese Einspielung stehe besonders für Wucht und Kompromisslosigkeit. Doch Karajan, der sich ja ansonsten nicht allzusehr für Mahler engagiert hatte, gelang mit den Berlinern eine bemerkenswerte Nuancierung in Tempo und Ausdruck, und das war in den Siebzigern. Eine Leistung, die ich zuvor gar nicht so recht bemerkt hatte und das Entrückte hervorhob. Zuvor hatte ich die Symphonie eher vom Kopfsatz aus gehört und setzte alles dazu in Beziehung, fortan war es das Finale, das zentrale Bedeutung gewonnen hatte. Die magischen Passagen mit den verzauberten Celesta-Akkorden haben mich für diese Einspielung eingenommen. Eine schöne Brücke in die Gegenwart, der gebügelte Sound der DG war in diesem Fall ein Vorteil, Transparent ist die Tonkonserve zwar nicht so sehr, dafür aber die Interpretation der Partitur.

    Irgendwie schließt sich der Kreis in unserem Hören. Das Finale erschien mir immer als die Zusammenfassung der ersten drei Sätze, die größte Irritation dabei war aber der dritte Satz, also der langsame. Provokativ gefragt, und sei es nur mich selbst: was haben langsame Sätze bei Mahler eigentlich zu suchen? Es sind wohl reduktionistische Keimzellen, Formen der Höflichkeit gegenüber dem Desaster, um bei dem Bild zu bleiben. Oder wieder anders, das ist vertikale Musik, die sich aufstapelt und ständig zerfächert, darum sind die Schlusssätze so interessant bei Mahler, weil es ja dann doch einmal enden muss. (Nebenbei, das unterscheidet ihn gewaltig von Strauss, genauso wie deren Anfänge, erste Töne in einem Werk.)

    Karajan … gerade V und VI sind mir nicht in guter Erinnerung, dumm, dass ich sie nicht mehr habe, ich würde gerne Deinen Eindruck teilen und hören. Die Kompromisslosigkeit schien mir viel zu sehr an der Oberfläche, aber, und ich meine das Wiederhören deshalb auch ernst, die Neunte mit Karajan habe ich noch und sie schien mir von seinen Mahler-Einspielungen immer die gewaltigste, weil tatsächlich kompromisslos, und zwar diesmal in der Ausdehnung.

    Bernstein scheint mir gar nicht so unähnlich zu sein. Ich kenne ihn auch meist mit New York Philharmonic, auch Israel Philharmonic, dann spätere Live-Einspielungen mit den Wienern – die mir viel besser gefallen. Aber auch in der Sechsten ist mir das zu auftrumpfend, der erste Satz kommt mit einer ungeheuren Wucht, die der letzte keineswegs einlöst, obwohl er es müsste. Dazu passt für mich, in meiner Interpretation, dass der dritte Satz sich „ergießt“, zu langsam ist. Das war mein Weg zur Sechsten, die Verknappung, Mitropoulos und vor allem auch Zender. Die gehen da durch in Differenzierungen, obwohl das alles nicht so recht spielbar ist.

    Zur Zweiten kann ich nichts beisteuern, die mir fremdeste Symphonie von Mahler bisher, ein wenig habe ich sie verstanden oder hören können mit Stokowski, eine Aufnahme von 1963, der erste Satz mit Abbado in Luzern geht in die gleiche Richtung. Bei Stokowski passt das auf eine CD übrigens.

    Was haben langsame Sätze bei Mahler zu suchen, noch ein Wort dazu: In der Ersten ist das Furioso, das aber nicht genügte und gerade der langsame Satz musste Caillot-Anleihen nehmen. Dann triefte erst einmal etwas anderes durch, Steigerungen, Korrekturen, von II zu IV, dann die Rückkehr mit V zu I, natürlich verwandelt, Schlusssatz IX nimmt III auf, das Ganze zerbricht, konsequent in X.

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    #557371  | PERMALINK

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    gypsy tail windVon Mahler II gab’s heute abend dann spontan und spottbillig in gutem Zustand Bernstein mit dem LSO auf LP. Ist das ein tauglicher Einstieg oder soll ich damit noch warten, bis ich das Ding von anderswoher kenne?

    Ich würde es andersherum sehen: Wenn Du mit Mahler etwas anfangen kannst, ist die erste Einspielung, die Du hörst, nebensächlich. Aber mit Bernstein kannst Du gewiss beginnen, die LP hätte ich mitgenommen.

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    #557373  | PERMALINK

    kingberzerk

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    clasjazNun also, mit Schiff habe ich es oft versucht, und ich glaube, was mir ihn fremd macht, ist das, was Du mit höflichem Spiel meinst. Für mich ist das eher Spiel am Hofe als höflich in dem übertragenen Sinn, der in Höflichkeit auch eine Forderung sieht. Schiff dehnt mir viel zu sehr, differenziert Wiederholungen kaum, was man natürlich damit übersetzen kann: er möchte den Komponisten nicht verfälschen, selbst sprechen lassen. Eine Auffassung, die auch zum Sammelsurium der Interpretationen des eigenen Gefühls gehört und eine Facette davon ist. Schiff, deshalb, fördert mir zu sehr das Heilige bei Bach. Du siehst, ich interpretiere das völlig anders: Gould halte ich für den Letzten, der im Sinne von Schiffs Höflichkeit auftrumpft. Darin sind wir dann womöglich auch wieder einig.

    Liebe Kollegen, muss an dieser Stelle leider eine Zäsur machen und klinke mich aus den Plaudereien einfach mal aus.

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    Tout en haut d'une forteresse, offerte aux vents les plus clairs, totalement soumise au soleil, aveuglée par la lumière et jamais dans les coins d'ombre, j'écoute.
    #557375  | PERMALINK

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    kingberzerkLiebe Kollegen, muss an dieser Stelle leider eine Zäsur machen und klinke mich aus den Plaudereien einfach mal aus.

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    #557377  | PERMALINK

    kingberzerk

    Registriert seit: 10.03.2008

    Beiträge: 2,068

    Ist nicht persönlich gemeint, aber für mich wird es einfach besser sein, in diesem Bereich vielleicht mehr zu lesen und zu hören oder mich zu unterhalten.

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    #557379  | PERMALINK

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    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    kingberzerkIst nicht persönlich gemeint, aber für mich wird es einfach besser sein, in diesem Bereich vielleicht mehr zu lesen und zu hören oder mich zu unterhalten.

    Warum? Plaudereien möchtest Du nicht, aber unterhalten schon? Wie passt das zusammen?

    Ich war jedenfalls sehr froh über Deine Beiträge, wann habe ich schon mal Bernstein wieder hören wollen und ihn auch tatsächlich wieder gehört? Ich hoffe, Du schreibst hier wieder und liest nicht nur.

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