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zojiDarf ich mich im Kern bestätigt fühlen ?
Ich denke schon!
Mir ging es darum, zu erläutern, wie sich mir das heute darstellt und auf Grund welcher Infos oder Beobachtungen ich zu meinen Schlüssen kam, daher wirtschaftliches Kalkül auch nicht verwerflich (oder gar als Tod der Kunst) ansehe (hattest Du natürlich auch nicht behauptet) und da finde ich mich in Deinen Ausführungen auch wieder
Das ist alles nur gefährliches Halb-googlen von mir und darauf aufbauendes lautes Nachdenken.
Darüber hinaus berühren sie einen weiteren Punkt, der sich in meiner Wahrnehmung verändert hat. Hehre Kunst vs. schnödes Kunsthandwerk oder gar Schund existiert für mich so nicht mehr, bzw. nicht in dieser ausschließlichen Dualität, halt mit unendlichen stufenlosen Grautönen dazwischen. Und ich sehe außerstande, die Motivation eines Künstlers zweifelsfrei und auch noch anteilig korrekt zu beurteilen.
Das Thema Kunst <-> Kommerz ist sicher sehr kompliziert. Manchmal widerspricht sich das gegenseitig, manchmal ergänzt sich beides gegenseitig und manchmal wird in der Popmusik sogar mit den gegenseitigen Wechselwirkungen gespielt. Der Schund von gestern ist manchmal die Kunst von morgen.
Ich erinnere mich an Äußerungen der Fat-Possum-Inhaber, die in einem Label-Sampler mal sinngemäß schrieben, sie wollten der tourist trap side of the Blues etwas entgegensetzen. Fand ich interessant, weiß aber bis heute nicht genau, was sie konkret meinten. Vielleicht bin ich dafür auch einfach zu weit weg von der Quelle.
Fat Possum sagt mir sogar etwas, weil das Blues Rock-Duo The Black Keys ihr 2. + 3. Album darauf veröffentlicht haben. Das 2. ist ausgesprochen polterig, das dritte verkaufte sich wohl gut und dann haben die BK Fat Possum zugunsten eines Majors verlassen. Tja …
Ich kann mir vorstellen, dass FP Klischeevorstellungen von Blues umschiffen und Musiker abseits des Blues-Mainstreams (falls es sowas gibt) veröffentlichen wollte. Halb-googlen ergibt aber auch, das FP in finanzielle Schwierigkeiten geraten ist und daraufhin sein Geschäftsmodell etwas geändert hat.
Was ist das für ein Label-Sampler?
Electric Mud und weitere aus der Kategorie kenne ich selbst tatsächlich nur durch mehrmaliges reinhören (liegt aber auch schon länger zurück), aber nicht komplett, habe ich also auch nie besessen. Die Hörproben stellten für mich persönlich keinen Kaufanreiz dar. Erinnere mich aber dran, dass Howlin‘ Wolf sich mal extrem abwertend über sein eigenes Album dieser Art geäußert hat.
Ja, das war wohl so. Ich kenne nur Electric Mud und das muss man eigentlich auch etwas um-die-Ecke-gedacht hören.
Edit: Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich unterstelle jedem Musiker, das seine Motivation zuvorderst die Liebe zur Musik ist. Sogar Dieter Bohlen. Wenn sich damit Geld verdienen lässt: Umso besser! Wem es aber vor allem um die Kohle geht, der macht lieber eine Banklehre oder steigt in den Drogenhandel ein.
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Und lieg´ich dereinst auf der Bahre, dann denkt an meine Guitahre, und gebt sie mir mit in mein Grab (Der rührselige Cowboy, D. Duck)Rumgooglen ist schon mehr als ich mache, ich memoriere ja praktisch nur jahrzehntealte subjektive Eindrücke. Weiter geht’s.
Für die Gegenwart kann ich das gar nicht beantworten, weil ich das nicht mehr so verfolge, und ich benutze die Vokabel eher zurückhaltend, aber ich denke schon, dass es jedenfalls in der Vergangenheit auch immer eine Art Blues-Mainstream gab, Trends auf jeden Fall, und gerade die Zeit der Spät-80er bis weit in die 90er schien mir da recht ergiebig für Alben und Künstler die auch einen gewissen Crossover-Erfolg bei einem nicht unbedingt bluesaffinen Publikum feiern konnten. Folgende Phänomene fand ich ziemlich auffällig:
- Comeback-Alben fast vergessener Bluesgrößen im Gaststargewand (die den Gehuldigtem z.T. an Prominenz übertrafen), beginnend mit „The Healer“ von John Lee Hooker
- Muskulöser Hochglanz-Heavy-Bluesrock, von Gary Moore auf die Landkarte gesetzt
- Ein gefälliger, recht softer Akustik-Blues unter Beimischung dezenter Folk- und Popelemente mit den Galionsfiguren Keb‘ Mo und Eric Bibb
und vielleicht auch noch 4., viele sehr geleckte Soul-Blues-Alben, mit Streichern, E-Pianos, synthlastig, mit vielen Balladen und Tränenziehern. Allerdings fällt mir da kein Urknallmoment ein, auch keine Referenz-Alben und -Künstler mit Charterfolg. Vielleicht war das auch mehr eine natürliche Entwicklung seit den 60ern.
Interessant fand ich auch, dass Tina Turner noch einmal zwei Semi-Hits mit ziemlich bluesigen Kompositionen von Tony Joe White hatte, Steamy Windos und Undercover Agent For The Blues.
Durchaus denkbar, dass sich die Fat-Possum-Macher auf eine oder mehrere dieser Entwicklungen bezogen, aber das weiß ich nicht genau, vielleicht ging es ihnen auch um lokale Live-Erlebnisse? Das tourist-trap-side-of-the-Blues-Zitat müsste im Begleittext zu diesem ja auch schon programmatisch betitelten Sampler auftauchen:
oder vielleicht im Nachfolger:
Wenn Du das genau wissen willst würde ich in den nächsten Tagen noch einmal nachschauen, heute gebricht es mir dazu an Lust. Jedenfalls unterschied sich deren Programm schon deutlich von den oben skizzierten Stilen, sehr lowdown and dirty, rumpelig und räudig, teils dilettantisch und fern von Schönklang. Gleichzeitig aber auch nicht um Erneuerung verlegen, in dem sie z.B. einem eigentlich traditionellem Schlachtross wie R.L. Burnside und anderen allerlei Soundspielereien verpasst haben, die bei mir als Blues-Reaktionär natürlich unter „überflüssiger Schnickschnack“ laufen, nachzuhören eventuell auf diesem Sampler:
Ob sie in den Anfangsjahren ein reines Blues-Label waren weiß ich nicht, irgendwann jedenfalls nicht mehr. Wenn ich die Häufigkeit, mit der es mir beim stöbern begegnet als Grundlage nehme, könnte Don’t Give Up On Me von Solomon Burke ihr erfolgreichstes Album sein, sicherlich auch einer der größten, wenn nicht der größte Name in ihrem Katalog:
Ich habe sogar ein Album von einer Lady die sich nur Lissie nennt, was in den Bereich leicht zugänglichen Singer-/Songwriter-Pops fällt. Und dann gab es eben auch noch diesen Garage-Bluesrock wie etwa der Black Keys. Die mag ich eigentlich, habe sie aber nie kontinuierlich verfolgt, weshalb ich auch nur drei Alben von ihnen besitze, eines davon Thickfreakness, und etwa die gleiche Menge noch einmal irgendwann gehört habe. Eines meiner Lieblingsalben der letzten Jahre ist gleichwohl Delta Kream, was sie wiederum mit ehemaligen Label-Kollegen von Fat Possum eingespielt haben, da ging es also gewissermaßen noch einmal back to the roots.
Das die Macher mit ihrem Programm keine Reichtümer erwarben kann ich mir gut vorstellen. Frischen Wind haben sie schon gebracht und eine gewisse Wirkung entfaltet. R.L. Burnside ist der einzige Bluesmusiker den ich erstmals in einem Videoclip auf mtv registrierte. Und dann gibt es eine schöne Volte zum Ausgangspunkt unseres Austauschs. Eines meiner Lieblingsalben von Buddy Guy, Sweet Tea, hat er ebenfalls mit Musikern die vor allem für ihre Arbeit bei Fat Possum bekannt wurden aufgenommen, und zwar genau in deren derben, repetitiven North Mississippi Hill Country-Stil. Ich kenne kein Album von ihm, welches sich weiter von seinen Trademark-Sounds entfernt, keines seiner Alben klingt weniger kommerziell, das reicht bis zur Covergestaltung mit der Darstellung eines typischen Mississippi Country Shack, an Stelle des üblichen Portraits von ihm selbst. Man könnte aber auch sagen, dass er zu dem Zeitpunkt kaum ein kommerzielleres Album hätte machen können, mit wenigstens in Blueskreisen angesagten Musikern in einem trendigen Sound. Und ich habe wirklich keine Ahnung, wie sich da die künstlerische Entdeckerlust zu finanziellem Kalkül verhielt. Aber das Ergebnis zählt, und das halte ich für außerordentlich gelungen.
Komischerweise ist mir erst durch Deine Recherche und unseren Austausch bewusst geworden, dass ich auch Fat Possum gar nicht mehr verfolgt und auch Jahre kein Album von ihnen erworben habe. Ich bin da einfach nicht mehr so drin.
zuletzt geändert von zoji--
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Schlagwörter: Blues, Bluesrock, Ich höre gerade...
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