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Nein, der Unterschied ist professionell/unprofessionell. Kunst kann sowohl der Musiker als auch der Musikant hervorbringen.
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Highlights von Rolling-Stone.deWerbungDick Laurentes gibt aber auch den Unterschied zwischen Musiker und Musikanten…
Jo servus! Musikanten machen Musik mit dem Herzen, Musiker mit dem Kopf. Holla-hö-dulli-hö!:lach:
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There is a crack in everything; that's how the light gets in. (Leonard Cohen)Eigentlich gehört es ja nicht hierher, aber die Diskussion reizt mich doch ein bisschen … und das, obwohl ich kein ausgesprochener Ästhetiker bin.
mistadobalina, lane, faspotun hängen sicher einem etwas anachronistischen Kunstbegriff an, der nur mit dem Hinweis auf eine „Aura“ überhaupt haltbar erscheinen mag. Natürlich ist das über 70 Jahre nach Benjamins Aufsatz über „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ argumentativ nicht mehr möglich, sondern nur noch in romantisierender Gläubigkeit (Um Einwänden zuvor zu kommen: Man kann das wollen, aber es ist dann eben reiner Glaube).
Nichts desto weniger zeigt es offenbar ein sehr wirkungsmächtiges Bedürfnis an, wimmelt es doch gerade in Diskussionen über populäre Musik – auch hier im Forum immer wieder – beispielsweise von „Genies“, einem der klassischen romantischen Begriffe überhaupt. Ich komme später darauf noch einmal zurück.
Denn zuvor noch einen kleinen Exkurs über die „Gegenpositionen“ (ah-um, mikko). Meines Erachtens greift auch hier der Kunstbegriff viel zu kurz. So etwas wie Bohlen oder Bobo (und auch alle anderen Musik- und ähnliche Kulturphänomene) ist ja schon lange nicht mehr isoliert zu betrachten. Erwähnt sei hier stellvertretend der relativ bekannte – für mich übrigens auch schon „anromantisierte“ – Adornosche Begriff der „Bewusstseinsindustrie“. Im Zeitalter auch der „ständigen technischen Verfügbarkeit“ des Kunstwerkes, in dem wir spätestens mit dem Netz angelangt sind – was voraussichtlich im hier auch erwähnten >Streaming< kulminieren wird -, ist die Entwicklung schon wieder einen Schritt weiter. Denn längst haben die Verbreitungskanäle, die Medien, die bereits durch die Reproduzierbarkeit "entzauberten" Kunstwerke in ihrer ursprünglich elitären Bedeutung komplett demokratisiert und damit zugleich gleichgeschaltet und der Beliebigkeit anheim gegeben. Insofern sind Bohlen oder Bobo auch keine Künstler-Subjekte, die gibt es gar nicht mehr. Sie sind vielmehr Medienkonstrukte. Die Kunst ist dann nicht die Musik, sondern die Gesamtinszenierung als Event, komplett mit Blondschopf, Kleindoofie spielen, "Tanzmoves" und dem ganzen Drecksgeschwurbel eben. Bohlen ist ein Medien-Marketing-Gesamtkunstwerk, die "Musik" - das Aneinanderreihen von Tönen, wie ah-um richtig sagt - das Vehikel. Da nützt es auch nichts, drauf zu hauen mit romantischen Kunstvorstellungen oder Werten wie gut oder schlecht, denn der Erfolgreichste sagt auch deutlich, welches Kriterium diese Kunst bestimmt: Geld, Schotter, Asche. Wer das meiste hat, macht die beste Kunst, sagt Dieter. Und nicht nur er. Punkt. Was nun wäre dem noch entgegen zu setzen? Auf der Ebene der ästhetischen Theorie fällt mir nichts ein, da mag es Berufenere geben als gerade mich (siehe Einleitung). Aber in der Praxis gibt es zumindest einige interessante Phänomene. So zum Beispiel die Tatsache, dass es heute bereits Kunstwerke gibt, die nur daraus bestehen, dass irgendjemand - meist unter beliebig austauschbaren Pseudonymen wie DJ soundso - bereits vorhandene Medienware während einer Reproduktion verändert, mit anderen Fetzen mischt etc und damit im besten Fall eine neue, individuelle Originalität herstellt. Oft aber auch austauschbare Dutzendware, die ja immer wieder die Charts hochkriecht - wieviele so behandelte Ekel-"Oldies" sind euch aus dem Schleimradio im Ohr? Ein weiteres interessantes Phänomen ist die Wiederkehr der Live-Musik. Hier trifft sich objektives Bedürfnis der Musiker mit der oben erwähnten wirkungsmächtigen Sehnsucht der Menschen nach "Echtheit", Authentizität, Einmaligkeit (wie immer man es auch nennen mag). Warum objektives Bedürfnis der Musiker? In den vergangenen Jahrzehnten wurde das Geld in der populären Musik vor allem über Tonträger verdient. Auftritte und ganze Tourneen dienten dazu, den Platten- und dann CD-Verkauf anzuheizen, das neue Album zu bewerben. Dieses Verhältnis ist dabei sich umzudrehen bzw. hat sich in weiten Bereichen bereits gedreht. Der Träger (also das Verbreitungsmedium) ist kaum mehr priviligiert, sondern das Gegenteil: Das Internet ist 24 Stunden offen, für jeden anonymisiert erreichbar, tendenziell kostenfrei. Es kommt der Umschlagspunkt, an dem für den Musiker das Vor-Ort-Spielen deshalb wichtig wird, weil es eben nicht beliebig reproduzierbar ist. Ein Mensch kann zu einer Zeit nur an einem Ort sein und ist damit eingeschränkt verfügbar, "knapp". Eine knappe Ware ist teurer als die überall erhältliche. Daher verdient der Musiker heute wie die allermeisten seiner Vorfahren hier sein Brot. Unter anderem auch deshalb sind Stones-Tickets heute so teuer: Sie bürgen für Einmaligkeit (Exkurs: Die ironischerweise aber gerade von solchen wiederum in eigener Ästhetik-Tradiiton inszenierten Großevents relativ wenig bedient wird). Das wiederum wäre ein Hinweis auf die Beliebigkeit der repoduzierbaren Kunstware. Nur der individuelle Glaube erhebt die Ware zum einzigartigen, "auratischen" Kunstwerk. Und dennoch dürfte eine gewisse Schalheit bleiben - ich weiß nicht, wie es euch geht, ich vermeine manchmal, sie zu spüren. Anders beim Live-Erlebnis. Dies ist exklusiv. Jede Aufnahme davon ist defizitär zum selber Erlebten, es gibt es nur einmal, hier und jetzt. Und die Stoßseufzer auch hier im Forum - schade, dass ich nicht da sein kann (konnte) - und die Juchzer - ich freue mich schon, oh war das toll - sind die Selbstvergewisserung der Einmaligkeit. Wie auch immer: Sie zeigen die Mächtigkeit dieses Motivs in menschlichen Leben an. Jetzt habe ich mich verlaufen. Es ging um Hörgewohnheiten, richtig? Hatte ich nicht erwähnt, dass ich am aller, allerliebsten Musik live gespielt erlebe? Denn hier trennt sich für mich schnell die Spreu vom Weizen, die Kunst vom Stümpern: im auratischen Erlebnis ---- :b_boy: Ich abe fertig.
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The only truth is music.Sehr guter Beitrag, Daniel_Belsazar! Danke dafür!
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Twang-Bang-Wah-Wah-Zoing! - Die nächste Guitars Galore Rundfunk Übertragung ist am Donnerstag, 19. September 2019 von 20-21 Uhr auf der Berliner UKW Frequenz 91,0 Mhz, im Berliner Kabel 92,6 Mhz oder als Livestream über www.alex-berlin.de mit neuen Schallplatten und Konzert Tipps! - Die nächste Guitars Galore Sendung auf radio stone.fm ist am Dienstag, 17. September 2019 von 20 - 21 Uhr mit US Garage & Psychedelic Sounds der Sixties!@ Daniel:
Du hast einige Veränderungen, denen das Kunstwerk im Zeitalter der Massenkultur ausgesetzt ist, im Prinzip zutreffend beschrieben. Mir ist jedoch nicht ganz klar geworden, ob du deshalb diesen Kunstwerken ihren Kunstcharakter absprechen willst oder nicht. Ich würde das nicht tun.
Zunächst ist es alles andere als neu, dass die Kunst nach dem Brot geht. Künstler wollten und mussten zu allen Zeiten von ihrer Kunst zunächst ihren Lebensunterhalt finanzieren. Und dass einige Wenige dabei sogar richtig reich wurden, ist auch kein neues Phänomen des 20. und 21. Jhd.
Weiter trifft es sicher zu, dass gerade Popkultur dazu neigt sich als „Event“ zu inszenieren. Wenn man also eine Bobo-CD in den Händen hält, wird man nicht ganz außer Acht lassen können, dass zu einem vollständigen Bild auch die Tanzdarbietungen, Videoclips, Pyrotechnik, Bravo-Starschnitte und die Selbstinszenierung des Protagonisten in Fernsehshows etc. gehören. (Im Übrigen: Statt DJ Bobo könnte man hier auch Beatles einfügen.)
Aber das ändert mE nichts daran, dass es sich bei der CD weiterhin um ein Werk der Tonkunst handelt.
Direkt gesagt: Ich habe ein wenig den Eindruck, als hängtest du selbst noch einem romantisierenden Knstbegriff an, den du eingangs mE zu Recht selbst kritisiert hast.Und noch ein Wort zu Live-Konzert vs. Tonkonserve:
Ich denke nicht, dass man das Eine gegen das Andere ausspielen sollte. Es handelt sich um zwei unterschiedliche Formen der Musikdarbietung. Gerade bei der Popmusik dient die Tonaufnahme in der Regel gar nicht dazu, die Illusion eines Live-Konzerts im eigenen Wohnzimmer zu erwecken. Vielmehr wird ganz bewusst mit den Mitteln der Studiotechnik in die Musik eingegriffen, um ein Kunstwerk eigner Art zu schaffen.
Und dass der Genuss einer Tonkonserve anders als der eines Konzertes beliebig wiederholbar ist, betrachte ich eher als Vorteil denn als Nachteil. Es würde ja auch niemand auf die Idee kommen, Bücher deshalb gering zu schätzen, weil man sie mehrmals lesen kann (oder weil Tausende andere das gleiche Buch besitzen).--
There is a crack in everything; that's how the light gets in. (Leonard Cohen)
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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Die Hörgewohnheiten der Redaktion würden mich übrigens auch sehr interessieren.
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mkDie Hörgewohnheiten der Redaktion würden mich übrigens auch sehr interessieren.
Zusammen im verlagseigenen Swimmingpool…
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Di. & Do. ab 20.00 Uhr, Sa. von 20.30 Uhr Infos unter: [/COLOR][/SIZE]http://www.radiostonefm.deUnter Wasser? Wie im AlpaMare?
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Don't be fooled by the rocks that I got - I'm still, I'm still Jenny from the blockZurück zum Thema:
Vor einiger Zeit konsumierte ich Musik, was soviel heißen mag: Ich hörte bei vielen Gelegenheiten Musik.
Aber vom Konsumieren wieder zurück zum Geniesen zu kommen, bedarf es einigen Änderungen. Nicht jedes Album muss sofort gekauft werden. Schon gar nicht aus irgendeiner Datei heruntergeladen werden.
Das Album ansich erhält bei mir nur Wert, wenn es mit den Sinnen aufgenommen werden kann. Dabei sollten so wenig Ablenkungen, wie möglich vorhanden sein.
In völliger Ruhe, am besten im liegenden Zustand entfaltet es sich. Leicht geschwenkt oder rasant getanzt, wenn es sich eingeprägt hat. Mein Körper und mein Geist wird es erfassen, wenn beide von diesem Album oder vielleicht auch Song, erreicht wurden.
Dann stellt sich auch der Genuss ein. Die Form des Genusses wird dann zweitrangig.
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"Ich trinke gern eine Zigarette zum Kaffee." (Straßenumfrageantwort)Merlot
In völliger Ruhe, am besten im liegenden Zustand entfaltet es sich. Leicht geschwenkt oder rasant getanzt, wenn es sich eingeprägt hat. Mein Körper und mein Geist wird es erfassen, wenn beide von diesem Album oder vielleicht auch Song, erreicht wurden.Ist das jetzt schon Esoterik?
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FaspotunIst das jetzt schon Esoterik?
Mehr bewusstes Leben…
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"Ich trinke gern eine Zigarette zum Kaffee." (Straßenumfrageantwort)Merlot
Dann stellt sich auch der Genuss ein. Die Form des Genusses wird dann zweitrangig.
Mit dieser Aussage habe ich Schwierigkeiten…erklär mal bitte.
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Merlot
In völliger Ruhe, am besten im liegenden Zustand entfaltet es sich. Leicht geschwenkt oder rasant getanzt, wenn es sich eingeprägt hat. Mein Körper und mein Geist wird es erfassen, wenn beide von diesem Album oder vielleicht auch Song, erreicht wurden.Dann stellt sich auch der Genuss ein. Die Form des Genusses wird dann zweitrangig.
Musik verkäuft dir ebenso, wie fast alles in dieser Zeit. Nenn es einen Traum, nenn es ein Gefühl, nenn es, wie immer du willst…
NesMit dieser Aussage habe ich Schwierigkeiten…erklär mal bitte.
Der Genuss kommt, wann immer du es willst und vorallem genau, was du willst. Tränen vielleicht? Lachen vielleicht? Nachdenken vielleicht? Die Form ist unerheblich, da ja du weißt, was dir dieses Album oder Song bringt.
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"Ich trinke gern eine Zigarette zum Kaffee." (Straßenumfrageantwort)Auf dem Weg zur Arbeit im Auto höre ich meistens härtere Musik. Zuhause wird dann eher die ruhigere, gediegenere Mucke eingelegt, da ich dort nicht immer so aufdrehen kann wie ich will. Mit Familie muss man(n) flexibel sein.
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MerlotMusik verkäuft dir ebenso, wie fast alles in dieser Zeit. Nenn es einen Traum, nenn es ein Gefühl, nenn es, wie immer du willst…
Der Genuss kommt, wann immer du es willst und vorallem genau, was du willst. Tränen vielleicht? Lachen vielleicht? Nachdenken vielleicht? Die Form ist unerheblich, da ja du weißt, was dir dieses Album oder Song bringt.
Versteh Dich immer noch nicht…ausser dem letzten Satz , dass ich weiss, was mich auf welchem Album erwartet.
Einer von uns beiden denkt abstrakt.--
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