Heinz Rudolf Kunze

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    kritikersliebling

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    Wie heißen Sie denn nun wirklich?
    Walter Möppich

    Heinz-Rudolf Kunze – Gute Unterhaltung

    Akrobat
    […]
    Akrobat, du machst ihnen Spaß,
    den Clowns mit dem gräßlichen Lachen.
    Akrobat, gefundener Fraß,
    sie gaffen mit offenem Rachen.
    Akrobat, du Topsensation,
    die Angst kommt in gierigen Wellen.
    Akrobat, sie sehen dich schon
    im Sand der Arena zerschellen.
    […]

    Kommentar:
    Ein Bild. Zirkus, der traurige Clown, der ewig falsch verstandene. Ein ruhiger Albumauftakt, mit Geräuschen aus dem Zuschauerraum, Trompeten, die klingen, als ob sie sich einspielen. Schlagzeug beginnt, Akustik-Gitarre gibt das Thema vor und dann kommt der ganze Rest. Und das beste: Hier ist HRK ganz nah dran. Nehme man es als Unglücklich sein mit der eigenen Situation, wird der Text entzerrt und zeigt das seltene Gesicht des anderen Heinz’. Sehr sympathisch.

    Größer als wir beide
    […]
    Was heut mit uns geschah,
    war größer als wir beide.
    Wir stürzen in den Himmel,
    verwandelt und vertraut.
    Was heut mit uns geschah,
    war größer als wir beide:
    Die Landebahn in Flammen
    tief unter unsrer Haut.
    Mich rufen fremde Länder,
    doch ich bleib nicht lang.
    Hör meinen leisen Sender,
    geh auf Empfang.
    Behalt die Nacht im Auge,
    denk an mich.
    Das kleine Licht im Anflug,
    das bin ich.
    […]

    Kommentar:
    Wieder so ein Liebeslied, dass den Namen zurecht verdient. Euphorische Musik, überdreht, elektrisiert, Überschwang, grenzenlose Weite, mehr Worte essen, oh wie kann ich das nachvollziehen. Da steht man in der Fußgängerzone der eigenen Gefühle und jauchzt, dass es nur so eine Freude ist. So trivial, so wunderbar.

    Alles was sie will
    Ich bin erschüttert vor Glück,
    wenn ihre Haut mich streift.
    Ich möcht versinken im Meer,
    damit sie nach mir greift.
    Der halbe Himmel stürzt ein,
    wenn sie mich sturmreif küßt.
    Ich hatte immer geglaubt,
    ich wüßte wie das ist.
    Alles was sie will,
    ich geb ihr alles was sie will,
    sie sitzt am längeren Hebel.
    Mein Herz hat Bodennebel,
    wenn sie mich vergißt.
    […]

    Kommentar:
    Was ist denn bloß los? Noch ein Liebeslied, noch mal trivial, diesmal etwas devot, aber nicht peinlich. Es klingt nicht nach Schlager, nicht nach Rockmusik. Bedingungslos gibt er sich einem Gefühl in der letzen Strophe hin und wenn er mich jetzt belügt, dann macht er es gut. Keine Worthülsen, keine verquasten Denkspiele, gerade heraus. Mutmachend, mitreißend, begeisternd und den Wunsch nach eigenem Erleben fördernd. Alles was sie will ist alles was ich will.

    Ich hab's versucht
    Ich war und bin und bleib für immer
    ohne dich verloren.
    Du hast mir meinen Kopf erklärt,
    mich noch mal neu geboren.
    Die Klinge, über die ich springe,
    hab ich selbst geschliffen.
    Das alles hab ich viel zu spät
    und nur durch dich begriffen.
    Ich hab versucht, nicht mehr von mir
    zu halten als versprochen.
    Ich hab dir jeden Eid geschworn
    und irgendwann gebrochen.
    Du ruhst auf mir wie Sonnenlicht,
    du weißt, wozu ich tauge.
    Ich hab versucht, dir Glück zu bringen
    und war dein Dorn im Auge.
    Ich hab's versucht,
    Gott weiß, ich hab's versucht.
    Es war nicht leicht.
    Nicht immer hat's gereicht.
    Wenn ich allein vor Menschen steh,
    vergeß ich, was ich sage.
    Du bist mein letzter fester Halt
    im Supermarkt der Tage.
    Wo soll ich hin, was wird aus mir,
    wenn's dich für mich nicht gibt?
    Warum verletzt man immer die
    am meisten, die man liebt?
    Ich hab's versucht,
    Gott weiß, ich hab's versucht.
    Es war nicht leicht.
    Nicht immer hat's gereicht.
    Ich hab's versucht,
    Gott weiß, ich hab's versucht.
    Ich werd dir treu.
    Bleib bei mir,
    bleib bei mir und verzeih.

    Kommentar:
    Was für ein Intro, wie verschwenderisch hier in Melodien geschwelgt wird. Hier ist der Deutschrock zuende. Die dumpfe anlastende Plumpheit fällt durch die ersten Klaviertöne ab und so wird der Weg frei für einen der schönsten Songs, die ich je gehört habe. Schade, dass hier der Text kein Happy End bereit hält. Er hat mich manches mal schon inspiriert, meine eigene kleine Welt erklärt und einmal, einmal lief er nachts im Radio und ich war auf dem Weg nach Leipzig und es war keine da, die mir verzeihen sollte. Welch eine Verschwendung.

    Heul mit den Wölfen
    Wie fühlt man sich als Schnee von morgen?
    Als Bombe, die nicht richtig tickt?
    Als Teilchen ohne Masse,
    als Bester ohne Klasse,
    als Welt, die nicht das Licht erblickt?
    Dein Feuerschiff ist fast schon gesunken.
    Ein Sägefisch umkreist deinen Sitz.
    Lach immer zuletzt!
    Denn wenn's dich vorher zerfetzt,
    verstehst du nicht den wirklichen Witz.
    Heul mit den Wölfen.
    Streich um die Häuser.
    Warte in der Winterwelt,
    bis irgendwer vom Schlitten fällt.
    Dann faß!
    Versuch mal dein Gesicht zu verlieren.
    Komm endlich aus der Jungfernhaut raus!
    Du läßt es einfach liegen,
    im Herrenklo, vorm Fliegen,
    und setz bloß keinen Finderlohn aus.
    Verschreibe deinem Schmerz Tempo Hundert,
    sonst macht statt dir der Doktor den Schnitt.
    Den Kopf hoch von der Schiene!
    Mach endlich gute Miene,
    mach endlich ohne Handbremse mit!
    […]
    Was hast du davon, dir in einsamer Unschuld
    die schweißnassen Hände zu reiben?
    Gib's zu, du warst immer ein schlechter Verlierer.
    Warum läßt du's dann nicht einfach bleiben?
    […]

    Kommentar:
    Rocksong mit Lebenshilfe überzogen. Und auch hier nicht der Lyriker, sondern der songdienliche Texter. Und auch hier finde ich nichts, was aufgesetzt oder peinlich klingt. Im Gegenteil, selbst der Gesang ist aggressiv, als ob es ihn aufregt, als müsste er sich befreien von dieser Aufregung, diesem Schneckenhaus, in dem jemand sitzt, der nichts aus sich macht. Und im Gegensatz zur Strophe eine Melodie, nur ganz kurz, aber treffend.

    Gute Unterhaltung
    Den Bundesadler trifft der Schlag:
    Was blubbert da im Bundestag?
    Wo nimmt man neue Russen her?
    Was lernt man bei der Bundeswehr?
    Was wird aus unserm Kontinent?
    Was mach ich, wenn mein Flugzeug brennt?
    Man weiß nicht, was man sagen soll.
    Am besten nur noch: Ah ja, toll.
    Kein Problem! Gute Unterhaltung!
    Kein Problem! Kein Problem!
    Wer hat denn dieses Loch bestellt?
    Was raten wir der Dritten Welt?
    Was steht in unserm Horoskop?
    Was schäumt denn da im Biotop?
    Ein Männlein steht im Regenwald.
    Hau ab, sonst wirst du abgeknallt.
    Ein Tanker fährt nach Nirgendwo.
    Der Kapitän hört Radio.
    Macht nichts! Macht nichts! Einer geht noch rein!
    Liebe deinen Nächsten, denn es kann der Letzte sein!
    Macht nichts! Macht nichts! Alles halb so wild!
    Sind wir noch auf Sendung? Sind wir noch im Bild?
    Kein Problem! Gute Unterhaltung!
    Kein Problem! Kein Problem!
    Keine Bewegung! Beat-Polizei! Die Abfahrkarten bitte!
    Wie schwarzbraun ist die Haselnuß?
    Wer sagt, daß ich die schlucken muß?
    (Oberlehrer! Einzelgänger!)
    Wenn ich was seh, was du nicht siehst,
    bin ich dann der, den keiner grüßt?
    (Spielverderber! Rattenfänger!)
    (Besserwisser! Außenseiter!
    Störenfried! Prinzipienreiter!)
    Kein Problem! Gute Unterhaltung!
    Kein Problem! Kein Problem!
    Kein Problem! Gute Unterhaltung!
    Kein Problem! Kein Problem!

    Kommentar:
    Wenn HRK versucht den Komödianten zu machen, wirkt es oft so plakativ. Dann muss alles eins sein. Der Text und die Musik. Gegensätzlich würde es vielleicht besser passen. Der gesamte Text spiegelt die Benommen- und Verkommenheit der 80er-Jahre-Gesellschaft wider. Madame Tessier, Kalter Krieg, Ozon, Tagesgeschehen, Weltnachrichten. Und anklagend wünscht er gute Unterhaltung. Dass muss ich heute nicht mehr gut finden, dafür ist der Text auch nicht zeitlos genug, aber als Spiegel für eine kurze Ära gut zu erkennen. Oberlehrer, Einzelgänger…hahaha.

    Den Bach runtergehn
    Im Asphalt sind Befehle,
    die lesen deine Räder, wenn du drüberrollst.
    Sie funktionieren wie Hypnose:
    Beim Fahren lernst du, was du tun und lassen sollst.
    Es beginnt an den Rändern:
    Schamanen lesen Knochenwurf und Vogelflug.
    Es wird alles verändern.
    Die Schlachtenbummler springen auf den letzten Zug.
    Laß uns den Bach runtergehn,
    endlich den Bach runtergehn.
    Wir wollen ins Meer,
    denn da kommen wir her.
    Laß uns kein Land mehr sehn.
    […]

    Kommentar:
    Ein Lied, dass ich gern überhöre, mir was zu trinken hole, mich „frisch mache“ oder die CD wechsele. So schön das Bild mit den lesenden Rädern auch ist, hier schreibt einer nur für sich selbst. Und im Refrain für 7000 aus der Grugahalle: Lass uns den Bach runtergehen. Früher gab es mal Sticker: Ich geh kaputt, kommste mit?! Meint er das? Nur ein Wortspiel. Die Musik ist lange Zeit gut, zum Schluß noch ein Basssolo, das allerdings nicht wirkt, wenn man sagt, dass nur ein Basssolo gibt, das jemals so genannt werden darf. Ich meine das Solo aus „You Can Call Me Al“.

    Männergebet
    Schick mir kein blutjunges Ding rauf
    das mir Karnickelaugen macht
    Blutjunge Dinger ha´m Angst vor mir
    schick mir ´ne Hure heut nacht.
    Schick mir kein einsames Herzchen
    das an den falschen Stellen lacht
    Schick mir kein erstes Erlebnis
    schick mir ´ne Hure heut nacht.
    Neulich war eine mit mir auf´m Zimmer, oh Gott.
    Von Stunde zu Stunde wurde sie schlimmer, oh Gott.
    Sie wollte bloß reden, über den Krieg, Gott.
    Ich sagte: laß mich zufrieden mit dem Krieg.
    Schick mir keine mit ´ner Brille.
    Ich will keine, die zu schlau ist
    Sag: alles klar, es geschehe dein Wille.
    Schick mir eine, die ´ne Frau ist.
    Gott, hör mein Gebet.
    Oh Gott, hör mein Gebet.
    Gott, hör mein Gebet.

    Kommetar:
    Ich kann mir vorstellen, dass es Menschen gibt, die so eine Offenheit mögen. Hier kommt HRK in fleischiger Wollust, billig muss es sein, nicht extravagant. Gewöhnlich, sich über den Dingen stellend, in dem er erniedrigt. Dazu schwüle Musik, die eigentlich nur Teppich ist. Ein Gebet ist kein Lied und ich hoffe, dass er das nur im Auftrag seines Alter Ego geschrieben hat.

    Die langen Messer der Nacht
    Die Männer nach links
    die Frauen nach rechts
    zur Mitternachtsparty
    des Menschengeschlechts
    Die Kleider hier abgeben
    Tempo loslos
    der Abgang ist einfach
    der Andrang ist groß
    Der Kellner ist jung
    die Kassiererin kühl
    der DJ ist grausam
    der Dealer hat Stil
    […]
    Gedächniskontrolle
    Rücken zur Wand
    Kopf in den Sand
    Herz in die Hand
    Das Schlagzeug marschiert
    wie die Sechste Armee
    bis zum bitteren Ende
    und es tut gar nicht weh
    OBJEKT ZEICHNET
    OPEN FIRE
    DIRECT HIT
    MISSION TERMINATED
    GAME OVER
    Die langen Messer der Nacht
    Die langen Messer der Nacht

    Kommentar:
    Da ist wieder viel Sound, von „Dein ist mein ganzes Herz“, aber die Musik ist dräuender, der Text alles andere als herzlich und scheinbar wieder überfrachtet. Bilder werden transportiert. Ein interessanter Ansatz ein Live-Konzert mit Duschen zu vergleichen. Die Führungsmöglichkeit und Berechenbarkeit der Massen ist immer ein Gräuel. Die Musik ist hier nur ein Träger. Gedächniskontrolle für einen Mit-Sing-Teil im Song ist klasse, ist verachtend, ist die Rückmeldung eines Impuls.

    Du erwartest ein Kind
    Ich bin nun eine Woche lang alleine.
    Die Zeit ist unwahrscheinlich schnell vergangen.
    Schon Montag warf ich nach der Sonne Steine,
    hab ich dich zu vergessen angefangen.
    Seit einer Woche gieße ich die Pflanzen
    und gebe den verschlafnen Katzen Futter.
    Ich kauf nicht ein, ich gehe auch nicht tanzen.
    Am Telefon ist meistens meine Mutter.
    Du erwartest ein Kind,
    du erwartest
    immer zuviel von mir,
    immer zuviel von mir.
    […]
    Bridge:
    Wenn du noch einen Tag länger
    dageblieben wärst,
    hätten wir uns an der Zimmerluft zerrieben.
    Jede kleinste Fortbewegung
    wie ein Brustschwimmzug im Teer.
    Du bist keinen Tag länger dageblieben.
    Du erwartest ein Kind,
    du erwartest
    immer zuviel von mir,
    immer zuviel von mir.

    Kommentar:
    Die erste Strophe und der Refrain hätten gereicht, um als Mantra abgedruckt in unserem Flur zu hängen. Was dann folgt sind Wortspiele, durchaus gelungen, aber mich als Hörer verwirrt es in dem Zusammenhang. Konfusion der Einschätzungsfähigkeit? Und die Bridge, wie Sonnenstrahlen, die durch ein Fenster scheinen, Staub steht in der Luft, schwarz-weiß, Erinnerungen aus „Ansichten eines Clowns“. Warum bleibt HRK nicht bei sich selbst. Stattdessen versucht er einen Song über den flüchtenden Vater, aus Angst vor Verantwortung. Verantwortung macht groß, nicht klein, Herr Kunze und es darf keine Entschuldigungen für Schwäche geben. Nicht bei Ihnen.

    Götter in Weiß
    Das Auge des Glaubens
    und das Auge der Gier
    einander im Wahn gegenüber – – –
    „Chef, sie opfern Menschen her!“
    „Na und? Was wär dir lieber?“
    Eure Segel erscheinen
    auf der Schneide des Meers,
    an dessen Ufern die Friedlichen wohnen.
    Sie beten euch an.
    Und noch während sie singen,
    sprechen schon eure Kanonen.
    Nach Gewürzen gesucht,
    und gefunden wird Gold –
    alle Spuren so fremd, frisch und heiß.
    Schlechte Karten gehabt,
    trotzdem alles gewonnen:
    Typisch Götter in Weiß.
    Götter in Weiß
    haben traurige Erde
    mit Blut in allen Farben befleckt,
    für Kaiser und Kirche, für Fortschritt und Freiheit
    den Rand der Welt entdeckt.
    Götter in Weiß,
    Herren der Schöpfung,
    todesängstlich starkes Geschlecht.
    Jenseits der Liebe fühlt ihr Verlangen,
    zu lieben gerade die, die ihr brecht.
    Unendlich erfolgreich,
    dem Siegen verfallen,
    kein Fleck blieb vor euch lange verschont.
    Kein Abgrund der Tiefsee,
    kein Fels in den Wolken,
    kein Grashalm und kein Staubkorn vom Mond.
    Kantiges Kinn,
    stechender Blick,
    maßlose Ziele hinter eisiger Stirn.
    Am Anfang das Wort,
    danach gleich der Mord.
    Inzwischen plündert ihr das eigene Hirn.
    AMERIKA
    hat noch keiner entdeckt,
    es ist nicht von dieser Welt.
    Das, was ihr Götter „Amerika“ nennt,
    ist nur ein Indien mit Geld.
    Götter in Weiß,
    betet für euch,
    besser, wenn ihr büßt und bereut.
    Schlechte Zeiten für Täter. Eher früher als später
    hat die Menschheit sich von Monstern befreit.

    Kommentar:
    Eine kritische Betrachtung des großen Bruders, der das Bild Deutschlands stark verändert und geprägt hat. Ein Land, dass eine Filiale in Europa unterhält und manipulieren möchte. HRK ist in eigenen Worten auf seiner Homepage besonders stolz auf diesen Text. Da wird deutlich, dass jeder einen anderen Auftrag hat und dieser wiederum jeweils anders gesehen wird. Die Musik ist Kunze/Lürig typisch hymnenhaft, verspielt, aufgeladen und aufgebläht, um der Wichtigkeit zum Schluss wie in Hollywood Filmen dramaturgisch die Ohren frei zu blasen. Ganz großes Orchester.

    Und wieder eine Unerwartung. Dieses Album hatte ich bislang nicht so stark eingestuft, aber es ist textlich und musikalisch ein besseres Rockalbum, als „Dein ist mein ganzes Herz“. Auf „Gute Unterhaltung“ ist Kunze gut und er unterhält gut. Unbedingt wieder anhören, älter werden und weise sein.
    Eine Sache erwähnt HRK auch noch auf seiner Homepage: Dieses Album hat mit Abstand das schlechteste Cover aller seiner Alben. In der Tat und wie recht Sie haben. Sonst hätte ich es geschrieben. Vielleicht wäre hier nackt oder nur Gitarre oder nur Brille oder nur Zigarillo angebracht gewesen. Vier Sterne nach neuerlicher Einschätzung.

    --

    Das fiel mir ein als ich ausstieg.
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    #933537  | PERMALINK

    moontear

    Registriert seit: 20.12.2002

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    Originally posted by KritikersLiebling@19 Jun 2004, 11:15
    Und wieder eine Unerwartung. Dieses Album hatte ich bislang nicht so stark eingestuft, aber es ist textlich und musikalisch ein besseres Rockalbum, als „Dein ist mein ganzes Herz“. Auf „Gute Unterhaltung“ ist Kunze gut und er unterhält gut. Unbedingt wieder anhören, älter werden und weise sein.
    Eine Sache erwähnt HRK auch noch auf seiner Homepage: Dieses Album hat mit Abstand das schlechteste Cover aller seiner Alben. In der Tat und wie recht Sie haben. Sonst hätte ich es geschrieben. Vielleicht wäre hier nackt oder nur Gitarre oder nur Brille oder nur Zigarillo angebracht gewesen. Vier Sterne nach neuerlicher Einschätzung.

    Sehr schöne Skizzierung. „Gute Unterhaltung“ gehört zu den Gründen, warum ich Kunze immer noch mag, trotz des Mists den er in den letzten Jahren vermehrt verzapft hat. Viele wirklich starke Stücke, okay ein paar Füller, aber die Qualität überwiegt.
    Die vier Sterne gehen voll in Ordnung.

    und es ist wirklich das scheusslichste Cover :P

    --

    If I'd lived my life by what others were thinkin', the heart inside me would've died.[/FONT] [/SIZE][/FONT][/COLOR]
    #933539  | PERMALINK

    moontear

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    Beiträge: 14,237

    Originally posted by KritikersLiebling@19 Jun 2004, 11:15
    Männergebet
    Schick mir kein blutjunges Ding rauf
    das mir Karnickelaugen macht
    Blutjunge Dinger ha´m Angst vor mir
    schick mir ´ne Hure heut nacht.
    Schick mir kein einsames Herzchen
    das an den falschen Stellen lacht
    Schick mir kein erstes Erlebnis
    schick mir ´ne Hure heut nacht.
    Neulich war eine mit mir auf´m Zimmer, oh Gott.
    Von Stunde zu Stunde wurde sie schlimmer, oh Gott.
    Sie wollte bloß reden, über den Krieg, Gott.
    Ich sagte: laß mich zufrieden mit dem Krieg.
    Schick mir keine mit ´ner Brille.
    Ich will keine, die zu schlau ist
    Sag: alles klar, es geschehe dein Wille.
    Schick mir eine, die ´ne Frau ist.
    Gott, hör mein Gebet.
    Oh Gott, hör mein Gebet.
    Gott, hör mein Gebet.

    Kommetar:
    Ich kann mir vorstellen, dass es Menschen gibt, die so eine Offenheit mögen. Hier kommt HRK in fleischiger Wollust, billig muss es sein, nicht extravagant. Gewöhnlich, sich über den Dingen stellend, in dem er erniedrigt. Dazu schwüle Musik, die eigentlich nur Teppich ist. Ein Gebet ist kein Lied und ich hoffe, dass er das nur im Auftrag seines Alter Ego geschrieben hat.

    Das Stück ist meines Erachtens nur eine Eindeutschung von Randy Newmans „Lover's Prayer“ (12 Songs), nur das Kunze noch deutlicher wird (etwas unnötig…)

    Don't send me no young girl to love me
    With their eyes shinin' bright
    All the young girls are afraid of me
    Send me a woman tonight

    --

    If I'd lived my life by what others were thinkin', the heart inside me would've died.[/FONT] [/SIZE][/FONT][/COLOR]
    #933541  | PERMALINK

    moontear

    Registriert seit: 20.12.2002

    Beiträge: 14,237

    Originally posted by KritikersLiebling@19 Jun 2004, 11:15
    Ich hab's versucht
    Ich war und bin und bleib für immer
    ohne dich verloren.
    Du hast mir meinen Kopf erklärt,
    mich noch mal neu geboren.
    Die Klinge, über die ich springe,
    hab ich selbst geschliffen.
    Das alles hab ich viel zu spät
    und nur durch dich begriffen.
    Ich hab versucht, nicht mehr von mir
    zu halten als versprochen.
    Ich hab dir jeden Eid geschworn
    und irgendwann gebrochen.
    Du ruhst auf mir wie Sonnenlicht,
    du weißt, wozu ich tauge.
    Ich hab versucht, dir Glück zu bringen
    und war dein Dorn im Auge.
    Ich hab's versucht,
    Gott weiß, ich hab's versucht.
    Es war nicht leicht.
    Nicht immer hat's gereicht.
    Wenn ich allein vor Menschen steh,
    vergeß ich, was ich sage.
    Du bist mein letzter fester Halt
    im Supermarkt der Tage.
    Wo soll ich hin, was wird aus mir,
    wenn's dich für mich nicht gibt?
    Warum verletzt man immer die
    am meisten, die man liebt?
    Ich hab's versucht,
    Gott weiß, ich hab's versucht.
    Es war nicht leicht.
    Nicht immer hat's gereicht.
    Ich hab's versucht,
    Gott weiß, ich hab's versucht.
    Ich werd dir treu.
    Bleib bei mir,
    bleib bei mir und verzeih.

    Kommentar:
    Was für ein Intro, wie verschwenderisch hier in Melodien geschwelgt wird. Hier ist der Deutschrock zuende. Die dumpfe anlastende Plumpheit fällt durch die ersten Klaviertöne ab und so wird der Weg frei für einen der schönsten Songs, die ich je gehört habe. Schade, dass hier der Text kein Happy End bereit hält. Er hat mich manches mal schon inspiriert, meine eigene kleine Welt erklärt und einmal, einmal lief er nachts im Radio und ich war auf dem Weg nach Leipzig und es war keine da, die mir verzeihen sollte. Welch eine Verschwendung.

    Vielleicht das beste Lied von Kunze.
    Man kann es vielleicht als etwas deplatziert ansehen zwischen den beiden Songs davor und danach. Das mindert die Qualität aber nicht wirklich.

    --

    If I'd lived my life by what others were thinkin', the heart inside me would've died.[/FONT] [/SIZE][/FONT][/COLOR]
    #933543  | PERMALINK

    kritikersliebling

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    @ moontear
    Die vier Zeilen von Randy Newman finde ich aber treffender – besser.
    Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich HRK an der Stelle noch ganz anders abgewatscht. So dachte ich, es wäre mal wieder sein Ding. Naja, ich kann auch nicht alles kennen.

    --

    Das fiel mir ein als ich ausstieg.
    #933545  | PERMALINK

    moontear

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    Originally posted by KritikersLiebling@19 Jun 2004, 11:50
    @ moontear
    Die vier Zeilen von Randy Newman finde ich aber treffender – besser.
    Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich HRK an der Stelle noch ganz anders abgewatscht. So dachte ich, es wäre mal wieder sein Ding. Naja, ich kann auch nicht alles kennen.

    Ja, Kunze hat diesen feinen Sarkasmus und dezenten Zynismus längst nicht so gut drauf wie sein Vorbild Newman.

    --

    If I'd lived my life by what others were thinkin', the heart inside me would've died.[/FONT] [/SIZE][/FONT][/COLOR]
    #933547  | PERMALINK

    kritikersliebling

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    Originally posted by Moontear@19 Jun 2004, 11:48
    Vielleicht das beste Lied von Kunze.
    Man kann es vielleicht als etwas deplatziert ansehen zwischen den beiden Songs davor und danach. Das mindert die Qualität aber nicht wirklich.

    Ja, so eine textliche Dichte und straighte Formulierung hat er selten. Einzeln betrachtet ein herrliches Lied. Punkt.

    --

    Das fiel mir ein als ich ausstieg.
    #933549  | PERMALINK

    kritikersliebling

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    Originally posted by Moontear@19 Jun 2004, 11:52
    Ja, Kunze hat diesen feinen Sarkasmus und dezenten Zynismus längst nicht so gut drauf wie sein Vorbild Newman.

    Aber das merkt man doch. Ich würde mir auch nicht anmassen Tom Waits-Texte zu übersetzen, ohne den Kern zu treffen.
    Diese vier Zeilen von Newman reichen mir aus, um es als wahres, ja wenn es denn so heißen soll, obwohl ich Lovers Prayer wesentlich poetischer finde, Männergebet zu verstehen.
    Aber so wie Kunze textet passt Männergebet wieder besser. Es ist ein Kreuz mit diesen Interpretationen. Wir brauchen mehr Text auf dem Monitor.

    --

    Das fiel mir ein als ich ausstieg.
    #933551  | PERMALINK

    moontear

    Registriert seit: 20.12.2002

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    Originally posted by KritikersLiebling@19 Jun 2004, 12:04
    Ja, so eine textliche Dichte und straighte Formulierung hat er selten. Einzeln betrachtet ein herrliches Lied. Punkt.

    Genau!

    --

    If I'd lived my life by what others were thinkin', the heart inside me would've died.[/FONT] [/SIZE][/FONT][/COLOR]
    #933553  | PERMALINK

    moontear

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    Lover's Prayer

    Don't send me no young girl to love me
    With their eyes shinin' bright
    All the young girls are afraid of me
    Send me a woman tonight
    Don't send me no hand-holdin' baby
    'Cause I been with babies before
    Don't send me nobody that's crazy
    Don't send me no young girls no more
    I was entertaining a little girl in my rooms, Lord
    With California wines and French parfumes, Lord
    She started to talk to me about the War, Lord
    I said, „I don't want to talk about the War.“
    Don't send me nobody with glasses
    Don't want no one above me
    Don't send nobody takin' night-classes
    Send me somebody to love me
    Please answer my prayer
    Please answer my prayer
    Please answer my prayer

    --

    If I'd lived my life by what others were thinkin', the heart inside me would've died.[/FONT] [/SIZE][/FONT][/COLOR]
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    moontear

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    Ist ja eigentlich geistiger Diebstahl.
    Im Booklet wird Kunze für Text und Musik aufgeführt.
    In der Danksagung heißt es zwar, „Herrn Neumann für die Anregung zum „Männergebet““, aber das ist ja wohl etwas mehr als eine Anregung gewesen.

    --

    If I'd lived my life by what others were thinkin', the heart inside me would've died.[/FONT] [/SIZE][/FONT][/COLOR]
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    kritikersliebling

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    Frechheit und kein Einzelfall, denn BAP haben das auf „Affrocke“ mit „Wat ess“ genauso gebracht. Keine Danksagung an Dylan für „Ballad Of A Thin Man“. Ich war jedenfalls sauer, als ich es merkte.

    Den Newman-Text wickel ich mir jetzt in Samt ein und trage ihn mit mir herum. Vielen Dank!

    --

    Das fiel mir ein als ich ausstieg.
    #933559  | PERMALINK

    moontear

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    Originally posted by KritikersLiebling@19 Jun 2004, 13:40
    Frechheit und kein Einzelfall, denn BAP haben das auf „Affrocke“ mit „Wat ess“ genauso gebracht. Keine Danksagung an Dylan für „Ballad Of A Thin Man“. Ich war jedenfalls sauer, als ich es merkte.

    Den Newman-Text wickel ich mir jetzt in Samt ein und trage ihn mit mir herum. Vielen Dank!

    Andererseits ist es auch dermaßen offensichtlich und bei Niedeckens Dylan-Beweihräucherung.

    „Wie 'ne Stein“ ist ja auch ganz klar ein Dylan-Rippoff, im Original „Blowin' in the Wind“ :P

    --

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    kritikersliebling

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    Originally posted by KritikersLiebling@19 Jun 2004, 13:40
    Frechheit und kein Einzelfall, denn BAP haben das auf „Affrocke“ mit „Wat ess“ genauso gebracht. Keine Danksagung an Dylan für „Ballad Of A Thin Man“.

    Oh Mann, da soll einer durchsteigen: „Affjetaut“ natürlich.

    --

    Das fiel mir ein als ich ausstieg.
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    kritikersliebling

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    Originally posted by Moontear@19 Jun 2004, 13:45
    Andererseits ist es auch dermaßen offensichtlich und bei Niedeckens Dylan-Beweihräucherung.

    „Wie 'ne Stein“ ist ja auch ganz klar ein Dylan-Rippoff, im Original „Blowin' in the Wind“  :P

    Nicht verwirren, es lesen auch Unwissende mit: „Like A Rolling Stone“ und hier wird Dylan als Komponist angegeben.
    Gerade fällt mir Thomas „50 Jahre Gummi'n Roll“ Gottschalk wieder ein, der in der Sendung eine nicht gebaute Brücke von Dylan zu BAP zum Einsturz brachte. Scheiß Gedächnis.

    Abstellen.

    --

    Das fiel mir ein als ich ausstieg.
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