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Das Cover! Barack Obama mit den Stars’n’Stripes im Hntergrund. Das Booklet! Im Stile einer Gebrauchsanweisung für ein Haushaltsgerät aufgemacht mit all den Symbolen und Gliederungselementen, die man dort auch findet. Und natürlich mit den Texten. Der Inhalt! 10 neue Songs, knapp 40, äußerst kurzweilige und inspirierende, Minuten voll reicher Musik von ERDMÖBEL und Markus Berges‘ unnachahmlichen Texten.
Es gab schon einen umwerfenden Vorabtrack im alten Jahr: „Hoffnungsmaschine“, mit Heldin Judith Holofernes. Der beste deutschsprachige Reggae-Pop-Track seit „Time Is Cash, Time Is Money“ aus der gleichen Stadt, aber von der anderen Band. Mit Worten, die tatsächlich berühren und ein wenig Hoffnung machen. Und unter Berücksichtigung der Erkenntnis, dass Judith einfach am tollsten klingt, wenn man sie kurze Worte mit dem „ö“ als Vokal singen lässt. Dazu ein Video, wo die Band zusammen mit ihrer Gastsängerin auf dem Kölner Ebertplatz eine Maschine präsentiert, die Faschisten tötet und trotzdem keine Gitarre ist, und die Menschen dort glücklich macht.
Los geht es aber erst mal mit „Ich bleibe jung“ – es geht um Mixtape-Botschaften, Sonnenbrillen, Punkrock und Stadtverwaltung. Dazu hört man die Säbel aneinander reiben und die Gitarre, bzw. mehrere Gitarren, so wie überhaupt das ganze Album viel mehr von E-Gitarren dominiert ist als die letzten Werke. Ekki Maas, der die Band wieder produziert, war früher der maßgebliche Gitarrist der Band, aber wechselte dann auf die Bassistenposition und zwar nicht als Notlösung, sondern mit Ausrufezeichen. Sein sowohl von McCartney als auch Rick Danko beeinflusste Spiel hob die Arrangements der Band auf ein neues Level mit dem Preis, dass er damit als Gitarrist auf der Bühne nicht mehr zur Verfügung stand. Auf diesem Album scheint er wieder sehr viel mehr auf der Gitarre gemacht zu haben, aber sie werden sicher auch mit ihm am Bass live die neuen Songs überzeugend bringen.
Song Nummer drei ist dann „Tutorial“ – eine grandiose musikalische (und vor allem textliche) Transformation eines youtube-Tutorials für Schauspieltränen in einen Song. Unglaublich authentisch („Ihr wunderbaren Leute…“), mit absurden Superlativen („verwüstetesten“, „absoluteste“) und mit hohlen Phrasen, die man wohl nur in online-Tutorials findet. Und trotzdem hat die Nummer einen völlig ernsten Kern und offenbart einen durchaus nachvollziehbaren Ansatz. Große Kunst für wenig Geld. Mit „Veloso Bar“ folgt der nächste Höhepunkt. Bossa nova trifft funky Clavinet, die Breaks sitzen alle und es braucht nicht viele Worte um feinstes Kopfkino zu produzieren. Danach gibt es gar fast schon stonesige Rhythmusgitarren in „Erschlagt die Armen“ – leider wird hier das Kopfkino sehr eng angeleitet und die Gewalt fast tarantinohaft zelebriert – die Nummer bleibt als einzige auf dem Album irgendwie unstimmig.
Der Titeltrack „Hinweise zum Gebrauch“ bringt in den Strophen einige Zeilen, die ich nicht verstehe, aber dafür ist der Chorus sehr schön und verständlich geraten. Auch „Rasenmäher“ bleibt an vielen Stellen unklar, aber das macht fast gar nichts, denn der Text klingt gesungen zusammen mit der Musik stimmig und verlangt nicht nach gedrucktem Sinn. Schöne Analog-Synthies erklingen und dann kommt noch ein Talkbox-Basssolo, das angeblich nur als Platzhalter für ein noch einzuspielendes Oboensolo dienen sollte, es dann aber doch in die finale Version schaffte.
Bei der „Party Deines Lebens“ klingen ERDMÖBEL dann auf einmal nach Disco, aber wenn sie sowas mal machen, wird das natürlich nicht billig, sondern sehr raffiniert arrangiert. Und auch wenn der Refrain Hitcharakter hat, kann ein Song der mit den Zeilen „Du tanzt hüpfend Deinen Namen – Du heißt Usambaraveilchen – Du lächelst vage“ beginnt, natürlich nur gewinnen. Auch „Svenja und Raul“ hat einen mitreißenden Chorus um einen Kindergeburtstag mit ungewohnten Ausgang. Und zum Ende des Albums bekommt auch das Cover seinen Titelsong, obwohl es in „Barack Obama“ eigentlich nicht um den Ex-Präsidenten geht, sondern um die Zeit als er noch nicht Ex-Präsident war und Al Jarreau kurz vor seinem Tod noch einmal im Weißen Haus mit dem Einmal-im-Leben-Orchestra auftrat.
Die Platte ist kurz. Angenehm kurz. Man möchte sie sofort wieder anstellen. Und es lohnt sich. (****)
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WerbungIst das Deine Review oder der Promo-Text?
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Nie mehr Zweite Liga!!!Schöne Review!
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I used to be darker, then I got lighter, then I got dark againIch habe die Platte noch gar nicht gehört. Aber Spiegel Online findet sie nicht so dolle. Schon lustig, wie unterschiedlich man so Platten hören und empfinden kann:
Erdmöbel, das ist eine Band, die bisher in etwa so klang wie sich Leben in Nordrhein-Westfalen anfühlt. Wer zum Beispiel noch nie in Münster war, höre „Altes Gasthaus Love“ oder „Das Ende der Diät“ und setze sich damit quasi direkt auf eines der zahllosen Fahrräder im Kreuzviertel. Markus Berges Gesang ist westfälisch trocken, seine Texte Straßenverkehrslyrik. Poetisch ja, aber nie glanzvoll, nie nass. Die Musik dazu war Easy Listening, häufig mit Bläsern aufgeblasen.
„Hinweise zum Gebrauch“ heißt nun ihr zwölftes Album. Es gibt ein Liebeslied, das „Rasenmäher“ heißt, und Barack Obama auf dem Cover. Denn das letzte Lied der Platte heißt eben auch so, „Barack Obama“, ist dann aber ein Song über den jüngst verstorbenen Jazz-Sänger Al Jarreau. Das ist natürlich nett versponnen, im Grunde kann man aber Barack, den PR-Beipackzettel, in dem über das Private und das Politische geschwafelt wird, und den Rasenmäher vergessen. Erst dann wird das Album zu dem, was es wohl eigentlich werden sollte: Eine Hommage an Rolf Zuckowski. Und damit Kinder- und Jugendmusik für Kinder und Jugendliche, wie sie sich ein schütterer Programmverantwortlicher beim WDR vorstellt.
Das musikalisch unattraktivste Lied dieser Gattung ist „Party deines Lebens“: Berges Krümel-Schubladen-Metaphorik kann leider nicht verhindern, dass man sich beim Hören von Glöckchenbeat und Klatsch-Refrain unwillkürlich Herrn Zuckowski „auf dem Dancefloor“ vorstellt, wie er mit Kindern tanzt, die eigentlich lieber YouTube gucken würden.
Aber verzagt nicht, Kinder, es gibt ja auch noch ein YouTube-Lied! Es heißt „Tutorial“ und ist eine Anleitung zum Weinen. Es endet im chorischen Countdown, und zwar – wie bei einem echten YouTube-Tutorial – erst nach fast neun Minuten. Nur eben ohne Bild. Am deutlichsten tritt das Zuckowski-Thema aber in „Svenja und Raul“ hervor: „Heute soll es regnen stürmen oder scheinen“, zitiert Berges hier aus Zuckowskis großem Geburtstagshit: „Wie schön, dass du geboren bist“.
Die Vorab-Single „Hoffnungsmaschine“ mit Judith Holofernes war der Öko-Elternabend zum Album. Irgendwie ist man musikalisch also doch noch immer in Münster. Man sitzt nur nicht mehr in Bussen und trinkt Bier, sondern bastelt irgendwas Kurioses und schreibt „Hinweise zum Gebrauch“ dazu. <i>(</i> <i>3.0) Julia Friese</i>
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Nie mehr Zweite Liga!!!liam1994Ist das Deine Review oder der Promo-Text?
Das ist schon meine Review.Der Promotext ist ziemlich schlimm und das ist das einzig zutreffende in der SPON-Review.
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Staring at a grey sky, try to paint it blue - Teenage Bluehier auch noch eine sehr wohlwollende bis euphorische Kritik:
http://triggerfish.de/erdmoebel-hinweise-zum-gebrauch/ein Schelm, wer Böses dabei denkt…
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Allein was bei dieser Friese im ersten Absatz zu Altes Gasthaus Love steht ist so blödsinnig, dass es alles nachstehende egal werden lässt.
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"Man kann nicht verhindern, dass man verletzt wird, aber man kann mitbestimmen von wem. Was berührt, das bleibt!wenzelhier auch noch eine sehr wohlwollende bis euphorische Kritik: http://triggerfish.de/erdmoebel-hinweise-zum-gebrauch/ ein Schelm, wer Böses dabei denkt…
Wir haben uns da nicht abgesprochen. Wirklich nicht. Aber stimmt ja alles.
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Staring at a grey sky, try to paint it blue - Teenage BluethemagneticfieldAllein was bei dieser Friese im ersten Absatz zu Altes Gasthaus Love steht ist so blödsinnig, dass es alles nachstehende egal werden lässt.
Ich habe Altes Gasthaus Love gestern in die Top3 der besten Platten 2003 gewählt, nicht ohne Grund. Was diese Friese über dieses Album schreibt ist wirklich „befremdlich“, um kein Kraftwort zu benutzen. „Straßenverkehrslyrik“? Hä?
Kung Fu fand ich nach vielen hervorragenden Alben einfach „nur“ in Ordnung und war etwas enttäuscht (also auf hohem Niveau halt). Mal sehen, ob sie bei der neuen Platte wieder zurück zu den großen Melodien finden. Jan’s Kritik macht da Hoffnung.
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I used to be darker, then I got lighter, then I got dark againKung Fu fand ich sogar schwach, aber Altes Gasthaus Love ist für mich eines der besten deutschen Alben ever. Ich bin gespannt. Wie jedes Jahr lief ja vor nicht all zu langer Zeit das wirklich tolle Weihnachts-Album der Band mehrfach, mal schauen, ob sie jetzt auch mit nem „normalen“ Release wieder die Kurve kriegen.
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"Man kann nicht verhindern, dass man verletzt wird, aber man kann mitbestimmen von wem. Was berührt, das bleibt!Egal was diese Friese oder jener Jan schreiben, Erdmöbel erreichten mich bisher einfach nicht oder ich sie nicht. Es gab vor längerer Zeit erhebliche Missionierungsversuche vom ehemaligen Forumsmitglied „Kritikers Liebling“, der mich mit so ziemlich allem versorgte, was diese Band vertont hat. Ohne Erfolg. Ist für mein schlichtes Gemüt vielleicht einfach zu verkopft. Ich lasse jetzt zum neuen Album einen weiteren Versuch folgen. Inclusive der Bereitschaft mitzudenken.
Die Formulierung „der beste deutschsprachige Reggae-Pop-Track seit Time Is Cash, Time Is Money“ erweckte in mir übrigens die Überlegung, ob es eventuell seitdem keinen anderen deutschsprachigen Reggae-Pop-Track gegeben hat.
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there's room at the top they are telling you still but first you must learn how to smile as you kill
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
Da bin ich mal mit pipe-bowl einer Meinung. Ausser einem hervorragenden Weihnachtssong (und ein paar erträglichen) ist da nichts. Und die Höreindrücke des neuen Albums schließen perfekt an dieses Nichts an. Die beiden scheinbar positiven Reviews wirken bei mir auch eher abstossend…
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Was „Kung Fu“ betrifft, bin ich bei Euch, ich finde die Platte auch deutlich schwächer als „Krokus“ und davor „Für die nicht wissen wie“ (wenn man mal die ganzen anderen Zwischenprojekte mal außen vor lässt).
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Staring at a grey sky, try to paint it blue - Teenage BlueIch memoriere auch nur noch Ding Ding Ding Dong Jesus weint schon und einen Auftritt seinerzeit bei TV Noir, den ich ganz gut fand.
Ich werd mir die neue Platte sicher anhören, aber ich fürchte mit dem selben Ergebnis wie pipe-bowls bisherigen Erfahrungen.--
Ever tried. Ever failed. No matter. Try Again. Fail again. Fail better. Samuel Beckett - 'Cos music is for listening and not to stored away in a bloody cupboard.Also nicht falsch verstehen, dass einem das evtl. zu verkopft oder die Texte zu sehr gedrechselt sind, kann ich durchaus nachvollziehen. Das muss man mögen oder eben auch nicht. Aber dieser Quatsch mit Münster und Straßenverkehrslyrik und nicht glanzvoll und nass etc., das ist wieder dieses typische Geschwafel einer sich selbst gerne lesenden Rezensentin (nicht das Männer da automatisch besser wären).
zuletzt geändert von themagneticfield
Ist für mich aber so ein allgemeines Phänomen, ich trau mich monatlich schon gar nicht mehr den Musikexpress aufzuschlagen ob der immensen Ansammlung an Hipstertum in der Plattenkritikabteilung. Man könnte den Eindruck bekommen kaum einer von denen hat überhaupt Spaß an Musik.--
"Man kann nicht verhindern, dass man verletzt wird, aber man kann mitbestimmen von wem. Was berührt, das bleibt! -
Schlagwörter: Erdmöbel
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