Enjoy Jazz 2010

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  • #7743131  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 44,758

    Ja, die Aufnahme habe ich inzwischen auch gefunden, die sollte ich mir wohl besorgen.

    Es handelt sich wohl in der Tat um Notationen, aber frag mich nicht, was das bedeuten soll. Ich hatte leider auch keine Gelegenheit zu fragen, aber die Erklärung hätte ich wohl auch nicht verstanden.

    Mit Braxton hatte ich mich kurz unterhalten, fast der gesamte Inhalt der Unterhaltung steht im letzten Absatz des Textes. Jedenfalls kam er raus, hat – für mich überraschend – mir und anderen die Hand geschüttelt und sich für das Kommen bedankt. Den wirklich schlechten Besuch hat er so wohl nicht empfunden, er war froh über jeden, der gekommen war. Er war vollkommen aufgekratzt und es sprudelte nur aus ihm so heraus. Das Einzige, was ich noch berichten kann, was nicht bereits oben steht, ist dass er Brahms nicht so sehr schätzt.

    Ach ja, und dass ich jetzt zwei von Braxton signierte CDs habe. ;-)

    --

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    #7743133  | PERMALINK

    drincluding

    Registriert seit: 09.06.2007

    Beiträge: 29

    nail75Mir hat das Konzert sehr gut gefallen, das wollte ich auch zum Ausdruck bringen. Scheint mir wohl nicht gelungen zu sein. Ich kann aber vollkommen verstehen, wenn das jemand anders empfindet. Wenn ich das Konzert nur auf Platte oder CD gehört hätte, dann hätte es mir vielleicht gar nicht gefallen. Im Saal zu sein, gehörte ganz eindeutig zum Erlebnis dazu.

    Was mich interessieren würde: Hat sich Deine Wahrnehmung des Konzerts im Verlauf der 70 Minuten verändert? Oder hast Du Dich von Anfang bis Ende gelangweilt?

    Nein leider nicht. Ich hatte zwar immer gehofft, dass bei mir sich irgendwann das „Aha“-Erlebnis einstellt; das kam aber leider nicht. Vielleicht wäre es was Anderes gewesen, wenn ich weiter vorne gesessen hätte und die Musiker besser hätte beobachten können.

    nail75PS: Ich kann Ronin nicht ausstehen, jedenfalls die Platten. :lol:

    Live ist mit Platte einfach nicht vergleichbar…

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    #7743135  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 44,758

    Das wohltemperierte Konzert
    Henri Texier Transatlantik Quartet, Alte Feuerwache Mannheim, 8. Oktober 2010

    http://www.regioactive.de/story/10839/bericht_henri_texier_transatlantik_quartet_live_in_mannheim.html
    (mit Bildern)

    Henri Texiers Transatlantik Quartet präsentiert sich bei seinem Konzert in der Alten Feuerwache in Mannheim als solides Ensemble, das die zahlreich erschienenen Besucher hervorragend unterhält, ohne allerdings in besonderer Weise herauszuragen.

    Das Transatlantik Quartet existiert seit nunmehr 22 Jahren, als sich Bassist Henri Texier, der zweite Bassist Steve Swallow, Saxophonist Joe Lovano und Aldo Romano zuerst zusammenfanden, um das Album Izlaz aufzunehmen. Seitdem gehen sie regelmäßig auf Tourneen, die beim interessierten Publikum auf großes Interesse stoßen. So ist es auch am vergangenen Freitag, als das Transatlantik Quartet im Rahmen des Enjoy Jazz Festivals in der Mannheimer Alten Feuerwache auftritt: Trotz des gleichzeitigen Fußball-Länderspiels Deutschland-Türkei ist der Saal hervorragend gefüllt.

    Das Konzert besticht vornehmlich durch seine musikalische Geradlinigkeit. Die Musiker spielen allesamt direkt und schnörkellos und so gestaltet sich der Abend genau so, wie man es erwarten würde. Die Kombination zweier gänzlich unterschiedlicher Bassisten in Form von Texier und Swallow wirkt nie redundant oder ermüdend, sondern belebt gerade durch die Unterschiedlichkeit der Ausdrucksmöglichkeiten. Während Texiers Kontrabass sonor hallt, erinnert Steve Swallows elektrischer Bass bisweilen eher an eine Jazz-Gitarre.

    Die musikalische Struktur der Stücke gleicht sich – mit nur sehr wenigen Ausnahmen: Zunächst spielt Joe Lovano mit der Band im Hintergrund das Thema der Komposition, und zwar viel ausführlicher als häufig im Jazz anzutreffen. Anschließend solieren stets er und Swallow, während sich Henri Texier und Romano nur gelegentlich in die Reihe der Solisten einreihen. Die Stücke selbst entstammen den Sessions des Jahres 1988: Zu ihnen zählen beispielsweise Colonel Skopje, P.M. und Steve Swallows Ballade Amazing, eines der ganz wenigen Beispiele für eine Komposition, die nicht ein mittleres Tempo vorgibt.

    Henri Texier hat sichtlich Spaß daran, vor einem so zahlreich erschienenen, begeisterungsfähigen Publikum zu spielen und auch Steve Swallow lässt trotz seiner 70 Jahre kein Anzeichen nachlassender Kräfte erkennen. Aldo Romero macht hingegen einen müden, angeschlagenen Eindruck. Wie so häufig bei Musikern fortgeschrittenen Alters scheinen aber alle körperlichen Beschwerden in dem Moment verschwunden zu sein, wenn sie anfangen zu spielen. Und so zeigt sich Romero auch an diesem Abend als grundsolider Begleiter.

    Joe Lovano wirkt eher mürrisch, nicht so freundlich und offen wie gewohnt. Seine Soli erklingen zwar in seinem gewohnt kraftvollen Ton, sie lassen allerdings die letzte Leidenschaft vermissen. Die Begeisterung des Publikums in den Momenten, in denen Lovano etwas aus sich herausgeht, zeigt, dass das Konzert davon profitiert hätte, wenn gerade er mehr Emotionen eingebracht hätte, anstatt sich auf seine Routine zu verlassen. So hat man gelegentlich den Eindruck, er verstehe es als seine Aufgabe sicherzustellen, dass auf der Bühne nichts allzu Ungewöhnliches passiert. Das ändert freilich nichts daran, dass die Zuschauer dank der Klasse der Musiker ein gelungenes Konzert erleben, wenn auch die ganz großen Höhepunkte ausbleiben. Aber vielleicht wäre das zu viel erwartet.

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    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #7743137  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 44,758

    Neuer Bericht zu Stanko:
    http://www.regioactive.de/story/10862/konzertbericht_tomasz_stanko_quintett_bei_enjoy_jazz.html

    und zu Peter Evans:

    Der amerikanische Trompeter Peter Evans zeigt sich bei seinem Auftritt in Mannheim als ebenso virtuoser wie leidenschaftlicher Musiker.

    Für Außenstehende mag es überraschend sein, dass es den Free Jazz nicht gibt. Free Jazz ermöglicht es Künstlern in stärkerem Maß als andere Musikstile, ihre individuellen Ausdrucksmöglichkeiten zur Geltung zu bringen. Das beinhaltet natürlich sowohl eine Chance wie ein Risiko, denn der Zuhörer kann sich nur innerhalb gewissen Grenzen darauf verlassen, für ihn erkennbar strukturierte oder sogar vertraute Musik zu erleben. Ein Besuch eines Free Jazz-Konzerts ist daher immer eine Reise ins Ungewisse: Mal sehen, was passiert.

    Gelegentlich bietet ein einziges Konzert sogar ein Abbild der gesamten Vielfalt des Free Jazz. So war es beim Auftritt des amerikanischen Trompeter Peter Evans in der Mannheimer Alten Feuerwache. Bereits ein Blick in Evans Biographie verdeutlicht seine ungeheure Bandbreite: Er studierte am Oberlin Conservatory und ist daher in der klassischen Musik, die er immer noch aktiv spielt, ebenso bewandert wie im Jazz. Als Jazzer betätigt er sich vornehmlich in der freien Musik, allerdings in einer Vielzahl unterschiedlicher Settings: Als Solokünstler, im Duo Sparks mit Bassist Tom Blancarte sowie in einer großen Zahl unterschiedlicher Ensemble.

    In Mannheim tritt Peter Evans mit einem offensichtlich brandneuen Quinett aus, zu dem neben Blancarte auch Carlos Homs am Klavier, Schlagzeuger Jim Black und Sam Pluta zählt, der für „electronics“ und „live processing“ zuständig ist. Das bedeutet, er verfremdet die von den übrigen Mitwirkenden gespielte Musik „live“, beispielsweise indem er Peter Evans Trompete in anderer Geschwindigkeit oder Tonhöhe als Echo widerhallen lässt. Seine Rolle im Gesamtkonzept ist aber vergleichsweise marginal. Zentral für den Sound sind hingegen Tom Blancarte und Jim Black, die eine regelrechte Powerhouse-Rhythm-Section bilden. Insbesondere nach dem langsamen und vergleichsweise leisen Klaviersolo zu Beginn des Konzerts, schafft ihr Einsatz ein regelrechtes Erweckungserlebnis.

    Blancarte und Black sind aber keineswegs musikalische Gewalttäter, die hemmungslos auf ihre Instrumente einprügeln, sondern leidenschaftliche, teilweise ekstatische Musiker, die mit vollem Einsatz bemüht sind, ein möglichst intensives Erlebnis zu schaffen. Trotz aller manchmal fast manisch anmutenden Wildheit, hat ihr Vorgehen Methode, denn dass sie auch in der Lage sind, leisere Töne anzuschlagen (nie passte das Bild besser als hier), zeigt sich im weiteren Verlauf des Konzerts. Peter Evans besticht gleichermaßen durch die gekonnte Verbindung von Virtuosität und Leidenschaft. Obwohl er teilweise mit unglaublicher Geschwindigkeit spielt, bleibt sein Trompetenklang stets klar und kraftvoll. In manchen Momenten erinnert er in seinem Ausdruck an Albert Ayler, der wie Evans aus Ohio nach New York übersiedelte. Da Evans jedoch an Lauten ebenso interessiert ist wie an Tönen, flüstert, atmet, grunzt und schreit er durch seine Trompete und führt mit ihr auch einen wilden Tanz auf, während seine Füße fest auf dem Boden stehen.

    Dennoch ist Peter Evans Musik keineswegs so unbeugsam abstrakt und sperrig wie beispielsweise die von Anthony Braxton. Indem er seine Leidenschaft offen zu Tage legt, erscheint er weit weniger enigmatisch und unzugänglich wie einige andere Freejazzer. Dazu passt, dass er im dritten Stück des Abends mit dem Titel „Three To Three“ das Tempo gelegentlich drosselt und fast lyrisch, zärtlich spielt. Obwohl diese Momente nicht von übermäßig langer Dauer sind, verdeutlichen sie, dass es genau diese Vielfalt der Ausdrucksformen ist, die das Konzert so lohnenswert macht. Jede der drei langen, jeweils über zwanzigminütigen Kompositionen beschreitet einen anderen, aber gleichermaßen faszinierenden Weg voller Überraschungen und unerwarteter Wendungen. In Verbindung mit der herausragenden Rhythmusgruppe schafft Evans ein intensives, mitreißendes musikalisches Erlebnis. Das Publikum in der mittelmäßig besuchten Alten Feuerwache dankt es den Musikern mit lange anhaltendem Applaus, welche die Musiker mit einer kurzen Zugabe erwidern.

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    #7743139  | PERMALINK

    newk

    Registriert seit: 09.10.2008

    Beiträge: 428

    Gerade erst endeckt, vielen Dank für die Berichte, nail.

    Braxton hätte ich auch gerne gesehen, mit seiner Musik der letzten 15 Jahre habe ich mich bisher kaum beschäftigt.
    Etwas ernüchternd für mich ist die Erkenntnis, daß er gerade Brahms nicht schätzt. Wahrscheinlich nicht „restructualist“ genug. ;-)

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    #7743141  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 44,758

    Da dachte ich mir doch: Ich will endlich mal miterleben, was der Roger Willemsen macht, wenn er ausgewählte Jazzmusik spielt. Also war ich heute abend da und es war brechend voll. Das ist eher Jazz 101 als sonst irgendetwas, aber gut, wenn Leute dadurch mehr Jazz hören, ist es ja ok. Witzig war es auch, jedenfalls leidlich unterhaltsam. Irgendwann kommt Willemsen aber auf die Zusammenarbeit von Gil Evans und Miles Davis zu sprechen und sagt sinngemäß, dass Miles Davis von Weißen im Jazz nichts hielt.

    Ich war wirklich geplättet. Ich kenne keinen schwarzen Jazzer, der so viel mit Weißen zusammengearbeitet hat wie Miles Davis, z. B. mit Lee Konitz, Bill Evans, Gil Evans, John McLaughlin, David Liebman, Dave Holland, Keith Jarrett, Chick Corea, Bob Berg, John Scofield, Joe Zawinul. Für viele dieser Musiker war die Zusammenarbeit mit Miles der Start einer erfolgreichen Karriere. Und alle berichten, dass Miles absolut farbenblind war, wenn es um Musik ging und dafür Anfeindungen von Schwarzen ertragen musste, weil er so viel mit Weißen spielte. Und heute erzählt Willemsen mehreren hundert Zuhörern, dass Miles nichts mit weißen Jazzern zu tun haben wollte. Das ist geradezu niederschmetternd.

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    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #7743143  | PERMALINK

    drincluding

    Registriert seit: 09.06.2007

    Beiträge: 29

    nail75Da dachte ich mir doch: Ich will endlich mal miterleben, was der Roger Willemsen macht, wenn er ausgewählte Jazzmusik spielt. Also war ich heute abend da und es war brechend voll. Das ist eher Jazz 101 als sonst irgendetwas, aber gut, wenn Leute dadurch mehr Jazz hören, ist es ja ok. Witzig war es auch, jedenfalls leidlich unterhaltsam. Irgendwann kommt Willemsen aber auf die Zusammenarbeit von Gil Evans und Miles Davis zu sprechen und sagt sinngemäß, dass Miles Davis von Weißen im Jazz nichts hielt.

    Ich war wirklich geplättet. Ich kenne keinen schwarzen Jazzer, der so viel mit Weißen zusammengearbeitet hat wie Miles Davis, z. B. mit Lee Konitz, Bill Evans, Gil Evans, John McLaughlin, David Liebman, Dave Holland, Keith Jarrett, Chick Corea, Bob Berg, John Scofield, Joe Zawinul. Für viele dieser Musiker war die Zusammenarbeit mit Miles der Start einer erfolgreichen Karriere. Und alle berichten, dass Miles absolut farbenblind war, wenn es um Musik ging und dafür Anfeindungen von Schwarzen ertragen musste, weil er so viel mit Weißen spielte. Und heute erzählt Willemsen mehreren hundert Zuhörern, dass Miles nichts mit weißen Jazzern zu tun haben wollte. Das ist geradezu niederschmetternd.

    Hättst Dir lieber mal das ADRIAN BELEW POWER TRIO angesehen, das hat alle aus den Schuhen geblasen…

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    #7743145  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 44,758

    Jajaja, ich weiß. Aber Strafe muss sein, vermute ich. Ich wollte eben auch einfach mal sehen, was der Mann macht!

    Mittwoch hatte ich aber sowieso keine Zeit!

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    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #7743147  | PERMALINK

    redbeansandrice

    Registriert seit: 14.08.2009

    Beiträge: 13,500

    nail75Jajaja, ich weiß. Aber Strafe muss sein, vermute ich. Ich wollte eben auch einfach mal sehen, was der Mann macht!

    Mittwoch hatte ich aber sowieso keine Zeit!

    :-) das Thema Miles und Rassismus hatten wir ja schonmal ausgiebig – ich bin mittlerweile auch hier auf dem Standpunkt, dass bei Miles die Gegensätze naturgemäß unaufgelöst bleiben – mein mich zu erinnern, dass es durchaus Material gibt, um Willemsens These zu untermauern – aber dann wieder so viel dagegen, dass irgendwie auch nichts übrig bleibt… [obwohl es natürlich nicht das gleiche ist, ob jemand die Hälfte der Zeit Rassist ist und die andere Hälfte das Gegenteil – oder die ganze Zeit irgendwo dazwischen…]

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