Startseite › Foren › Kulturgut › Für Cineasten: die Filme-Diskussion › Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)
-
AutorBeiträge
-
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
Alexandra’s Project
(Regie: Rolf de Heer – Australien, 2003)Alexandra ist eine treu sorgende Mutter und Ehefrau – scheinbar. Denn unter ihrer Fassade verbirgt sie, dass sie im Schatten ihres beruflich erfolgreichen Gatten Steve ein trostloses Leben als Hausfrau und Mutter führt. An Steves Geburtstag will sie ihrem Ehemann aber mal ein ganz tolles Geschenk machen, das dieser niemals vergessen soll…
Zum Schluss von Rolf de Heers 1993 entstandener Tragikomödie „Bad Boy Bubby“ zoomt die Kamera aus einer irritierend kitschigen Spießeridylle, die der Hauptfigur nach einer langen Odyssee eine Heimat verspricht, heraus und verschwindet, den gutbürgerlichen Vorort immer kleiner werdend unter sich lassend, im Himmel über Australien.
Zehn Jahre später steigt das cineastische Auge erneut hinab, um – knapp einen Meter über dem Boden schwebend – diesem (oder einem ähnlichen) Viertel einen Besuch abzustatten. Äußerlich hat sich nichts geändert: Die Häuschen sind herausgeputzt, der Rasen akkurat geschnitten, die Blumen gegossen und die australische Sonne lacht so freundlich, dass sie das Ozonloch und den fürchterlichen Hautkrebs vergessen macht.
Mittlerweile haben sich an der Oberfläche jedoch Risse gebildet, die unterirdisch zu Gräben auswachsen: Der Traum von Familie und Haus im Grünen erweist sich in den zähen Rückschlägen und Demütigungen des Alltags als nicht greifbare Projektion eines Wunschtraums, als anerlerntes Glück, welches alle Beteiligten stranguliert und in Schach hält.
Ganz gemächlich baut Regisseur Rolf de Heer seinen niedrig budgetierten Film auf und nutzt lange Kamerafahrten und bedächtige Kranschwenks, um zusammen mit der farblich gedämpften und gedeckten Stimmung innerhalb des Hauses, in dem sein Kammerspiel aufgeführt wird, eine angespannte Atmosphäre zu entwerfen, die blitzt und grollt, wie lange vor einem Gewitter, aber erst nach und nach den Regen prasseln lässt, der die Unklarheiten beiseite wischt und das hässliche Skelett freilegt, das lange unter dem Staub des Anstandes und der Fügsamkeit begraben war: Alexandra hat einen Plan. Sie hat ein Geburtstagsgeschenk für ihren Mann Steve.
Dieses Geburtstagsgeschenk ist ein Fluchtversuch und ein erfolgreicher Befreiungsschlag Alexandras, sowie eine hinterhältige und fiese Attacke auf Steve. Sie kommt in Form einer Videokassette, die hübsch verpackt neben dem Fernseher drapiert wurde.
Den Großteil der 100 Minuten von „Alexandra’s Project“ wird der Zuschauer nun mit Schuss-Gegenschuss, den filmischen Porträtaufnahmen der Protagonisten, verbringen und einem Dialog lauschen, wenn man diese Art der Kommunikation denn wirklich einen Dialog nennen kann: Ein monologisierendes Videoband trifft auf die verzweifelten Verwünschungen und Einwürfe des attackierten Ehemanns.
Dieser muss sich mit der Tatsache auseinandersetzen, dass er seine Frau nie geliebt, nur ihren Körper begehrt und im Endeffekt auch dieses Stück „Fleisch“ geheiratet hat. Alexandra spielt ein paar böse Spielchen, die Steve ein für alle mal klarmachen sollen, wie einseitig fixiert er in dieser Beziehung war. Das „Fleisch“ soll mehrmals zerstört werden: Von Pistolenkugeln, von Krebs. Sie führt seine Interessen vor, indem sie das, was er für sein exklusives Recht hält, freigiebig an den verhassten Nachbarn verteilt: Die Berührung des „Fleischs“, die Penetration des „Fleischs“.
An dieser Stelle des Films mag sich der Zuschauer fragen, womit Steve die Terroranschläge auf sein Selbstbewusstsein und seine Einstellung zum Leben verdient hat. Wahrscheinlich hat er das gar nicht, es ist bloß der einzige Ausweg für Alexandra aus einer Beziehung, die sie zermürbt und in aller Konsequenz irgendwann töten wird. Vor der Verwirklichung ihres Plans, der Umsetzung ihres Projekts, scheint ihr Leben nur noch eine grausame Aneinanderreihung von Schmerz und Lappalien zu sein. Ihr ist jedes (und auch das letzte) Mittel recht, um nicht mehr auf diese Art leben zu müssen. Ihr Ausbruch ist nicht fair, er ist schlicht überlebensnotwendig.
„Alexandra’s Project“ ist durch und durch ein Gedankenspiel, daher auch hochgradig konstruiert, selbst in den wenigen Zufällen, die de Heer zulässt. Chronologisch gedreht, minutiös geplant und fast mathematisch genau ausgeführt, sind es die darstellerischen Leistungen von Gary Sweet und Helen Buday, die den Film mit Leben füllen und die (oftmals) ohnmächtigen Gefühle gegen die absolute Kopfgeburt der Rahmenhandlung setzen. Der sparsame, ja, eher knauserige oder geizige Umgang mit Musik im Film verstärkt diesen Eindruck enorm. Die audiovisuelle Ebene mag hinter den erzählerischen Gemeinheiten verschwinden, die Gier des Spannungskinos auf die Auflösung der Ereignisse die hübsche Verzahnung von Bild und Ton überdecken, letztendlich sind sie es jedoch, die „Alexandra’s Project“ zusammenhalten und zum gewünschten Ergebnis führen. De Heer inszeniert Ehekrise und Aufbruch in ein neues Leben unter Einbeziehung des größtmöglichen Kollateralschadens. Kompromisslos und dennoch hochgradig beherrscht in der Form. Don’t be sorry. Never be sorry.--
Highlights von Rolling-Stone.deWerbung„Posthumous“ (Lulu Wang)
Zugegeben, viel erwartet habe ich von diesem „Berlin-Film“ trotz Fehling, Tom Schilling (!) und natürlich Marling (:liebe::liebe::liebe:) nicht. Und doch war die Enttäuschung groß. In den besten Momenten ganz nett, meistens aber leider eher furchtbar. Das Beste an dem Film ist tatsächlich der Gedanke, hier irgendwo in Berlin vor zwei Jahren vielleicht mal nur ein paar Minuten von Marling entfernt gewesen zu sein…
--
Flow like a harpoon daily and nightlyBlades of Glory / Die Eisprinzen
Planes, Trains & Automobiles / Ein Ticket für zwei
Beides natürlich toll.--
~ Mut ist, zu wissen, dass es weh tun kann und es trotzdem zu tun. Dummheit ist dasselbe. Und deswegen ist das Leben so schwer. ~
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
Im Kino:
Freunde fürs Leben (Truman), Cesc Gay, 2015 ***
Na ihr alten Säcke, schon mal übers Sterben nachgedacht? Wenn nicht oder auch wenn doch, kann ich euch diesen Film nur wärmstens empfehlen. Auch all denjenigen, von denen eine Freundin oder ein Freund bald das zeitliche segnen wird.
Denn in diesem Film geht es nicht ums Sterben als solches, sondern um das Abschiednehmen …Birnenkuchen mit Lavendel (Le Gout Des Merveilles), Eric Besnard, 2015 ****
Ums kurz zu machen: Rain Man für anspruchsvolle Romantiker
Gestern auf der Couch (endlich):
Snowpiercer, Bong Joon-Ho, 2013 ****
Ja, genau so stelle ich mir einen Endzeit-Science-Fiction-Thriller vor! Von dem für mich völlig neuen Ansatz, das Endzeitszenario mal in einen endlos rollenden Zug zu transferieren, holpert der Film im Verlauf zwar über den ein oder anderen logischen Fehler, doch insgesamt bleibt es bis zum Ende erstaunlich spannend.
--
Zwei großartige Filme, einmal im Filmrauschpalast Moabit …
[IMG]http://fs5.directupload.net/images/160315/wkkealjf.png
Nárcisz és Psyché von Gábor Bódy… einmal im Lichtblick:
Limbo von Anna Sofie Hartmann--
A Kiss in the DreamhouseHier:
Mewshaw – Tumbledown. Sundance-Optik trifft Hollywood-Romcom und ja es ist so schlimm wie befürchtet. Man erwartet die ganze Zeit ein weißes Bild, weil Regie, Schauspieler und Kamera keine Lust mehr haben. Weil Dianna Agron gut war: * 1/2
--
If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.Tōkyō goddofāzāzu / Tokyo Godfathers (Satoshi Kon, 2003) * * * 1/2
Etwas uneben vielleicht, aber genau darin kann man sicher den Reiz sehen. Weiß jemand, was sich vom Regisseur (außer „Paprika“) noch lohnt?
Tokikake / Das Mädchen, das durch die Zeit sprang (Mamoru Hosoda, 2006) * * * * 1/2
Auf Anhieb ein Anime-Liebling.
--
Sir, I'm going to have to ask you to exit the donut!
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
tina toledoEtwas uneben vielleicht, aber genau darin kann man sicher den Reiz sehen. Weiß jemand, was sich vom Regisseur (außer „Paprika“) noch lohnt?
Ich mag eigentlich alles von Satoshi Kon, besonders „Perfect Blue“. Da ihm aber ohnehin nur ein kurzes Leben gegönnt war und er ein überschaubares Oeuvre hinterließ, solltest du vielleicht gleich den „ganzen“ Rest unter die Lupe nehmen?
tina toledo
Tokikake / Das Mädchen, das durch die Zeit sprang (Mamoru Hosoda, 2006) * * * * 1/2Auf Anhieb ein Anime-Liebling.
Oh ja, den liebe ich auch. :liebe:
--
Mit „Paprika“ konnte ich leider nie viel anfangen (hmm, warum eigentlich?), aber „Perfect Blue“ und vor allem die „Paranoia Agent“-Serie sind großartig.
--
A Kiss in the Dreamhouse09.03.16
„MERRY-GO-ROUND“ von Jacques Rivette (Frankreich 1981) ****
10.03.16
„TOKI O KAKERU SHOIO“ („DAS MÄDCHEN, DAS DURCH DIE ZEIT SPRANG“) von Mamoru Hosoda (Japan 2006) ****
14.03.16
„SAMA UOZU“ („SUMMER WARS“) von Mamoru Hosoda (Japan 2009) ***
15.03.16
„DIE KLAGE DER KAISERIN“ von Pina Bausch (Deutschland 1990) ***1/2
--
"Don't reach out for me," she said "Can't you see I'm drownin' too?"
The Hunger Games: Mockingjay – Part 2 von Francis LawrenceAuch wenn hier wieder niemand meiner Meinung ist: In seiner Mischung aus urbanem Stellungskrieg und „Alien“ ist „Mockingjay – Part 2“ nach den beiden verhunzten Vorgängerfilmen immerhin wieder ein Schritt zurück zum viszeralen und in sich geschlossenen ersten Teil. Dass in der Architektur der Bürgerkriegswirren von … (Auf welchem Planeten spielt der Franchise noch mal? Ich habe es schon wieder vergessen) Tempelhof und ZOB erkennbar sind, erzeugt eh eine willkommene, fantasieanregende Reibung, die über den didaktischen Young-Adult-Plot der Reihe hinausweist. Sehr okay.
--
A Kiss in the DreamhouseBist Du nicht, ich fand den Teil großartig. Einschränkend muss ich aber sagen, dass für mich auch keiner misslungen war, „Catching fire“ sowieso nicht.
--
Hold on Magnolia to that great highway moon„Catching Fire“ hat mich sehr enttäuscht, nach dem ersten Teil hatte ich daran aber noch große Erwartungen geknüpft (und bekam stattdessen das übliche Zielgruppen-Teasing mit Sicherheitsnetz und viel Behauptung, wenig visuellem Funkenschlag).
--
A Kiss in the DreamhouseDengler – Am zwölften Tag *** (Brandenburg Violenza, Andre Hennicke als Maurizio Merli als Anführer einer Gruppe Nazi-Thugs (offenbar braucht man sowas als Fleischbaron) und Zehrfeld, der unvermeidliche Ronald, ein seltsam desinteressierter Blaxploitation-Rächer in einem, leider alles nur anschneidenden, Mix aus Roma a mano armata, Hard Target und Diese Zwei sind nicht zu fassen.)
The Admiral – Roaring Currents ***
The Warlords *1/2
The Thieves **1/2
Cold War ***1/2 (Eigentlich ganz gut, bis man feststellt, dass sich verschiedene Polizeieinheiten nur aus einem, für Europäer völlig unverständlichen, Ehr-Gehabe behindern. Wäre auch in Ordnung, würde der Film nicht dauernd so tun, als ob es um eine riesige Verschwörung ginge und dann am Ende sind doch nur zwei Bullen beleidigt.)
Fire with Fire * (Duhamel als Actionheld ist ja sowas von fehlbesetzt. Wobei er in 11.22.63 zugegebenermaßen eine gute Figur macht.)--
Don't be fooled by the rocks that I got - I'm still, I'm still Jenny from the blockNapoleon DynamiteMit „Paprika“ konnte ich leider nie viel anfangen (hmm, warum eigentlich?), aber „Perfect Blue“ und vor allem die „Paranoia Agent“-Serie sind großartig.
GrievousAngelIch mag eigentlich alles von Satoshi Kon, besonders „Perfect Blue“. Da ihm aber ohnehin nur ein kurzes Leben gegönnt war und er ein überschaubares Oeuvre hinterließ, solltest du vielleicht gleich den „ganzen“ Rest unter die Lupe nehmen?
Das werde ich versuchen und mal mit „Perfect Blue“ weitermachen. Danke!
Ad „Hunger Games“: Beim ersten Schauen habe ich „Catching Fire“ noch mindestens auf Augenhöhe mit dem Vorgänger gesehen, nach dem zweiten Mal aber auch „The Hunger Games“ eine ganze Ecke (übersetzt: einen halben Stern) stärker. Ich vermute, es lag nicht unwesentlich an der Bildschirmgröße, das Visuelle kommt auf iPad-Größe in zwei Metern Entfernung ja gerne nicht so richtig zur Entfaltung.
--
Sir, I'm going to have to ask you to exit the donut! -
Du musst angemeldet sein, um auf dieses Thema antworten zu können.