Startseite › Foren › Das Radio-Forum › Roots. Mit Wolfgang Doebeling › 03.01.2016
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AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
choosefruitDie Krux an der Sache war doch, dass sich in WDs Liste Replikate en masse tummeln. Über die Qualität lässt sich natürlich streiten. Aber aufzurufen, sich im Hier und Jetzt zu bewegen und zugleich aktuelle Musik hören, die auf der Stelle tritt, darf doch als kleiner Widerspruch angemerkt werden, vor allem dann, wenn er seine Meinung mit „Und ehe man sich versieht, lebt man musikalisch nur noch in der Vergangenheit […].“ garniert, wenngleich seine Favoriten die musikalische Vergangenheit aufsaugen und wie Aufnahmen aus vergangenen Jahren klingen. Für mich keine allzu übezeugende Argumentation für ein Be! Here! Now!..
Ich erkenne da keinerlei Widerspruch in Wolfgangs Aussage. „Replikate“ habe ich auch nicht gehört und deiner Interpretation vom Musikjahr 2015 kann ich ebenfalls nicht folgen. Du solltest mal andere Musik hören.
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WerbungweilsteinD.h. Du empfindest die letzten zehn Jahre als „aufregend“? Du kannst doch nicht leugnen, dass Du, Interesse hin oder her, die Jahre ’77 – ’79 als deutlich aufregender bezeichnen würdest als die Jahre 2013-2015.
Das Aufregende an der tumultuarischen Pop-Evolution der genannte Zeitspanne war ihre tribalistische Zuspitzung. Die Musik war Ausdruck davon, nicht weil sie neu war (Punk, Rockabilly, Ska, Modpop, etc. wurden nicht neu erfunden, „nur“ neu erlebt, das aber ungeheuer intensiv), sondern weil sie der Kitt war, der die Tribes zusammenhielt. Natürlich war das höllisch aufregend, doch gibt es schon lange keine Identifikation stiftenden Tribes mehr, allenfalls traurige Reste davon, die bei sporadischen Treffen in gemeinsamer Erinnerung an gloriose Zeiten schwelgen. Sei ihnen gegönnt.
Es ist doch aber nicht so, daß es außerhalb solcher heißen Phasen wie der genannten (oder 1954-58, 1963-66, 1994-97…) nichts Aufregendes zu entdecken gäbe. Ich habe eigentlich jedes Musikjahr als aufregend empfunden, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Wenn die gerade herrschende Popkultur nur mediokres Zeug abwirft, muß man in den Untergrund, an die Peripherie. Dort wird man immer fündig, denn es gibt doch zu jeder Zeit großartige Musiker, unabhängig davon, ob sie Massen erreichen oder Minderheiten. Das mitreißende, gemeinschaftsgeistige Moment mag in manchen Phasen absent sein (die frühen 70er, die späten 80er, etc.), doch konnte man auch in so „mauen“, an der Oberfläche ereignisarmen Zeiten hunderte toller Platten finden, sofern man wach war und sich die „Mühe“ machte, danach zu suchen.
So wie heute: die Charts sind randvoll mit Müll, der Zeitgeist steht auf Beliebigkeit, doch ist es falsch, deshalb das Interesse an neuer Musik zu verlieren, in Lethargie zu verfallen und Zuflucht bei geliebten Klassikern zu suchen. And make no mistake: natürlich ist es in mehrfacher Hinsicht neue Musik, die in der Faves-Sendung lief. Neu, weil von meist jungen Künstlern gemacht, die in ihre Musik packen, was für sie akut ist (und für den Hörer so akut werden kann). Neu aber auch, weil diese Musik von Ideen lebt, von Distinktionen, von Finessen, die es genau so eben noch nicht gab. Das Rad muss nicht mehr erfunden werden, die Faszination liegt oft im Detail, in der Intensität der Hörerfahrung. Um nur mal die Spitze meiner Faves on 45 zu bemühen: „Downtown Tokyo“ klingt fabelhaft frisch, unbändig und anders. Bezüge gibt es zuhauf, die gab es immer, denn kein Musikstil fiel je vom Himmel, doch bietet auch Kathryn Joseph eine Menge Andersartigkeit, becirct auf so eigene Weise, daß nur ein Depp daran vorbeihören kann. Dasselbe gilt, mehr oder weniger, für alle gespielten Singles, selbst für Paul Orwell, der ja eben kein Plagiator ist, nur weil sein Herz für eine zeitlich eingrenzbare Pop-Epoche schlägt und er seine Tracks unter gewissen ästhetischen Prämissen entstehen läßt. Auch und gerade Orwells Platten fügen den bekannten Strukturen und Klanggefügen seiner Poptradition Neues hinzu, nicht für musikalisch Unterbelichtete, nicht an der Oberfläche, aber sehr wohl darunter.
Kurzum, es gibt zu jeder Zeit Aufregendes zu entdecken. In manchen Epochen lag das offen zutage (Elvis, Stones, Pistols, etc.), in anderen mußte danach geforscht werden. Heute muß man eben wieder suchen. In den modernen Zeiten globaler Nivellierung und Marginalisierung durch das Internet kann das gar nicht anders sein. Fazit: Solange man die jeweils massenkompatible Musik zur Kenntnis nimmt, ihre Besonderheiten und Charakteristika dem eigenen Musikverstand hinzufügt (also nicht die Ohren davor verschließt, obwohl sie nicht „gefällt“), steht dem Entdeckerdrang jenseits von Trampelpfaden nichts entgegen. Fündig wird man auf jeden Fall.
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choosefruitMit Verlaub: Deine Jahresliste ist doch ein Kabinett an Wiedergekäutem. Wenn dies der Zeitgeist von 2015 sein soll, dann kein Wunder, dass fehlende Frische und Euphorie beklagt wird.
choosefruitNein. Diese (blutarmen) Aufgüsse für ein „Be here now“-Plädoyer verwenden zu wollen um sich gleichzeitig gegen ein Leben in der musikalischen Vergangenheit zu stemmen, ist einfach ziemlich putzig und lustig.
Du kapierst mal wieder nichts. Wäre auch ein Wunder.
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Mit dieser Replik von Wolfgang kann ich bestens leben. Danke.
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FAVOURITESMikkoDeshalb beschäftige ich mich inzwischen „privat“ nur noch mit der Musik, die mir wirklich sehr gut gefällt. Dabei entdecke ich auch ständig neue Platten, wobei es mir erstmal völlig egal ist, ob sie 2015, 1995, 1985 oder 1965 erschienen sind.
Das kannst Du Dir auch nur leisten, weil Du am Arbeitsplatz täglich mit aktuell massentauglicher Musik zu tun hast, also nicht Gefahr läufst, die Realität aus dem Blick zu verlieren. Was aber, wenn Du in Rente gehst?
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otisMit dieser Replik von Wolfgang kann ich bestens leben. Danke.
Wollte eigentlich auch noch auf Deine Beiträge eingehen, scheint nun aber obsolet.
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weilsteinIch kann otis da schon zustimmen. Sehr viele der gespielten Platte bewegen bewegen sich höchstens am äußersten Rand aktueller Popkultur. Und genau darum geht es in dieser Diskussion doch, dem Interesse an aktueller Popkultur, die eben nicht sehr ergiebig ist. Das macht die gespielten Platten nicht schlechter, ganz im Gegenteil, Wolfgangs Auswahl sagt mir, wie schon vor 5, 10 oder 15 Jahren, sehr zu. Nur dass sich viele seiner, und meiner, Favoriten z.B. Ende der 90er eben auch in den Charts und im deutlich größeren Maße in der Musikpresse widerspiegelten und somit allgegenwärtiger und ja, wahrscheinlich auch wichtiger waren. Wie gesagt, das macht die Musik nicht schlechter, die Auseinandersetzung mit dieser scheint mir einfach weniger bedeutsam.
Gesellschaftlich weniger bedeutsam, ja. Aber doch nicht auf persönlicher Ebene. Was interessiert mich beim Hören von Kathryn Joseph, beim Eintauchen in ihre geheimnisvolle, wundersame, morbide Welt, daß ihre Platte nur ein paar hundert Leute erreicht?
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Wolfgang DoebelingWollte eigentlich auch noch auf Deine Beiträge eingehen, scheint nun aber obsolet.
Falls sie keinen größeren Widerspruch deinerseits herausfordern, sei es so.
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FAVOURITESHat and beardEin Zug, den ich an mir schon länger bemerke, und durchaus mit Sorge. Noch kein Gegenmittel gefunden. Vielleicht höre ich die falschen Platten?
Wolfgang DoebelingVersuchs doch mal mit King Kendrick (just kidding).
Napoleon DynamiteNa, mal schauen: Hip-Hop, Jazz, Funk, Soul, Agitation, Aggression, consciousness – warum sollte es Hat denn nicht mit King Kendrick versuchen?
Wolfgang DoebelingNichts dagegen einzuwenden. Ich hege nur gelinde Zweifel, ob dergleichen gerade bei Hat verfängt.
Napoleon DynamiteOnly one way to find out.
Wolfgang DoebelingGood luck, Hat! Berichte dann mal.
Hat and beardYep.
Ich gestehe, dieses Geplänkel nur angezettelt zu haben, um Napo aus seinem Beobachterversteck zu locken. Hat immerhin geklappt. Sorry, Napo. Deinem baldigen Report sehe ich trotzdem mit Spannung entgegen, Hat.
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otisFalls sie keinen größeren Widerspruch deinerseits herausfordern, sei es so.
Ach, da könnte man seitenweise kommentieren. Was mir etwas übel aufstieß, war Dein Unverständnis darüber, wie man „Tokyo“ und „Stone“ gleichermaßen mit 5 Sternen würdigen kann. Dabei vergebe ich nun wirklich nur selten die Höchstwertung, das bewegt sich im niedrigen Promillebereich, bezogen auf meinen Fundus. Würde ich Singles nur ab „Like A Rolling Stone“-Niveau mit 5 Sternen bewerten, kämen nur ein paar Dutzend überhaupt in Betracht. Die Relationen, otis!
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Wolfgang DoebelingDas kannst Du Dir auch nur leisten, weil Du am Arbeitsplatz täglich mit aktuell massentauglicher Musik zu tun hast, also nicht Gefahr läufst, die Realität aus dem Blick zu verlieren. Was aber, wenn Du in Rente gehst?
Wer will denn in Rente gehen?
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Twang-Bang-Wah-Wah-Zoing! - Die nächste Guitars Galore Rundfunk Übertragung ist am Donnerstag, 19. September 2019 von 20-21 Uhr auf der Berliner UKW Frequenz 91,0 Mhz, im Berliner Kabel 92,6 Mhz oder als Livestream über www.alex-berlin.de mit neuen Schallplatten und Konzert Tipps! - Die nächste Guitars Galore Sendung auf radio stone.fm ist am Dienstag, 17. September 2019 von 20 - 21 Uhr mit US Garage & Psychedelic Sounds der Sixties!MikkoWer will denn in Rente gehen?
Nicht unbedingt in nächster, aber doch in absehbarer Zeit. No?
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Wolfgang DoebelingAch, da könnte man seitenweise kommentieren.
Man sieht dich förmlich bei deiner langen Antwort vor der Tastatur sitzen, kopfschüttelnd dem Unverstand die Tasten gebend. Aber du hast dir das alles selbst angerichtet mit deinem „Alarmierend!“ und dem „Be! Here! Now!“
Obwohl ich die Sache mit dem von mir oben so genannten Subtext (ich weiß, ist ein falsches Wort, aber mir fiel nicht Besseres ein) noch mal beizeiten gern mit dir diskutieren würde.Wolfgang Doebeling Würde ich Singles nur ab „Like A Rolling Stone“-Niveau mit 5 Sternen bewerten, kämen nur ein paar Dutzend überhaupt in Betracht. Die Relationen, otis!
Ja, das verstehe ich schon, das macht mir persönlich jedoch das Besternen nach wie vor schwer. Nicht weil ich alles an Rolling Stone messe, sondern an seiner musikalischen Bedeutung für mich. Und da packt mich Tokyo eben eher am Rande, auch wenn ich seine Qualität sehr wohl höre und vor allem genießen kann.
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FAVOURITESWolfgang DoebelingDu kapierst mal wieder nichts. Wäre auch ein Wunder.
Danke, gleichfalls.
Neu aber auch, weil diese Musik von Ideen lebt, von Distinktionen, von Finessen, die es genau so eben noch nicht gab.
Also genau jene Musik, die sich nicht in deiner Liste finden lässt.
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otisMit dieser Replik von Wolfgang kann ich bestens leben. Danke.
Same here. Und: Die erwähnte Marginalisierung sollte Antwort geben auf die Fragen zur gesellschaftlichen Relevanz, die ein paar Seiten zuvor aufkamen.
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If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words. -
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