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Nick LonghettiDie weiteren Teile folgen bald.
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Hurra, die Schule brennt! (Werner Jacobs, 1969)
Ein neuer Lümmelfilm bringt auch wieder einen neuen Licht- und Schattensetzer, diesmal fiel die Wahl auf den österreichischen Kameragott Hans Jura und dementsprechend hinreißend sieht „Hurra, die Schule brennt!“ auch aus – atemberaubende Farbdramaturgien und optische Tricks galore! Und wenn der Film nicht gerade in geschlossenen Räumen spielt, was naturgemäß aber eher selten vorkommt, dann gibt der Himmel stets die Stimmung vor – eine Eigenheit Juras, die sich besonders gut in „Die schwarzen Adler von Santa Fe“, ein Film, der fast ausschließlich vom Himmel her erzählt wird, und „The Lickerish Quartet“ bestaunen lässt.
Peter Alexander überzeugt zu Beginn noch sehr als Dorfpauker, der schon mal gerne einen über den Durst trinkt und sich beim Gesang seines jungen Freundes, Heintje again, auch mal die Ohren zuhält; später gehen seinen Kostümierungen und Stimmimitationsscherzchen aber schnell die Puste aus, nach der Häfte beginnt der Film zu schwächeln. Das Ende, eine irrsinnige Bühneninszenierung zwischen dem vom Lehrkörper angepeilten Wilhelm Tell und den Karl May-Filmen der Rialto, reißt aber noch mal einiges und bringt alles zu einem guten Abschluss.
Wir hau’n die Pauker in die Pfanne (Harald Reinl, 1970)
Ein Paukerfilm, der mit einem zärtlichen Kuss zwischen Hansi Kraus und Rudolf Schündler – in der hier gezeigten Selbstverständlichkeit auch durchaus progressiv – beginnt, kann gar nicht schlecht werden und in Sachen Energie, die dem Vorläufer ja etwas abging, legt Reinl, wie nicht anders zu erwarten, ordentlich vor. Die Gags zünden gut, machen schnell vergessen, dass der warmherzige Tonfall der Reinlschen Großtat „Pepe, der Paukerschreck“ weitestgehend passe ist. Dafür ist dies der erste Film seit einigen Jahren, in dem die Naturphilosophie des Meisters wieder dominant in den Vordergrund rückt. Theo Lingen darf in einer Doppelrolle – der bereits aus allen Vorgängern vertraute Oberstudiendirektor Dr. Gottlieb Taft und sein aus Afrika zurückkehrender Zwillingsbruder Gotthold – die Piefigkeit der deutschen Wirtschaftswunderjahre gegen die Leichtigkeit des weltgewandten Naturburschen ausspielen; wer Reinl kennt, der kennt auch den Ausgang dieses Bruderzwists. Scharf auf das Erbe des vorgeblich verstorbenen schwarzen Schafes der Familie – in Wirklichkeit nur der bislang ausdauerndste Streich der Lümmel und des schelmenhaften Bruders – versucht Taft verzweifelt die drei Klauseln des Testamentes zu erfüllen, die da wären:
1. Kein Schüler darf sitzen bleiben.
2. Die Adoption des Pflegekindes des Verblichenen, das sich – Überraschung! – als Affendame entpuppt und bisweilen unangenehme Erinnnerungen an Reinls entsetzlichen Schwanengesang „Im Dschungel ist der Teufel los“ (1982) aufkommen lässt.
3. Eine mindestens dreiwöchige abgesessene Haftstrafe
Bei den ungeschickten Versuchen des zutiefst gesetzestreuen Pedanten sich letztere einzuhandeln, punktet „Wir hau’n die Pauker in die Pfanne“ dann auch am meisten, es mischen sich visuelle wie akustische Zitate aus anderen Genres – vom Western zum Agentenfilm – auf souveränste, berauschendste Weise.
Ebenfalls nicht unerwähnt sollten Tafts Ehefrau Agathe, die in ihren nächtlichen Diskussionen mit dem mutlosen Gattenbeweißt, dass eine starke, kluge Frau nicht immer wunderschön sein muss, um einen anziehend auf einen Mann zu wirken sowie Reinls Kurzauftritt, die einzige mir bekannte Sprechrolle seiner Karriere, bleiben; abstrus kostümiert säuft er sich in einer Kneipe den Kummer über den Verlust der Frau vom Herzen und stürzt die Szene so ins entschieden metalastige – zerbrach seine Ehe mit Karin Dor doch nur weniger als zwei Jahre zuvor.
Durchgehend sehr gut und ohne Affen wäre wohmöglich sogar noch mehr drin gewesen.
Morgen fällt die Schule aus (Werner Jacobs, 1971)
Man merkt es schon, die Jahresabstände zwischen den Fortsetzungen werden größer und so vermag der vorletzte Lümmelfilm dann auch wenig Neues zu erzählen, gleicht in seinem extrem einseitigen Fokus auf die jüngsten, aber ziemlich lahmen, Streiche einer Nummernrevue. Weiß das Erzähltempo zu Beginn durchaus noch zu überzeugen, gerät es spätestens beim langatmigen großen Coup doch gehörig ins Stocken. Interessant ist letztlich nur der harte Kontrast zwischen dem Ungehorsam der Schüler und ihren musikalischen Vorlieben, zu Rudolf Schündlers Geburtstag stimmt die Klasse mit Heinje ein entsetzliches schleimiges Stückchen an. Ansonsten leider öde, öde, öde.
Six down, one more to go – Franz Josef Gottlieb, Meister des betulichen Handwerkerkinos, wird aber wohl auch keinen großen Richtungswechsel mehr einläuten.
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We are all failures, at least the best of us are.