Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)

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  • #9965475  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

    Registriert seit: 04.05.2003

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    Napoleon DynamiteArsenal Kino, in glorious 35mm, mit Sonic:
    La cicatrice intérieure von Philippe Garrel

    Le berceau de cristal von Philippe Garrel
    Ein kleiner privater Schnappschuss-Film for the fans und eines der großen Meisterwerke des Don’t-give-a-shit-about your Sehgewohnheiten-Kinos in riesigen Breitwandbildern. Welcher ist welcher? Jedenfalls: Garrel bislang größtenteils im Heimbildformat, ja ja, das war schon nett, aber auf der Leinwand in analog satten Farben: Yeah yeah yeah!

    Yeah! Hätte ich auch gern gesehen, aber nächsten Freitag läuft Le lit de la vierge. Kenne ich nicht, will ich sehen.

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    #9965525  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 67,045

    Vorhin im Kino:

    Un Juif pour l’exemple (Jacob Berger, CH 2016) – ganz hervorragend, auch wenn die Chessex-Figur manchmal etwas nervt … der Anfang aber, bei dem ihm das Wort quasi verweigert wird, und die Idee, die Geschichte von 1942 halbwegs in der Gegenwart anzusiedeln (Autos aus der Jetztzeit) fand ich sehr gut. Chessex‘ Buch über den bestialischen Mord an einem Juden (der Filmtitel, der auch der Buchtitel war, meint soviel wie „Am Juden ein Exempel statuiert“) sorgte bei seinem Erscheinen 2009 für üble Reaktionen, so auch die im Film dargestellten „Narren“ am Fastnachtsumzug, die seinen Namen auf eine Milchkanne schrieben, die einen Grabstein darstellen sollte, und das Doppel-S zur SS-Rune machten.

    Chessex starb im selben Jahr als diese seine letzte Erzählung erschien, 2009 – Nachrufe erschienen u.a. auch im Guardian oder der FAZ (die mit Jürg Altwegg lange Jahre über einen hervorragenden Kenner der Romandie verfügte).

    Wer mehr wissen will, dem sei Daniel Binswangers Artikel aus dem Magazin des Tages-Anzeigers empfohlen, aus Anlass des Filmes erschienen und online nachzulesen:
    https://www.dasmagazin.ch/2016/09/09/jacques-chessex-und-der-judenmord-von-payerne/

    Nehme nicht an, dass der Film in Deutschland einen Kinostart erlebt oder als besonders relevant betrachtet wird, aber er lohnt, sollte man die Chance haben.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #9967283  | PERMALINK

    klimoff

    Registriert seit: 17.07.2016

    Beiträge: 138

    „Macbeth“ (Justin Kurzel)
    Regie, Hauptdarsteller, Kamermann, Komponist – alle haben nach Shakespeare auch an „Assassin’s Creed“ gearbeitet. Spricht ein wenig für sich (und nicht gerade für „Macbeth“) – weckt allerdings auch bislang nicht vorhandenes Interesse für die kommende Game-Verfilmung, da hier viele Fertigkeiten sicherlich lohnenswerter eingesetzt werden.

    „Colonia – Colonia Dignidad“ (Florian Gallenberger)
    Jede sich bietende Gelegenheit wird genutzt, um daraus einen vermeintlichen Spannungsmoment zu klöppeln. Subtil geht anders.

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    #9969557  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

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    Avec Pootie:

    „Erogotoshi-tachi“ yori: Jinruigaku nyūmon / The Pornographers (Shōhei Imamura; 1966)

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    #9970011  | PERMALINK

    fifteenjugglers
    war mit Benno Fürmann in Afghanistan

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 11,446

    Verhoeven – „Elle“. The dirty old man is back.

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    "Don't reach out for me," she said "Can't you see I'm drownin' too?"
    #9970057  | PERMALINK

    nick-longhetti

    Registriert seit: 08.07.2011

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    Die ersten drei Teile der „Lümmel von der ersten Bank“:

    Zur Hölle mit den Paukern (Werner Jacobs, 1968)

    Ein Film der mich überrascht hat und ein tolles Begleitwerk zu Alfred Vohrers Meisterwerk „Sieben Tage Frist“, der bei aller maximal-diabolischen Umkodierung der typischen Ingredienzen eben auch ein Paukerfilm ist. „Zur Hölle mit den Paukern“ beginnt, wie letzterer endet – mit einem suizidalen Fenstersturz, von Hansi Kraus vorgetäuscht, um den armen Rudolf Schündler ohne Umwege ins Sanatorium zu bringen – ungewöhnlich ruppig, ist dieser doch prinzipiell einer der akzeptableren Typen in einem Lehrerkollegium, das teilweise aus notorischen Altfaschisten besteht, die sich die Erschießung von Simulanten wünschen. Aber geschont werden hier nur die Schüler, mit denen sich der Film uneingeschränkt solidarisch erklärt – eine sehr jugendliche, morderne Haltung. Bis auf einige heute freilich reichlich zahme Sexzoten ist die Komik erstaunlich gut gealtert, wenig lässt sich schon auf Kilometer gegen den Wind riechen, Überraschungen gibt es zuhauf. Schön.

    Zum Teufel mit der Penne (Werner Jacobs, 1968)

    Weitestgehend leergesaugt von den düstereren Implikationen des Vorgängers und höchst überspannt – fast alle Streiche werden im enervierenden Zeitraffer gezeigt – beginnt der Film enttäuschend und dann singt auch noch Heintje in einer weitestgehend unmotivierten Szene seinen Hit „Mama“ – schlimm. Gegen Ende gewinnt er dann aber wieder vermehrt Interesse an seinen Figuren, die ansonsten maximal als Ausführende bzw. Opfer von vorhersehbaren Scherzchen herhalten mussten. Mein Highlight: Peter Alexander singt für seine Schüler einen melancholischen (und, ich gebe es zu, herzerwärmenden) Schlager und alle hören gebannt zu, weniger aus Interesse an seiner Musik, sondern als Zeichen gegenseitiger Wertschätzung. Scheiß auf die ollen Generationskonflikte des deutschen Kinos!
    Im Gesamten recht ordentlich.

    Pepe, der Paukerschreck (Harald Reinl, 1969)

    Was dem zweiten Film etwas abgeht, macht den dritten bislang zu meinem Favoriten – die Sympathie und Warmherzigkeit aus Jacobs‘ Original ist zurück! Reinl gibt nun auch erstmals einigen Lehrkörpern liebenswürdige Seiten und wenn Rudolf Schündler, getrieben von aufrichtiger objektophiler Zuneigung zu seinem neuen und ersten Volkswagen, völlig verzweifelt zusammenbricht, als seine Schüler ihm einen Diebstahl vorgaukeln, empfindet man schon ein wenig Mitleid mit ihm. Den Vogel schießt aber Hans Clarin als fragiler, von seinen Kollegen als zu gütig belächelter Dr. Glücklich (was für ein Hohn!) ab, der mit einer Karateeinlage (wer bis dahin nicht wusste, dass er einen waschechten Reinl vor sich hat, erkennt seine Handschrift spätestens dann) ein paar aufdringliche Rohlinge zusammenfaltet und dem Dank seiner Schüler nur unsicher entgegenhalten kann: „Aber wir sind doch Freunde, oder?“. Sind sie und mir ging das Herz auf! Generell gehen Heiterkeit und Ernst in Reinls Film nahtlos ineinander über.
    Neu ist auch Franz X. Lederle als Kameramann, dessen Fotografie näher am Geschehen (aber damit eben auch an den Gefühlen der Handelnden) ist als je zuvor, nie stillsteht und den Film durch ihre Agilität immer wieder nach vorn puscht.
    Absolut fantastisch!

    Die weiteren Teile folgen bald.

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    #9970195  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

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    Reality
    (Regie: Quentin Dupieux – Frankreich, 2014)

    Reality, ein neunjähriges Mädchen, findet eine mysteriöse VHS-Kassette im Bauch eines Wildschweins. Während ihre Eltern deren Existenz abstreiten, entwickelt sie eine regelrechte Obsession den Inhalt zu sehen. Dennis, der neurotische TV-Moderator einer lokalen Kochsendung, leidet an einer imaginären Hautkrankheit. Getrieben vom Unverständnis seiner Mitmenschen verliert er sich zunehmend in einen Verfolgungswahn. Jason, der Kameramann der Kochsendung, träumt von der Verfilmung seines Horrorfilm-Projekts. Voraussetzung ist allerdings, dass er innerhalb von 48 Stunden den perfekten Angstschrei findet. Schnell verliert sich der angehende Filmemacher jedoch bei der Suche und vermischt zusehend seine Träume mit der Realität.

    Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, Quentin Dupieuxs („Wrong“, „Rubber“) neuesten Film „Réalité“ (Originaltitel) nach einem Teil der Laufzeit zu stoppen, um die Handlung zu rekapitulieren. Wie ich vermutet hatte, war dies auf einer geradlinigen erzählerischen Ebene gar nicht mehr möglich, denn hier schienen sich mehrere Möbiusbänder ineinander verheddert zu haben. Wie Bruchteile vieler verschiedener Spiegel liegen die Szenen des Films nebeneinander, mit der Möglichkeit, Schlieren des Ursprungsbilds in eine beliebige andere Scherbe zu reflektieren. Die Unsitte, einen Film vorauszudenken, auf die besserwisserisch-detektivische Art eines Sherlock Holmes, wird hier nicht nur ad absurdum geführt, es stehen grundsätzlich die Wahrnehmung des Kinos und der Realität zur Disposition. Und nicht nur das: Auch Träume, Albträume und Wahnsinn können sich ihrer zugewiesenen Plätze nicht sicher sein. Wenn Regisseur Dupieux zum Tanz auffordert, gilt Kneifen nicht.
    Wie schon „Rubber“ ist auch „Réalité“ ein Spiel mit dem Absurden, dem (Genre-)Kino und den erzählerischen Regeln, die vermeintlich einzuhalten sind, um das Publikum bei Laune zu halten; dabei aber immer eine wunderbare Komödie, die vor witzigen und komischen Momenten nur so strotzt. Die leichten Längen aus „Rubber“ findet man in „Réalité“ nicht wieder, vielleicht auch deshalb, weil Dupieux sich nicht mal bemüht, ein konsistentes Narrativ vorzutäuschen, wie es in „Rubber“ noch geschah.
    Hier ordnet sich alles der Willkür des Regisseurs unter, der ja nun wirklich in der Lage ist, das Publikum am laufenden Band zu manipulieren (und dies auch tut). Dupieux macht seinen Zuschauern schnell klar, dass ihre erarbeiteten Begriffe, ihre erkannten Formen, maximal unzureichend sind, wenn sich das Absurde an der Grenze des Bewussten und Unbewussten aus Surrealismus und Filmhistorie speist, um sich nach faszinierenden Szenen oder gelungenen Gags aufzulösen oder wabernd noch eine Weile stehen zu bleiben, um durch die Ritzen der nächsten Szene, in eine schon länger zurückliegende Einstellung vorzudringen.
    Die Verweise auf das Slasher-Genre in „Rubber“ ersetzt Quentin Dupieux in „Reality“ durch ein paar eindeutige Bezugnahmen auf das Frühwerk David Cronenbergs, nicht nur mit dem Film-Im-Film-Im-Albtraum-Im-Wahn „Waves“, der an „Scanners“ denken lässt, sondern auch durch den Beginn des Films selbst, wenn ein kleines Mädchen, Rufname „Reality“, ein blaues Videotape in den Innereien eines Wildschweins findet. „Videodrome“ lässt grüßen.
    Die Dialoge sind detailreich ausgearbeitet und tragen sehr zur komischen Absurdität bei, die all diese Bruchstücke über gut 80 Minuten verbindet und trägt. Ein Dialog (am Telefon) macht schließlich auch das Kunststück möglich, „Reality“ doch pointiert zum Abschluss zu bringen, und zwar so, als hätte hier tatsächlich alles einen Sinn, einen angestammten Platz und würde einem Ziel entgegenstreben. Der totale Irrsinn – wurden doch zuvor über mehr als eine Stunde Wahrnehmungen geleugnet, Identitäten verdoppelt oder vielleicht auch gewechselt, Träume in die filmische Realität überführt und umgekehrt – selbst Wahnsinn schien eine ganz passable Zufluchtsmöglichkeit zu sein, wenn man sich in einem Traum wähnte. Die Lösung liegt vielleicht viel näher, als man denkt: Es gibt keine.
    Anstatt dem unsympathisch gezeichneten Filmproduzenten in „Reality“ zu folgen, und alles erklären und rationalisieren zu wollen, mit einem kleinkarierten Hang zu Effizienz und vor allem Kausalität und Stringenz, dürfen alle Bilder einmal nebeneinander stehen, zur gleichen Zeit, am gleichen Ort – erfahrene Realität, Kinobesuche und Träume vermischen sich sowieso im Innen(er)leben des Zuschauers. Wenn der Vater der Realität (Realitys Papa) auf seiner Meinung beharrt, dass das Innere/die Innereien aller Tiere nutzlos ist/sind, revoltiert das Säugetier im Publikum, während Reality nur einen abschätzenden Blick für ihren Erzeuger übrig hat.
    In Kalifornien gedreht, zeichnen die sonnigen Einstellungen ein lockeres Klima, das zuweilen neblig und verschwommen erscheint, um auch auf dieser Gestaltungsebene alle Eindeutigkeiten zu beseitigen. Der freundliche Ton der Bilder setzt Dupieuxs sechste abendfüllende Regiearbeit von anderen filmischen Versuchen zur Realität ab: Nicht das Gegrübel, sondern der Spaß am Willkürlichen steht im Vordergrund. So funktionieren oft die unterhaltsamsten Filme; auf einer direkten, intuitiven Art, mit einem Oberbau, der viel Platz für eigene Gedanken, Erkundungen und Erfahrungen lässt. Egal, ob man „Reality“ als surreale Komödie oder das Kino zersetzende Satire, als Versuch über die Absurdität von konstruierter Realität oder als urkomischen Situationsreigen wahrnimmt, es gibt weder das Verlangen, noch die Möglichkeit auszusteigen. Um danach eine weitere Runde zu drehen und sich die Welt (und alles, was drin ist) verwirbeln und zerstrudeln zu lassen. Reality ain’t always the truth.

    Trailer

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    #9972709  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

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    Mal wieder im Kino gewesen:

    Philippe Garrel – Le lit de la vierge

    Einer von diesen Schwarz-weiß-Filmen, bei dem man alle Farben sieht.

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    #9975787  | PERMALINK

    nick-longhetti

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    Il giustiziere sfida la città (Umberto Lenzi, 1975)

    Der unterschätzte Lenzi: Die Poliziottescovariante von „Red Harvest“/“Yojimbo“/“Per un pugno di dollaro“, jeder wie er es möchte, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung nicht nur als temporeicher, tadellos inszenierter Reißer, sondern als eine der pessimistischsten Reflektionen über Männlichkeitsbilder, die das italienische Kino zu bieten hat.
    Tomás Miliáns Rambo – treffend nach dem später berühmtesten traumatisierten Vietnamrückkehrer des Kinos benannt – ruht scheinbar in sich selbst, legt keinen Wert auf Distinktionspielchen und obwohl er fast alles besser kann als die Männer, die ihn umgeben, bedeutet ihm dies nichts.
    Seine Jugendfreund Pino wäre gern wie er, von allen bewundert, stark und mit einem PS-starken Motorrad – er muss mit einem kümmerlichen Kleinkraftrad Vorlieb nehmen – unterm Hintern. Als er in seiner Funktion als (eine Art) privater Polizeibeamter – die Sehnsucht des kleinen Mannes nach Sicherheit ist in einer gewalttätigen und unübersichtlich gewordenen Gesellschaft groß – einer Kindesentführung auf die Spur kommt, wittert er seine große Chance und wird prompt umgelegt. Sein Tod ist grausam, ihn mitanzusehen schockiert – Lenzi drehte einen ganzen Haufen expliziterer, leichenhaltigerer Filme, unangenehmer ist aber keiner. Und kurz nach diesem sinnlosen Tod erfahren wir dann auch noch, dass Pino im Grunde schon besaß, was er am meisten begehrte, die Anerkennung seiner Mitmenschen: Sein Vorgesetzter lobt ihn als seinen besten Mann, seiner Familie bleibt das Bild eines mutigen Vaters erhalten – wen schert es da noch, dass sie nun allein sind?
    Die Mörder sind ein bunter Haufen, zusammengesetzt aus den Mitgliedern zweier konkurrierender Syndikate, eines eint sie dennoch:
    Sei es Joseph Cotten – alt und kränklich, aber damit auch sehr passend besetzt – als erblindender Altgangster, der mit seinem Augenlicht auch die Kontrolle über seine Männer verliert, sein ehrgeiziger Sohn, der Femi Benussi im Verhör erst als Hure verhöhnt, sie dann, bevor er überhaupt etwas erfährt, wie im Rausch totschlägt und es umgehend bereut oder die vielen namenlosen Helfer, die nur in der Gruppe stark zu sein scheinen – sie alle wirken wie kleine Jungs, die die Spiele der Erwachsenen spielen wollen.
    Aber auch Rambo ist nicht ohne Schwächen, klüger als die anderen kann er diese zwar meist einschätzen, aber wenn er beim Gespräch mit Sohn und Frau des frisch verschiedenen Freundes still im Abseits steht, den Blick gesenkt, nervös an seinen Fingern spielend, dann ahnt man es: Hinter der harten, nihilistischen Fassade steckt einer, der einmal sehr verletzt worden sein muss und nun niemanden mehr wirklich an sich heranlässt. Und so fährt er dann am Ende auch dorthin, wo er herkam, ins Nirgendwo, die Gesellschaft und die zu ihm aufschauenden Kinder zurücklassend – es ist ein Jammer mit den Kerlen!
    Keinen Jammer hat man aber mit diesem Film, der ist superb und lässt, wie auch Lenzis transgressives Behinderungsepos „La banda del gobbo“, seine bekannteren Werke doch etwas im Staub zurück.

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    #9978035  | PERMALINK

    klimoff

    Registriert seit: 17.07.2016

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    „Batman v Superman: Dawn of Justice – Ultimate Edition“ (Zack Snyder) ***1/2
    Recht ambitioniert und komplex – und wirr. Selbst drei Stunden reichen nicht aus, um das Geschehen zu jedem Zeitpunkt nachvollziehbar zu machen. Trotzdem ist – rein subjektive Empfindung – hier das DC Extended Universe mit seiner episch aufgeblasenen Schicksalsschwere packender als die vergleichsweise leichtfüßigen Vertreter des Marvel Cinematic Universe. Diverse Makel, die man bedauert. Aber zu reizvoll, um vom Scheitern zu reden. Daran kann auch das x-te finale Monsterviech nichts ändern.

    „The Hateful Eight“ (Quentin Tarantino) ***1/2
    Eine anschließende Google-Suche hat glücklicherweise ergeben, dass es durchaus „normal“ ist, einen Tarantino-Western mit Sam Jackson zu schauen und dabei an Hercule Poirot zu denken.

    „Unbroken“ (Angelina Jolie) ***-***1/2
    Mit sicherem Händchen klassisch inszeniert. Hinter der Kamera ist sie beeindruckender als davor. Fair enough, Roger Deakins saß daneben.

    „The Magnificent Seven“ (Antoine Fuqua) ***
    „Dheepan“ (Jacques Audiard) ***
    „Snowden“ (Oliver Stone) ***
    „Men & Chicken“ (Anders Thomas Jensen) ***

    „La Famille Bélier – Verstehen Sie die Béliers?“ (Éric Lartigau) **1/2-***

    „True Story“ (Rupert Goold) **1/2

    „Toro“ (Kike Maíllo) **-**1/2

    Mottowoche: Leben-gegen-Leben-aufrechnen
    a) “Terror – Ihr Urteil“ (Lars Kraume) **1/2-***
    b) “Inferno“ (Ron Howard) **1/2
    Die Strandlektüren-Buchvorlage hat sich mehr getraut.

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    #9979449  | PERMALINK

    hotblack-desiato

    Registriert seit: 11.11.2008

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    She’s the one (Edward Burns) 1996

     

    Den Soundtrack von Tom Petty hab und mag ich seit erscheinen, den Film aber seltsamerweise noch nie gesehen. Leider bleiben die Figuren alle etwas hölzern und distanziert. Cameron Diaz sieht toll aus, Aniston bleibt blass. Auch sonst alles mit angezogener Handbremse. Schade, hätte mehr draus werden können.

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    ~ Mut ist, zu wissen, dass es weh tun kann und es trotzdem zu tun. Dummheit ist dasselbe. Und deswegen ist das Leben so schwer. ~
    #9982023  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

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    Maggie
    (Regie: Henry Hobson – USA, 2015)

    Wade Vogels (Arnold Schwarzenegger) Tochter Maggie (Abigail Breslin) wurde bei einem heimlichen Ausflug in die postapokalyptische Großstadt trotz aller Kontrollen von einem Zombie angegriffen und verletzt. Die Maschinerie aus Arztbesuchen, Quarantäne und Sicherheitsbestimmungen setzt nun ein und droht das Mädchen zu verschlingen. Doch Farmer Wade holt sie nach Hause. Der zunehmend verzweifelte Vater wünscht sich einige letzte schöne Tage und eine kontrollierte Sterbebegleitung für seine Tochter, deren pubertärer Dickkopf ihm im Angesicht der Schrecken und der sichtbaren Transformation des Kindes seinen Leidensweg noch verstärken. Und der Tag der Entscheidung rückt näher, während Maggie sich zu einer Gefahr für ihre Umwelt und Mitmenschen entwickelt…

    Alles begann mit dem halbwüchsigen Alois aus der Steiermark, der sich aufpumpte, aufblies und aufblähte, bis man ihm den Titel des „Mister Universum“ zugestand. Der hohle Ballon, den das Bodybuilding gebar, füllte sich aufgrund des Ruhms mit heißer Luft und schwebte gen Hollywood, wo man von oberflächlich interessanten und attraktiven Dingen zehrt, so dass eine Leinwandkarriere ihren Lauf nahm, die genauso aufgepumpt und leer war, aber Millionen Dollars in die Kassen der Filmindustrie spülte. Im Geiste Ronald Reagans war es dann auch nur ein kleiner Schritt vom „Schauspieler“ zum Politdarsteller.
    Arnold Schwarzenegger widerlegt gründlich die Behauptung des Mathematikunterrichts, mit minimalem Einsatz könne kein maximales Ergebnis erreicht werden. Wie viele andere „Top-Stars“ (genannt seien zum Beispiel Tom Cruise und Angelina Jolie), bestritt Schwarzenegger nicht eine bemerkenswerte Rolle in seinem filmischen Leben und wirkte auch an keinem Film mit, der abseits des Blockbuster-Kinos (und für dessen genügsame Verfechter) eine Rolle spielen würde. Aber wenn ein Bauernlümmel aus Österreich über die Umwege des Bodybuildings nach Hollywood findet und dort in einen der einflussreichsten Clans der USA einheiratet, muss er ja etwas richtig gemacht haben. So zumindest die Apologeten von Geld, Macht und sozialem Aufstieg. Gerhard Schröder gefällt das.
    Schwarzenegger ist ein Clown, ein Hampelmann, im allerbesten Falle ein „Körperschauspieler“, wie der Katholische Filmdienst mal euphemistisch über Arnies Mitbewerber Jean-Claude van Damme urteilte, und doch verfügt er über einen klotzköpfigen Charme, der ihn die gemeinsamen Szenen mit Abigail Breslin in „Maggie“ beherrschen lässt. Die „Little Miss Sunshine“ besitzt keine darstellerischen Möglichkeiten, um sich der Dominanz von Schwarzeneggers Statur zu entziehen, der mit wildem Bartwuchs und den vielen Falten und Runzeln des Alters jetzt auch optisch den Höhlenmenschen entspricht, die er in seiner Karriere am liebsten verkörperte.
    Die Renaissance der lebenden Toten im Kino ging mit einigen Anpassungen an heutige Geisteshaltungen vonstatten; etwa die Verlagerung weg vom Horror- ins Action-Genre, wo selbst die rottenden Untoten sich dem Zeitgeist der Selbstoptimierung nicht verschließen können und demnach spurten, anstatt zu schlurfen. Danke, Zack Snyder. Schönen Dank auch, Danny Boyle. In solch einem Szenario, das auf Macho-Geballer und Muskeln setzt, würde man Schwarzenegger nicht sofort als Fremdkörper ausmachen können. Auch im unsinnigen Format der TV-Serie kamen die Toten zurück, und bescherten mir dort schmerzvollere Qualen als die Action-Variante: Im Grunde ihres Herzens (und ihrer Struktur) sind all diese Fernsehserien Soaps, welche die Ränkespiele, die Intrigen und das ganze Brimborium von „Dallas“ und „Denver“ zurückbringen – für ein jüngeres Publikum, nun eben mit Drachen oder Zombies.
    Da möchte ich es „Maggie“ gar nicht zum Vorwurf machen, wenn er die apokalyptische Weitsicht des Zombiefilms dimmt und die Wahrnehmung auf die Kleinfamilie beschränkt, wo vorher gesamtgesellschaftliche Zusammenhänge diskutiert wurden, denn abseits der melodramatischen Szenen besinnt sich Regisseur Henry Hobson in seinem Debüt auf das Unheimliche. Keine billigen Schocks, die über Massenszenen oder hektische Action erzeugt werden sollen, sondern Bilder des Grauens und des Verfalls. Es sind persönliche Bilder des Niedergangs einer Familie, die sich nur noch um sich selbst dreht – ihr Bezug zur Welt ist verlorengegangen und konnte nicht aufrechterhalten werden. Als Stimme der Vernunft tritt – ausgerechnet! – die Dorfpolizei auf.
    In den ausgewaschenen Farben von „Maggie“ findet man (neben der Zombieseuche) viele andere Themen des Familendramas: Die Pubertät, der Verlust eines Elternteils, die Patchwork-Familie, die tödliche Krankheit, die „böse“ Stiefmutter. Leider ist die emotionale Ebene von „Maggie“ ebenso aufgeblasen und hohl wie Schwarzeneggers Karriere; sie kann sich nicht von den Klischees des Hollywoodfilms lösen, inklusive der Heuchelei, wenn es um das Sterben der Lieben und das Töten der Anderen geht. Hier versagen nicht nur Hobson mit seiner Allerweltsinszenierung der Gefühle, sondern auch Schwarzeneggers Schauspiel und die blasse Abigail Breslin als titelgebende „Maggie“. Schließlich schreckt Hobson im Finale ebenfalls vor einer Lösung zurück, die sich außerhalb der Hollywoodspielregeln verorten ließe: Der Zombiefreitod, der in glückseligen Jenseitsszenen der Wiedervereinigung von Mutter und Tochter gipfelt, erspart Schwarzenegger ein weiteres ernsthaftes, aber debil flackerndes Gesicht aufzusetzen, wenn er die Schrotflinte, die er wie der Terminator hält, auf seine Tochter anlegen muss. So kann man mit dem heißen Eisen „aktive Sterbehilfe“ hantieren, ohne sich die Finger zu verbrennen.
    Die vollmundige Ankündigung von Presse und Verleih, hier einen „anderen“ Arnold Schwarzenegger erleben zu können, ist natürlich Blödsinn. Sein Spiel unterscheidet sich nicht von dem gewohnten Murks aus runtergekurbelten Schnellschüssen wie „Collateral Damage“. Trotzdem etabliert sich „Maggie“ über weite Strecken als gelungenes Zombie-Drama, das mit seiner düsteren Ruhe überzeugt, ein paar wirklich unheimliche Szenen entwirft (auch dank des großartigen Zombie-Make-Ups) und darüber all seine kleineren und größeren Fehler vorübergehend vergessen lässt.

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    #9982087  | PERMALINK

    Anonym
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    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    Also ich fand den Film „Maggie“ ziemlich unbrauchbar, dafür das Spiel von Arnie in seinen Möglichkeiten garnicht so übel, besonders die letzte Szene im Sofa hat sich eingebrannt, der Film dagegen funktionierte für mich weder als Coming- of- Age Drama, noch als Zombie Reißer Da gibt es momentan andere Horrorfilme mit Arthouse Touche, die für mich um einiges besser funktionieren.

    Übrigens finde ich den Soap Vergleich mit den aktuellen Serien garnicht so verkehrt, nur würde ich das nicht so negativ sehen, weil das große Suchtpotenzial einiger Serien über eben diese Elemente entsteht, bestes Bsp. GoT. Und wenn man das so grob runterreißt, könnte man diesen Vergleich auch mit einem Shakespeare Stück anstellen.

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    #9982091  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    „Maggie“ hat doch gar keinen „Arthouse-Touch“? Der ist nur nicht so krawallig wie der Rest. :D Das Melodram funktioniert nicht, aber alle Zombieszenen sind sehr hübsch.

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    #9985213  | PERMALINK

    nick-longhetti

    Registriert seit: 08.07.2011

    Beiträge: 655

    Nick LonghettiDie weiteren Teile folgen bald.

     

    Weiter geht’s:

    Hurra, die Schule brennt! (Werner Jacobs, 1969)

    Ein neuer Lümmelfilm bringt auch wieder einen neuen Licht- und Schattensetzer, diesmal fiel die Wahl auf den österreichischen Kameragott Hans Jura und dementsprechend hinreißend sieht „Hurra, die Schule brennt!“ auch aus – atemberaubende Farbdramaturgien und optische Tricks galore! Und wenn der Film nicht gerade in geschlossenen Räumen spielt, was naturgemäß aber eher selten vorkommt, dann gibt der Himmel stets die Stimmung vor – eine Eigenheit Juras, die sich besonders gut in „Die schwarzen Adler von Santa Fe“, ein Film, der fast ausschließlich vom Himmel her erzählt wird, und „The Lickerish Quartet“ bestaunen lässt.
    Peter Alexander überzeugt zu Beginn noch sehr als Dorfpauker, der schon mal gerne einen über den Durst trinkt und sich beim Gesang seines jungen Freundes, Heintje again, auch mal die Ohren zuhält; später gehen seinen Kostümierungen und Stimmimitationsscherzchen aber schnell die Puste aus, nach der Häfte beginnt der Film zu schwächeln. Das Ende, eine irrsinnige Bühneninszenierung zwischen dem vom Lehrkörper angepeilten Wilhelm Tell und den Karl May-Filmen der Rialto, reißt aber noch mal einiges und bringt alles zu einem guten Abschluss.

     

    Wir hau’n die Pauker in die Pfanne (Harald Reinl, 1970)

    Ein Paukerfilm, der mit einem zärtlichen Kuss zwischen Hansi Kraus und Rudolf Schündler – in der hier gezeigten Selbstverständlichkeit auch durchaus progressiv – beginnt, kann gar nicht schlecht werden und in Sachen Energie, die dem Vorläufer ja etwas abging, legt Reinl, wie nicht anders zu erwarten, ordentlich vor. Die Gags zünden gut, machen schnell vergessen, dass der warmherzige Tonfall der Reinlschen Großtat „Pepe, der Paukerschreck“ weitestgehend passe ist. Dafür ist dies der erste Film seit einigen Jahren, in dem die Naturphilosophie des Meisters wieder dominant in den Vordergrund rückt. Theo Lingen darf in einer Doppelrolle – der bereits aus allen Vorgängern vertraute Oberstudiendirektor Dr. Gottlieb Taft und sein aus Afrika zurückkehrender Zwillingsbruder Gotthold – die Piefigkeit der deutschen Wirtschaftswunderjahre gegen die Leichtigkeit des weltgewandten Naturburschen ausspielen; wer Reinl kennt, der kennt auch den Ausgang dieses Bruderzwists. Scharf auf das Erbe des vorgeblich verstorbenen schwarzen Schafes der Familie – in Wirklichkeit nur der bislang ausdauerndste Streich der Lümmel und des schelmenhaften Bruders – versucht Taft verzweifelt die drei Klauseln des Testamentes zu erfüllen, die da wären:

    1. Kein Schüler darf sitzen bleiben.
    2. Die Adoption des Pflegekindes des Verblichenen, das sich – Überraschung! – als Affendame entpuppt und bisweilen unangenehme Erinnnerungen an Reinls entsetzlichen Schwanengesang „Im Dschungel ist der Teufel los“ (1982) aufkommen lässt.
    3. Eine mindestens dreiwöchige abgesessene Haftstrafe

    Bei den ungeschickten Versuchen des zutiefst gesetzestreuen Pedanten sich letztere einzuhandeln, punktet „Wir hau’n die Pauker in die Pfanne“ dann auch am meisten, es mischen sich visuelle wie akustische Zitate aus anderen Genres – vom Western zum Agentenfilm – auf souveränste, berauschendste Weise.
    Ebenfalls nicht unerwähnt sollten Tafts Ehefrau Agathe, die in ihren nächtlichen Diskussionen mit dem mutlosen Gattenbeweißt, dass eine starke, kluge Frau nicht immer wunderschön sein muss, um einen anziehend auf einen Mann zu wirken sowie Reinls Kurzauftritt, die einzige mir bekannte Sprechrolle seiner Karriere, bleiben; abstrus kostümiert säuft er sich in einer Kneipe den Kummer über den Verlust der Frau vom Herzen und stürzt die Szene so ins entschieden metalastige – zerbrach seine Ehe mit Karin Dor doch nur weniger als zwei Jahre zuvor.
    Durchgehend sehr gut und ohne Affen wäre wohmöglich sogar noch mehr drin gewesen.

     

    Morgen fällt die Schule aus (Werner Jacobs, 1971)

    Man merkt es schon, die Jahresabstände zwischen den Fortsetzungen werden größer und so vermag der vorletzte Lümmelfilm dann auch wenig Neues zu erzählen, gleicht in seinem extrem einseitigen Fokus auf die jüngsten, aber ziemlich lahmen, Streiche einer Nummernrevue. Weiß das Erzähltempo zu Beginn durchaus noch zu überzeugen, gerät es spätestens beim langatmigen großen Coup doch gehörig ins Stocken. Interessant ist letztlich nur der harte Kontrast zwischen dem Ungehorsam der Schüler und ihren musikalischen Vorlieben, zu Rudolf Schündlers Geburtstag stimmt die Klasse mit Heinje ein entsetzliches schleimiges Stückchen an. Ansonsten leider öde, öde, öde.

    Six down, one more to go – Franz Josef Gottlieb, Meister des betulichen Handwerkerkinos, wird aber wohl auch keinen großen Richtungswechsel mehr einläuten.

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    We are all failures, at least the best of us are.
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