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1. Larks‘ tongues in aspic (part one) (*****)
2. Book of saturday (****)
3. Exiles (*****)
4. Easy money (**** 1/2)
5. The talking drum (**** 1/2)
6. Larks‘ tongues in aspic (part two) (**** 1/2)
„Larks‘ tongues in aspic“ wählt nach dem mystischen, oft stark dissonanten „Islands“ einen etwas anderen Ansatz und nach meinem Gefühl war dies immer das Album, in dem Bill Brufords Stilprägung am stärksten zur Geltung kommt. Es ist nicht mein liebstes Werk in dieser Besetzung (das wäre „Red“), aber es gibt die Richtung King Crimsons für die nächsten Jahre vor: Mehr Experimente, mehr Improvisationen, mehr freie Gestaltung, kammermusikalische Ansätze – dafür weniger Fabelhaftigkeit und zarter Schmelz. Auf den Lerchenzungen in Aspik bilden ein ganzes Ensemble aus Percussion (Timbales, Kuhglocken, Holzblock, diverse Klingel- und Bimmelinstrumente, named as „allsorts“), Violine, Bratsche, Mellotron, Flöte und Viola, nebst dem bisherigen Instrumentarium, Stimmverzerrungen und Klangexperimenten einen oft kaskadenartigen, jazzlastigen Sog. King Crimson lassen in „The talking drum“ den Wind hauchen und im Closer durchdringt am Ende eine einzelne Streichermelodie einen ganzen Orkan an virbrierendem Sound – etwas, das Bands wie Godspeed you! black emperor Jahrzehnte später ebenfalls aufgriffen (ebenso wie diverse Sprachfetzen, Lachen und Geräusche, die an Tiere erinnen).
Das Album lässt sich enorm viel Zeit in seinem Aufbau von Spannung und immer wieder vergesse ich, dass der Großteil des Werks völlig ohne Gesang gestaltet ist. Ich mag das Spiel mit laut-leise Dynamik, zwischen Crescendo und abschlißender Explosion, die Vermengung von grellen Gitarrenmotiven mit bedrohlichen, teils im Hintergrund gehaltenen Streichereinlagen. Es gibt in der großen Titelkompositionen ein mehrminütiges Percussion-Intro (das im Verlauf Teile von „The night watch“ vorwegnimmt), das plötzlich von harschen, fast metalesken Gitarren-Breaks zerschlagen wird. Ich mag es, die Instrumente isoliert zu hören. Den fantastischen Schlagzeugsound von Bruford etwa – beschleunigte und rasend schnell hintereinander gespielte Doppel- und Dreifachschläge, Beckenrascheln, knackende Rhythmik, schwungvolle, lockere Takte, Gongknallen, ein Spiel, das zu Abschluss wie Peitschenschläge die Kompositionen antreibt – mal begleitend, mal dominierend. Die Band hat hier eine Sprache gefunden, die jedem kleine Soloeinlagen erlaubt – immer wieder findet die Band zusammen. Einer der schönste Momente ist das Ende von „Exiles“ – Wetton singt mit betörender Innigkeit (die dennoch leicht klingt), im langen Outro umspielen Streicher, akkustische Gitarre und Piano die Gesangsharmonien auf unnachahmliche Weise. In „Easy money“ stehen im Verlauf irgendwann Streichinstrumente isoliert vor der bedrückenden Stille – gehaltene Töne, die lange nachhallen und dann von Fripps warmen Gitarrenmelodien ergänzt werden.
Wenn ich etwas kritisieren kann, dann ist es die mitunter fehlende Gewichtigung. Der Nachfolger „Starless and bible black“ hatte die konkreteren Songs, hier überwiegen die Experimente – „Red“ führte dann später beide Stränge zusammen.
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Hold on Magnolia to that great highway moon