Antwort auf: Klassik-Rezeption: Distanz & Durchbrüche beim Hören bestimmter Werke/Komponisten

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gypsy-tail-wind
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Ja, das ging mir auch durch den Kopf, als ich den Post formulierte: verschiedenartige Rezeption, ein Nebeneinander, nicht eine Gegenposition oder Widerrede. Das wirkliche Unbehagen beim Hören kenne ich allerdings rein intuitiv/physisch tatsächlich kaum, weder aus der Klassik noch aus dem Jazz, nicht mal bei der improvisierten Musik (bei der populären Musik ist das wohl anders, aber ich weiss da halt nie, inwiefern es dann einfach der Kopf ist, der sich durchsetzt, Vorurteile oder auch begründete Abneigungen, die mir den Genuss verunmöglichen). Ich war im Sommer z.B. auf einem Konzert mit einer Art Drone-Musik, das viele, die auch dort waren, enorm laut und unangenehm empfanden. Es war für meine Empfinden wirklich nicht laut. Über diese Aussage war ich sogar erstaunt, und sie kam von Leuten, mit denen ich im März vier Abende lang bei Brötzmann in einem kleinen Club in der ersten Reihe sass, die wissen also eigentlich genau, was laut ist. Und ich fand es auch nicht unangenehm – aber wie diese Dinge funktionieren, wie stark körperliches Empfinden und/oder Befinden mitspielt und wie sehr wir uns dabei selber übertölpeln können (oder das Gegenteil), keine Ahnung.

Was ich aber kenne, ist eine Art Ratlosigkeit, auch ein Vorüberziehen, eine Art Belanglosigkeit, die es auch geben kann mit vertrauten Dingen, wenn ich sie am falschen Tag hören möchte (die Frage ist dann, warum ich sie an dem Tag hören wollte – manchmal wirklich ohne Gedanken, die CD lag halt grad griffbereit da und ich legte sie mal ein, aber andere Male möchte ich etwas hören und es geht nicht, nach zehn Minuten muss ich abbrechen). Das ist aber fast immer situativ. Klar gibt es Dinge, die ich fast nie hören mag aber doch nicht missen möchte – aber dieses generelle „den begreife ich (noch) nicht“ kenne ich so allgemein wirklich nicht, es gibt dann doch immer irgendwie eine Faszination oder ganz konkrete Ausnahmen. Ich stehe z.B. bei Debussy immer noch vor dem Berg, habe aber ein grossartiges Live-Erlebnis mit „Pelléas et Mélisande“ gehabt und schätze Marcelle Meyers Debussy-Aufnahmen enorm … dennoch habe ich noch keinen wirklichen Zugang, weder zur Klavier- noch zur Orchestermusik, obgleich mich von dieser wieder durchaus Dinge irgendwie faszinieren, ohne dass ich das Gefühl hätte, sie zu verstehen – das ist mir nicht unbedingt Ansporn, immer wieder zu hören und dann vielleicht enttäuscht zu werden, ich versuche es eher entspannt hie und da mal wieder und warte halt auf das „Heureka“, das durchaus eintreten kann, das aber vielleicht auch eher – unbemerktes – Resultat eines allmählichen Prozesses ist … aber so genau weiss ich das eigentlich gar nicht, ich habe wohl alle diese Gedanken schon gehabt aber noch nicht versucht, sie so gebündelt festzuhalten.

 

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