Antwort auf: Die wunderbare Welt der Oper

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gypsy-tail-wind
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kingberzerk Now you lost me completely. Zum einen finde ich es schwierig, der oberen Parenthese zu folgen, da eine Klammer fehlt, doch abgesehen von dieser formalen Petitesse war der Soap-Vergleich doch ursprünglich von Dir

Natürlich war der Vergleich von mir, ich versuchte ihn ja gerade zu erläutern, zu korrigieren. Ich habe auch kein Problem damit, mal in eine falsche Richtung zu denken und dies nachträglich zuzugeben. Wir sind hier in einem Forum, da sollte Raum für sowas sein.

kingberzerk … und mir erscheint es wie eine polemische Ausflucht, Hanningan die Verantwortung für die Rettung des Operngenres zuschieben zu wollen, nur weil sie die Aufgabe für mich erfüllt. Oder wie Prohaska, Ligeti und Schäfer, nur um einige zu nennen. Und Theaterleute wie die bereits genannten.

Ähm, ich glaube da jubelst Du mir was unter – ich mag den Tonfall nicht so sehr und habe eh längst das Gefühl, wir reden bloss aneinander vorbei. Aber gut: ich schiebe Hannigan gar keine Verwantwortung für nichts zu (ausser für ihr eigenes Tun und Lassen), mag sie überdies sehr (nicht, dass da noch ein Missverständnis entsteht).

Wenn die Oper heute einen anderen Stellenwert hat – einen geringeren, einen elitärereren als je zuvor -, liegt das weder an Hannigan noch an Ligeti. Die Produktionskosten sind schlicht kaum mehr tragbar (die Subventionen für Opernhäuser sind absurd hoch und fehlen durchaus anderswo im Kulturbereich), dass die Eintrittspreise dennoch hoch sind schliesst eine grosse Zahl der Menschen bereits aus. Das Desinteresse ist aber natürlich auch selbstverschuldet, so gesehen kann man das Publikum durchaus auch mal beschimpfen, das sich von den Casting-Shows und dem omnipräsenten Infotainment abstumpfen lässt. Aber ein grösseres Interesse – z.B. durch „relevantes“ Theater auf Opernbühnen – würde daran nicht viel ändern, auch bei einer maximalen Auslastung würde kaum ein Opernhaus auch nur die Hälfte seines Budgets selbst tragen können. Kultur soll was kosten, das ist gar keine Frage, aber welche Kultur soll die Allgemeinheit wieviel kosten? Sollten nicht eher Compagnien, die mit kleinerer Flamme kochen und in ihrem Kommentar zur Gegenwart viel bissiger sind, viel schneller reagieren können, als die altehrwürdigen Stadttheater und Opernhäuser, Unterstützung finden? Oder sollten gerade diese sich nicht domestizieren und einbinden lassen, auf das Hamsterrad verzichten, dem das Buhlen um öffentliche Gelder allenthalben gleicht? Ich weiss die Antworten auf diese Fragen auch nicht, aber ich finde sie sollten diskutiert werden – und das nicht nur in den Zirkeln, die zum Zielpublikum der erwähnten High-End-Häuser zählen.

kingberzerk Die Entscheidung, ob die das dann für mich leisten oder nicht, kannst Du schon gern mir überlassen

Ich sehe den Smiley, aber im Kontext des ganzen Beitrages empfinde ich diese Aussage dennoch als ziemlich weit über die Ziellinie hinausgeschossen.

kingberzerk Ich aber nehme mir das heraus und beschimpfe das heutige Opernpublikum. Ganz ungerecht und pauschal natürlich, denn es ist dessen Schuld, dass sich das Interessante nicht durchsetzt und das Uninteressante dominiert. Im Theater ist es ja ähnlich, nur dass es dort weniger Entschuldigungen gibt, wenn eine Inszenierung nicht gut ist. Oper ist ja was Teures und muss bezahlt werden. Und es gibt den Bedarf nach Festlichkeit und Pomp und Konventionalität. Deshalb bleibt man lieber bei seinen Leisten.

Und das, mit Verlaub, ist mir zu schnell geschossen und zu einfach gedacht. Trotz der offenen Fragen oder Diskussionspunkte oben: Wenn kein Publikum vorhanden ist, was soll das ganze denn? Beschimpfen ändert kaum etwas (bzw. bewirkt wohl eher noch zusätzliches Fernbleiben). Wenn ein kleines Publikum vorhanden ist, sollte man sich eher darum bemühen, es zu vergrössern, mehr Hörer_innen für „zeitgenössische“ Musik (das fängt wohl so um 1900 an … fast alles danach ist dem Publikum ja leider bis heute ein Gräuel), für anderes als die immer gleiche Klassik und Romantik zu gewinnen, ja überhaupt ein jüngeres Publikum zu gewinnen. Da sehe ich dann gerade die stark subventionierten Institutionen in der Pflicht. Aber das muss irgendwie mit dem Publikumsinteresse einhergehen, wenn man allein in der Oper sitzt ist auch niemandem geholfen. Auch den Künstlern nicht, denn ich glaube nicht, dass irgendjemand gerne vor leeren Rängen spielt oder singt. Was nun interessant ist und was uninteressant, muss sich eben irgendwie im Wechselspiel von Künstlern, Veranstaltern und Publikum herauskristallisieren, immer wieder neu. Natürlich finde ich es krass, wenn bei einer Weinberg-Symphonie das versammelte Publikum mit den Füssen zu scharren beginnt, weil der Wohlklang der Wiener Klassik kurz mal für zwanzig Minuten beiseite geschoben wird. Aber ich glaube einfach nicht, dass es dagegen simple Lösungen gibt oder dass Publikumsbeschimpfungen etwas nützen.

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