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Hagen Liebing (18.02.1961 – 25.09.2016)
Ende der 1970er Jahre in der Westberliner Punk und New Wave Szene lief er mir das erste Mal über den Weg. Bei Punk Konzerten sah man ihn. Und bei einem solchen Konzert kamen wir auch ins Gespräch. Hagen interessierte sich aber nicht nur für Punk, sondern auch für Pop, auch solchen in deutscher Sprache. Damals war er in einer Band namens Popgruppe Freundschaft. Das war eigentlich eher eine Graffiti Band, die ihren Namen auf Wände sprühte. Hagen stellte selbst Buttons mit der Aufschrift PGF her, die ein wenig an die damals in der Szene kursierenden RAF Buttons erinnerten. Den meines Wissens einzigen Auftritt der Popgruppe Freundschaft erlebte ich im SO36; da spielten sie 15 Minuten lang „Wild Thing“. Mitte der 1980er Jahre war Hagen dann Bassist von Los Nirvana Devils, einer der interessanteren Westberliner „Garage Bands“, die Pop britischer Prägung mit US Rock’n’Roll zu verbinden suchte. 1986 wurde Hagen von seinem Kumpel aus Spandauer Teenager Tagen Dirk Felsenheimer (a.k.a. Bela B.) gefragt, ob er nicht Popstar werden möchte. Und so übernahm Hagen die vakante Bassisten Stelle bei Die Ärzte. Als The Incredible Hagen war er dann für zwei Jahre Popstar. Vollwertiges Bandmitglied mit gleichen Rechten und Pflichten war er jedoch nicht, wollte es wohl auch nicht sein. Als Die Ärzte 1993 neu starteten, war Hagen nicht dabei. Dass er nicht wenigstens gefragt wurde, wurmte ihn damals ein bisschen. Aber beim Ärzte Jubiläums Konzert auf dem Mariannenplatz 2002 stand er dann doch wieder mit auf der Bühne. Seine Erlebnisse mit Die Ärzte hat Hagen als Buch veröffentlicht. Da war er dann auch schon lange Musikjournalist, zunächst beim Tagesspiegel und später und bis zuletzt beim TIP Berlin, dessen Musikteil er eine Zeit lang nicht unwesentlich prägte. Schon in den 1980er Jahren pflegte Hagen Kontakte nach Ostberlin und in die dortige Musikszene. Möglicherweise wurde da bereits der Grundstein für seine spätere Rammstein Begeisterung gelegt. Eine umfangreiche Repertoire Kenntnis und das Wissen um Hintergründe und Zusammenhänge hat er sich im Lauf der Jahre angeeignet. Und Hagen zeigte Haltung. Über seiner Ansicht nach schlechte Musik konnte er sich wirklich aufregen. Musikalische Streitgespräche mit ihm waren immer ernsthaft und unterhaltsam zugleich. Zu seinen Favoriten gehörten neben vielen anderen Paul Westerberg und The Replacements an vorderster Stelle. „It’s All Over Now, Baby Blue“ in der Version von Them und „Gimme Shelter“ von The Rolling Stones waren zwei seiner liebsten Tracks. Für Power Pop, gerne auch mit weiblicher Leadstimme, hatte er ein besonderes Faible. Seit einem halben Jahr war Hagen schwer krank. Nun ist er, doch früher als erwartet, im Alter von nur 55 Jahren gestorben. Er hinterlässt seine Frau Anja Caspary (Musikchefin von Radio Eins) und die beiden gemeinsamen Kinder. Besonders diesen Dreien gilt mein Mitgefühl.
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