Antwort auf: Yusef Lateef (1920-2013)

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Das sind ja gerade auch modale Stücke … oder „Impressions“ von Coltrane (das auf derselben Struktur wie „So What“ beruht) – das kommt nicht immer so offen daher, aber die Tatsache, dass eben der Bass (die Rebab oder wie auch immer) im ganzen Stück dieselben Töne spielt (diese implizieren einen Akkord oder eine Tonleiter), dass das Piano dasselbe tut – das ist eben modal (in Reinstform, beim „All Blues“ gibt es ja noch eine Art Blues-Changes, bei „So What“ in der Bridge den Wechsel in eine andere Tonleiter/Skala/mode).

Diese Struktur ist quasi in der Anlage offen – die Solisten haben unzählige Möglichkeiten, aber zugleich auch keinen Handlauf, an dem sie sich halten könnten, wenn ihnen die Ideen ausgehen (also keine Changes, durch die man sich an einem schlechten Abend auch mal mit Licks und zu tode gespielten Versatzstücken mogeln kann … durchaus auch ohne dass das Publikum davon viel mitkriegt). Man kann über diesen offenen Strukturen nun weitere komplexe Gebilde erstellen (Coltrane tat dies, Wayne Shorters Stücke für das second quintet gehen wohl in eine solche Richtung), oder man kann quasi die Herausforderung frontal anpacken und sich der Offenheit stellen (Miles tat das immer wieder auf seine ureigene Art … und Lateef kann das, er braucht ja eigentlich nur einen Ton zu spielen und der öffnet schon wieder Welten).

Es ist aber genau dieses Schwebende … und dabei natürlich die Illusion der Einfachheit, die dem modalen Jazz zu solcher Popularität verhalf – das reichte ja weit in den Rock und andere Bereiche hinein … und dass indische Musik auf Skalen beruht – anderen als den uns bekannten – wurde in den Sechzigern natürlich auch bekannt, da fand dann einiges zusammen.

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