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Wowh, doch noch Beiträge. Danke schon mal für viele interessante Erinnerungen.
Mikko Ich bekam ein Kofferradio geschenkt sowie ein kleines Spulentonbandgerät, und der Plattenspieler Musikus 105 im Wohnzimmer neben dem alten Röhrenradio von AEG wurde fortan vor allem nachmittags und am Wochende von mir genutzt…
Wir halten auf jeden Fall fest – schenkt euren Kindern Plattenspieler und Anlagen, das zahlt sich später aus und hat immense Bedeutung!
Hin und wieder äußerte er sogar Gefallen an einzelnen Tracks oder Platten. Lediglich als ich 1971 mit der ersten Ton Stein Scherben LP ankam und er den Song „Ich will nicht werden wie mein Alter ist“ hörte, reagierte er zunächst sauer. Aber ein klärendes Gespräch und die Versicherung, dass ich die Aussage des Songs keineswegs auf ihn und mich beziehen würde, schaffte auch dieses Problem aus der Welt.
Hehe, das Gespräch würde man gern noch mal im O-Ton hören.
Carrot Flower
Der Vater saß oft mit Kopfhörern und entrücktem Gesichtsausdruck im dunklen Wohnzimmer, und dann war er besser nicht zu stören.
Wenn er selbst geklampft hat, durfte ich ihn auf einem selbstgebauten Synthesizer (ein Mordsklotz mit Hunderten von Knöpfen und Reglern, sehr kindermagnetisch) begleiten, besonders beliebt war „House of the Rising Sun“.
Mehr Hausmusik war leider nicht, schreibst du? Selbstgebauter Synthesizer und Begleitung bei „House Of The Rising Sun“ hört sich aber für mich schon mal sehr unterhaltsam an!
Mit dem Vater gabs also nie musikalische Konflikte, im Gegenteil; er war und ist sehr offen und hört sich brav alles an, was ich so anschleppe. Da er beruflich viel auf Reisen ist, habe ich ihm damals oft Kassetten aufgenommen, und immer, wenn er junge Anhalter mitnahm, staunten die, was der erzseriöse Sack in seinem BMW für unseriöse Musik hörte. Ich glaube, das hat ihm sehr gefallen, er hat es jedenfalls öfter mal erwähnt
Auch schöne Geschichten. Meine Anekdote mit meinem Vater und meiner Autoanlage bei Edeka hab ich ja schon zum Besten gebracht. :lol:
beetlejuiceHmm, mein Vater (Jg. 42) war auch jung als ich zur Welt kam, er hörte damals Rock’n Roll und ich weiß, dass meine Eltern damals auch richtig Rock ’n Roll tanzen konnten. Er hat mir mal erzählt, dass er in Hamburg (er war als Soldat dort stationiert) sehr oft im Star Club war in den 60ern. Wer weiß, wen er da alles life gesehen hat. Die Hippiwelle ist allerdings an ihm vorbeigezogen, was er heute hört, weiß ich nicht. Wahrscheinlich noch immer die Beatles.
Na, die Star Club Geschichten würde ich mir aber dringend noch mal erfragen, ungeahnte Historie scheint da zu schlummern.
Harry HartmannMeine Eltern ( Jg. 28 und 37 ) waren bei meinen ersten eigenen „musikalischen Entdeckungen“ in den 60ern noch mit dabei. Beatles, Kinks, Dave Dee, Manfred Mann. Hollies. Nur die Stones fandes sie schon damals doof.
Beneidenswert (obwohl ich mir in dieser Verbindung da nie ganz sicher bin). Mein Vater war Jahrgang 1924 und hatte keinerlei popmusikalische Verbindungen. Vielleicht in den 60ern, das wäre mir allerdings völlig unbekannt – und sehr unwahrscheinlich.
Eine Lieblingsanekdote von mir ist noch ein Spruch meiner Mutter. Zur Studienzeit mussten meine Eltern mir hin und wieder einen 50er zustecken, wenn es mal wieder nicht reichte. Statt der üblichen Warnungen „Gib nicht alles für Schnaps und Mädels aus“ oder ähnliches sagte meine Mutter aber hin und wieder „…und gib nicht wieder alles für Platten aus!“. An einem solchen Abend kam ich stolz und begeistert mit „Jerry Lee Lewis live im Star Club Hamburg 1964“ zurück zu einem Grillfest. Ich versuchte, ein Gespräch auf Musik der 60er zu lenken, erwartete gar Rückmeldung oder Erinnerungen. Ich blickte aber in ein ratloses Gesicht meines Vaters, bis ich merkte, dass er zur Zeit dieser Liveaufnahme bereits 40 gewesen war.
Einige alte Melodien, die das Küchenradio so ausspuckte und die Mitsummen seitens meiner Mutter erzeugten, laufen mir heute doch verstärkt über den Weg. Früher interessierte mich sowas wenig, aber gerade im Zuge steigender Begeisterung für Instrumentals und Surf Music im weiteren Sinne erinnert mich manches an unsere Küche. Dazu gehört z.B. „Kalkutta liegt am Ganges“, das vermutlich von Vico Torriani oft im Radio lief. Ich lege es häufig von The Ventures auf, und dieses leichte Küchenradiogefühl geht nie weg. Ich kann mich irgendwie daran erfreuen, obwohl meine Eltern meine musikalische Sozialisation vorwiegend als laut und totenkopfbewehrt erlebt haben dürften. Mein Vater hat leider nicht mehr erlebt, dass sein Sohn tatsächlich eine große öffentliche Seemannsparty schmeißt und all die Lieder auflegt, die er richtig gut fand.