Re: Welche Eurer Musik mochten Eure Eltern?

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carrot-flower
Moderator

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Ein netter Thread! Und erstaunlich, dass einige Musikaficionados aus einem eher amusischen Elternhaus stammen.

Anders als bei dir, Mikko, waren meine Eltern noch sehr jung, als ich zur Welt kam (22 und 21), also selbst noch im besten Entdeckeralter. Die Geschmäcker waren allerdings sehr verschieden: Während die Mutter auch zu Carpendale nicht nein sagte, war der Vater eher den psychedelischen, elegischen Klängen verfallen, aber auch die Stones und Dire Straits waren wohlgelitten. Ich weiß noch, dass ich oft vor seinem Plattenregal stand (bin leicht antiautoritär erzogen, es klopfte mir also niemand auf die Finger), Alben hervorzog und mich an den Covern von Pink Floyd erfreute (das mit gewissen fliegenden Schweinen war wohl mein Favorit, aber auch „Meddle“ fand ich toll und irgendwie gruselig. Die Torte auf „Let it bleed“ fand ich enttäuschend, wer sollte das denn essen können mit dem ganzen Plastik dazwischen? ).
Der Vater saß oft mit Kopfhörern und entrücktem Gesichtsausdruck im dunklen Wohnzimmer, und dann war er besser nicht zu stören.
Wenn er selbst geklampft hat, durfte ich ihn auf einem selbstgebauten Synthesizer (ein Mordsklotz mit Hunderten von Knöpfen und Reglern, sehr kindermagnetisch) begleiten, besonders beliebt war „House of the Rising Sun“. Mehr Hausmusik gabs leider nicht, und heute schon gar nicht mehr. Das vor einigen Jahren geschenkte Banjo steht mittlerweile bei mir herum. Schade.

Mit dem Vater gabs also nie musikalische Konflikte, im Gegenteil; er war und ist sehr offen und hört sich brav alles an, was ich so anschleppe. Da er beruflich viel auf Reisen ist, habe ich ihm damals oft Kassetten aufgenommen, und immer, wenn er junge Anhalter mitnahm, staunten die, was der erzseriöse Sack in seinem BMW für unseriöse Musik hörte. Ich glaube, das hat ihm sehr gefallen, er hat es jedenfalls öfter mal erwähnt :-)

Die Mutter war ein anderes Kaliber, eher von Musik ohne Schräges und Extreme begeistert; ihr Lieblingslied von den Stones ist „She’s Like A Rainbow“, Roy Orbinson liebt sie sehr, Adamo, Chansons, alles, was ein bisschen schwelgt. Schwärmerei für so brettharte Jungs wie die Rattles beruhten eher auf amourösen Verwicklungen (irgendwen kannte sie da im Umfeld und ich vermute, sie war mal ne ziemlich wilde Party-Hummel; ein Foto, über das sie grinsend schweigt, zeigt sie im Bundeswehrparka mit langer blonder Matte und Riesensonnenbrille, wie sie auf irgendeiner Bühne in eine Haarbürste singt….?) Von den harmonischen Klängen musste ich mich mit 15, 16 energisch abgrenzen, um mich später wieder anzunähern. Die Mutter hatte einen Nerv für Pop, den ich jetzt erst wieder zulasse. Zu ABBA können wir mittlerweile gemeinsam herumjohlen, insofern hab ichs ganz gut getroffen!

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the pulse of the snow was the pulse of diamonds and you wear it in your hair like a constellation