Re: Al Stewart

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pelo_ponnes

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Hallo, Al Stewart-Freunde. Wollte nur mal auf das neue Album A BEACH FULL OF SHELLS aufmerksam machen. Ich habe mich kundig gemacht. Es ist das erste seit DOWN IN THE CELLAR (2000).

Stilistisch ist Al Stewart schon seit längerem zu seinen Folk/Folkrock-Wurzeln zurückgekehrt. Bzw. akustische Balladen. Die Texte sind für Songs auch sehr ungewöhnlich, drehen sich zum Beispiel um Persönlichkeiten der Geschichte, Mona Lisa etc. In einem Interview betonte AL auch, dass er es irgendwann satt hatte, sich auf Popliebeslyrik zu beschränken. Das Album ist eine runde Sache, und der Gesang von Al nachwievor vom Feinsten.

Hier noch eine Rezension vom WDR2, wobei ich bezweifle, dass Year Of The Cat der einzige Hit war. On The Border? Time Passages? www.wdr.de/radio/wdr2/soundfiles

A beach full of shells“ von Al Stewart
Woche 27/2005

Eigentlich ist der Mann aus dem schottischen Glasgow das klassische One-Hit-Wonder. Sein größter Hit vom Herbst 1976 ist zugleich sein einziger. Aber was für einer: „The Year Of The Cat“ gilt bis heute als Klassiker, der nichts an Faszination verloren hat. Genau wie Al Stewart selbst. Denn der 59jährige mag zwar etwas an kommerzieller Zugkraft und Medienpräsenz verloren haben, ist aber immer noch aktiv. So veröffentlicht er in schöner Regelmäßigkeit neue Alben, geht auf Tour und bedient eine treue Fangemeinde. Die sich allerdings mit seinem aktuellen, 15. Studioepos „A Beach Full Of Shells“ schlagartig vergrößern könnte.

Denn Stewart feiert nicht nur ein Comeback bei seiner alten Plattenfirma EMI/Capitol, sondern liefert auch seine besten, sprich eingängigsten Songs seit Jahren ab. Insgesamt 13 Tracks, die ihn als exquisiten Musiker zeigen, der mit akustischer Gitarre harmonisch-warmen Folk-Pop intoniert, immer verspielt, filigran und rhythmisch ist, und mit ewig jugendlicher Stimme Texte über bedeutende Persönlichkeiten der Geschichte intoniert: Pioniere, Abenteurer, Erfinder, Könige und starke Frauen. Ein Ansatz, mit dem er ebenso allein auf weiter Flur steht wie mit seinem glasklaren Organ, das unter Tausenden hervorsticht – und von Stewart folgerichtig als zentrales, markantes Instrument eingesetzt wird. Denn der Gesang bleibt stets derselbe, während die Musik durch immer neue Nuancen, Einflüsse und Anleihen überrascht.

Im Opener „The Immelman Turn“ glänzt er beispielsweise mit Hammond-Orgel und einer E-Gitarre in bester Mike Oldfield/Mark Knopfler-Manier. In „Rain Barrel“ setzt er arabische Streicher ein, in „Class Of ´58“ schlägt er erst Piano-Jazz und dann waschechten Boogie Woogie an, und in „Gina In The King´s Road“ legt er einen flotten Rocker alter Schule aufs Parkett. Das ist abwechslungsreich, vielseitig und gekonnt. Wobei Stewarts Steckenpferd aber ganz klar die ruhigen, getragenen Töne sind. Da kann der erklärte Liebhaber edler Weine und feingeistiger Literatur seine schwermütige Ader ausleben und ganz verträumt zur akustischen Gitarre agieren. Was er denn auch in mindestens sechs von 13 Stücken tut. Etwa im epischen Folk-Song „Mona Lisa Talking“, das sich als Liebeserklärung an die Louvre-Schönheit mit dem mystischen Lächeln versteht. Stewart nennt sie schelmisch „pretty baby“ und kokettiert: „These renaissance-chicks had it going on.“

Was zeigt, das hinter der aufgeräumten Fassade des distinguierten Singer-Songwriters eben immer noch ein jugendlicher, frecher und frischer Geist steckt. Und wenn man sich Stewarts Vita mal etwas genauer vor Augen führt, ist das auch nicht weiter verwunderlich. Schließlich hat er seine allererste Single „The Elf“ (1967) mit keinem geringeren als Gitarren-Gott Jimmy Page (Led Zeppelin) aufgenommen, sich ein Londoner Junggesellenapartment mit Paul Simon (Simon & Garfunkel) geteilt und 1970 für einen mittleren Skandal gesorgt, als sein Album „Love Chronicles“ das verpönte Wort „fuck“ bemühte. Stewart hatte es also faustdick hinter den Ohren. Und ein bisschen was davon hat er sich bis heute bewahrt.

„A Beach Full Of Shells“ ist ein reifes Album mit jugendlichem Spirit. Das Werk eines Mannes, der in Würde gealtert ist – zumindest äußerlich.

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