Re: David Munyon

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David hatte tolle Gastauftritte mit Eric Burdon in Karlsruhe am 28.03. und in Roth im Frankenland am 1.4.06.

Hier ein Bericht von seinem Berlin Konzert vom 31.03.06. von der TAZ H.P. Daniels

Die Extraportion

Gnade
Immer ist das Publikum interessiert und sachkundig im Berlin Guitars, ruhig und konzentriert. Keiner quatscht, niemand raucht. Ein Paradies. Heute sitzt da vorne ein amerikanischer Singer-Songwriter, dessen narbiges Gesicht, dessen traurig müde Augen einige Höllen ahnen lassen, durch die er irgendwann gegangen sein mag. Drogen, Alkohol, Vietnam? Wer weiß schon so genau, was David Munyon hinter sich hat? Fast pennerhaft wirkt zunächst der alte Hippie mit den straßenköterblonden Haaren, dem grauen Bart, Hawaiihemd, olivgrüner Schluffhose, Turnschuhen und dunkelgetönter Pilotenbrille. Bis er die schönen, gepflegten Hände auf seine Martin-Akustikgitarre legt. Und singt: herzerweichend heiser und kräckelig: „Goin’ back to the west coast“. Poetische Songgeschichten über die Härten des Lebens, zu Folkmelodien, Blues und Rock’n’Roll. Und die Zuhörer in den harten Bankreihen spüren, dass sie hier gerade einen ganz großen Songwriter erleben. Vom Format eines Townes Van Zandt, Guy Clark, Tom Waits, und ja: auch Bob Dylan.

Scheu verschanzt sich Munyon hinter zwei schweren Folianten, in denen er Song auf Song aufblättert. Er hat hunderte in seinen dicken Büchern, handschriftliche Textblätter, selbst illustriert: mit Zeichnungen, Notizen, Bildern von Krishna, Buddha, Jesus. Munyon ist ein religiöser Mensch, der sich vor jedem Song unauffällig bekreuzigt, der zwischendrin das alte Kirchenlied „Amazing Grace“ singt. Und schließlich lachend feststellt, dass für ein Wrack wie ihn eine Extraportion „erstaunliche Gnade“ nötig gewesen sei. Aber Munyon predigt nicht, bleibt in Glaubensfragen zurückhaltend, lässt seine exzellenten Songs sprechen, die keineswegs religiös tümeln. Und man spürt, wie gerne Munyon Gitarre spielt und singt, zweieinhalb berauschende Stunden lang. H.P. Daniels

http://www.tagesspiegel.de/kultur/archiv/03.04.2006/2449248.asp

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Man braucht nur ein klein bisschen Glück, dann beginnt alles wieder von vorn.