Re: soul soul soul soul

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blues-pfaffe

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Herr RossiIch kann mich mit dieser Sichtweise nicht anfreunden (ich kenne das Buch von Nelson George). Wenn R+B als „schwarze Popmusik“ definiert ist, dann ist es doch unsinnig, das gesamte Genre mit der Meßlatte des Rauhen, Ungeschliffenen, „Authentischen“ zu messen. Tatsächlich ist schwarzer Pop momentan nicht gerade in einer Blütephase, aber er war es Ende der 90er Jahre und Anfang dieses Jahrzehnts. Auch das hatte nichts mit dem zu tun, was man sich landläufig unter „echter“ schwarzer Musik vorstellt, die wohl auf ewig nach Sümpfen und Baumwollfeldern klingen soll. Ebensowenig wie früher schon Motown, Philly und Disco (bei Disco muss man ja sogar immer dazu sagen, dass man nicht Boney M meint, sondern Chic & Co.).

Der Begriff des Authentischen ist glaub ich in der Popmusik überhaupt nicht so richtig angebracht. Denn schon von Anfang an ist beispielsweise Blues und Gospel ebenso wie auch der Jazz immer schon ein Produkt aus der Vermischung weißer und schwarzer Traditionen. So stammt der Jazz ja aus der Aufnahme von schwarzer Musizierweise und Rhythmik im Kontext der eigentlich vom weißen Militär gebildeten Blaskapellen. (Und der Ragtime aus der Vermischung von „schwarzer Rhythmik“ und weißem – sprich europäischer – Klaviervirtuosentum)
Authentisch im eigentlichen Sinne wäre nur eine Musik die sich völlig ohne äußere Einflüsse hätte entwickeln können.

Wenn ich doch ab und zu von „authentisch“ rede, dann meine ich damit: da wird Musik gespielt, die einer tief von innen her fühlt. Und das ist wirklich farbunabhängig. Das kann den klassischen Soul und Funk ebenso treffen wie den alten Blues – oder auch weiße Singer/Songwriter oder was auch immer. Musik, die sich primär auf den Massengeschmack richtet, fällt aus diesem Raster hörbar heraus. Denn da sind die Ecken rundgelutscht oder abgeschliffen, um ja die Zielgruppe nicht zu schockieren.

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