Re: blindfoldtest #18 – vorgarten

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vorgarten

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#9

trio 3 + vijay iyer: „suite for trayon (and thousands more) – I. slimm“
aus WIRING (intakt 2014)
oliver lake (as), reggie workman (b), andrew cyrille (dm), vijay iyer (p)
rec. 14./15.8.2013, nyc.

der vielleicht herausforderndste track aus diesem bft – und er ist im wesentlichen von drei alten hasen. tatsächlich interessant, wie sehr das als andrew-hill-komposition durchgehen würde (obwohl es von iyer ist).
das etwas tautologisch benannte trio 3 gibt es schon seit längerem und immer wieder laden sie sich jemanden für den klavierstuhl dazu, mit der/m es dann ein längeres club-engagement und anschließend ein album gibt: schon 2 mal geri allen, je 1 mal irene schweizer, jason moran und zuletzt eben vijay iyer.
ich kenne die anderen aufnahmen noch nicht und diese hier war ein zufallsfund kurz vor erstellung des bfts (auch eher als spielmaterial – wobei mir dieses stück mittlerweile sehr ins ohr gekrochen ist).

# 10

the ames room: „theatre kapelle (berlin) 2011“
aus STRUGGLING IN PUBLIC (norwegianism 2014)
jean-luc guionnet (as), clayton thomas (b), will guthrie (dm).
rec. live 2011, theaterkapelle berlin

diese minimalistische krawallschachtel kommt vom trio ames room, das aus dem franzosen guionnet und den beiden australiern thomas und guthrie besteht. ihr konzept ist immer das gleiche, nur meistens sind die stücke länger. netterweise gibt es auf STRUGGLING zwei kürzere auszüge, deshalb landeten sie endlich mal in einem bft.
dass mich das live komplett umgeworfen hat – weil es eben so reglementiert ist und in seiner heftigkeit niemals ausbrechen darf, habe ich schon beschrieben. guionnet kenne ich auch als sehr leisen, meditativen spieler – was umso mehr darauf hindeutet, wie konzeptionell ausgeplant dieses trio ist. ich schätze, die aufnahme wurde mit einfachem equipment hergestellt, deshalb ist sie etwas rauher und breiig, als es ihr guttut, aber wer geht mit so einer band schon in ein gepflegtes studio.

#11

john taylor: „rosslyn“
aus ROSSLYN (ecm 2003)
john taylor (p), marc johnson (b), joey baron (dm).
rec. 4/2002, oslo

so viel zum thema „gepflegtes studio“. wobei das interessanterweise das erste ecm-leaderalbum von john taylor war. um taylor, der ja im juli nach einem herzinfarkt während eines konzerts gestorben ist, ging es mir hier. ich habe dieses stück tatsächlich immer sehr gemocht (den rest des albums höre ich quasi nie). wie diese melodielinie endlos wiederholt wird, etwas aufgefüllt, dann wieder reduziert, dann mittendrin fast eingeht, um wieder aufgegriffen zu werden (während – ein großartiger moment – joey baron zu den sticks wechselt), finde ich auf meditative weise sehr schön.

#12

charles tyler: „life can be so beautiful“
aus MID WESTERN DRIFTER (bleu regard 1992)
charles tyler (voc & as), didier levallet (b), curtis clark (p).
rec. 30./31.3.1992, pernes-les-fontaines.

„criminally ignored“ charles tyler, hier auf seinem letzten album. über ihn muss ich vielen mitgliedern dieses forums wohl trotzdem nichts erzählen. ich bewundere ihn gerade wieder auf den steve-reid-alben, aber auch die eigenen sind, wenn man sie bekommt, allesamt grandios.
das stück selbst, mit seinem leicht giftigen, aber wohl gar nicht so gemeinten text, kenne ich seit sehr langer zeit und zwar aus ebba jahns dokumentarfilm RISING TONES CROSS, der in den 80ern peter kowald nach new york begleitet, dann auf den merkwürdigen charles gayle stößt, sich zwischendurch von william parker die welt erklären lässt und am ende beim vision festival landet. ebbas film gehört – wie schon oft erwähnt – für mich zu den tollsten jazzfilmen überhaupt. man sollte ihn hier kaufen.
aber, um das stück in diesem kontext zu sehen, bitte hier auf minute 46 zusteuern – zu tyler mit roy campbell, einem pirouettedrehenden rollerskater, einem mann mit gelben plüschenten und den geschehnissen rund um eine mülltonne herum (someone’s trash is another one’s treasure):

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