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KoryMich überrascht in dieser Hinsicht der Ablehnungsreflex. Äh, Moment…nein, habe mich geirrt. Er überrascht mich nicht. Aber ich verstehe ihn echt kein Stück.
Geht mir auch so. Ist vielleicht ein typischer Reflex innerhalb der Jazz-Hörerschaft. Heavy-Metal-Fans klopfen sich bei einer durchschnittlichen Heavy-Metal-CD gegenseitig auf die Schulter und beglückwünschen sich dazu, Heavy-Metal-Fans zu sein. Jazz-Hörer setzen sich dagegen sehr kritisch mit jeder Veröffentlichung aus ihrem Lieblings-Genre auseinander und suchen die Konfrontation mit anderen Jazz-Hörern. Dabei geht es oft darum, dass man eine bestimmte Vorstellung davon hat, wie Jazz zu klingen hat, und dem anderen unterstellt wird, dass er eigentlich keine Ahnung hat (nur netter und intelligenter verpackt halt). Das ist natürlich ein guter Nährboden für Hass.
Der naheliegendere Reflex wäre, dass man aufgrund der gemeinsamen Außenseitererfahrung zusammenhält und sich darüber freut, dass überhaupt noch interessante neue Veröffentlichungen im Bereich Jazz erscheinen (und das nicht wenige!). Aber wenn gebildete Menschen mit ihren individuellen Sichtweisen aufeinandertreffen, lässt sich Konflikt nicht vermeiden.
Ich wünsche mir keinen Zufriedenheitsreflex wie bei den Heavy-Metal Fans, aber manchmal wäre etwas mehr Toleranz und Gelassenheit hilfreich.
Bezogen auf das Album „The Epic“ kann ich nicht viel substantielles beisteuern. Ich warte noch auf die Lieferung. Bisher konnte ich mir die CD nur in der Amazon-Musikbibliothek anhören. Was ich bisher gehört habe, klingt vielversprechend. Die Stücke „The Magnificient 7“ und „Re Run Home“ haben sich bei mir am stärksten festgesetzt. Die haben etwas sehr packendes. Genauer begründen kann ich das nicht, weil ich eher einfach gestrickt bin.
Die Besetzung mit zwei Schlagzeugern, zwei Bassisten, zwei Keyboardern und drei Bläsern erinnert mich an „Bitches Brew“, auch wenn der Ansatz hier ein etwas anderer ist. Ob der Erfolg so nachhaltig sein wird, wie bei „Bitches Brew“, bleibt abzuwarten. Wir leben in einer sehr schnelllebigen Zeit und in einem Jahr redet vielleicht niemand mehr von „The Epic“. Ich glaube auch nicht an eine Renaissance des Jazz. Bei allem Zweifel finde ich es jedoch bemerkenswert, dass Musiker versuchen, einen wirklich großen Wurf zu landen, und dabei über das Genre „Jazz“ hinaus wahrgenommen werden.
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