Re: Kamasi Washington – The Epic

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kory

Registriert seit: 09.09.2007

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Ich habe die Platte seit ein paar Tagen und seitdem ich am Freitagabend mit einer Pule Nero d’Avola ins Wochenende geflutscht bin, läuft sie praktisch in Endlosschleife. Ich bin in diesem Zusammenhang froh, dass mir der manische Hang, den Jazzkanon als Vergleichsregister heranzuziehen fast vollständig fehlt – ich hätte Bedenken, ich könnte den schönen Wald vor lauter hässlichen Bäumen nicht sehen. Insofern finde ich einige Postings in diesem Thread etwas irritierend.

Herausfordernd an den knappen drei Stunden ist in erster Linie der Kampf mit der Lebensrealität, nämlich sich die Zeit auch wirklich zu nehmen und hinzuhören. „The Epic“ ist zwar musikalisch kein überschwerer Brocken, aber es verlangt mir wenigstens formal einiges ab. Die Schlagzeuger sind irre, Thundercat sticht im Gegensatz zu seinen FlyLo Dudeleien ausnahmsweise mal nicht heraus wie ein strahlendes Furunkel, die Arrangements sind fast schon zu perfekt. Mir macht das Hören großen Spaß.

Ich finde, die Platte verdient den Hype und ich kann eigentlich nichts Schlechtes daran finden, dass sich die Zuhörerschaft bei einem durchaus zu gleichen Teilen traditionellen und modernen Jazzalbum im Jahr 2015 vergrößert – und dass sie es ausgerechnet bei einem dreistündigen Klumpen Musik tut. Vielleicht gibt’s zwischen ödem Zahnlospop, deutschem Hip Hop Machodreck und dem ubiquitären „Nummer Sicher“-Jazz-Mainstream am End‘ vielleicht doch noch Hoffnung für so ein Fitzelchen Anspruch. Mich überrascht in dieser Hinsicht der Ablehnungsreflex. Äh, Moment…nein, habe mich geirrt. Er überrascht mich nicht. Aber ich verstehe ihn echt kein Stück.