Re: Berlinale 2015

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friedrich

Registriert seit: 28.06.2008

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Ich habe abschließend auch noch Queen Of Earth gesehen. Aufgrund des hier geäußerten Lobes für den Film war die Erwartung entsprechend hoch. So ganz mag ich mich der hohen Meinung über diesen Film aber nicht anschließen. Elisabeth Moss als unausstehliche neurotische Zicke Catherine, die sich nicht nur ihr eigenes Leben versaut, sondern auch ihren Mitmenschen nichts anderes gönnt, ist zwar unerträglich gut. Ich vermisse in dem Film aber jegliche Entwicklung. Es ist von Anfang an klar, was für ein menschliches Nervengift sie ist, was dann über 90 Minuten mit schrittweiser Erhöhung der Dosis vorgeführt wird. Überhaupt nicht nachvollziehbar ist die behauptete Freundschaft von Catherine und Ginny, von der auch nur rückblickend erzählt wird. Und bitte: Warum muss die puppengesichtig bildhübsche und gertenschlanke Katherine Waterston den lebensfrohen Part spielen und die leicht angepummelte Elisabeth Moss mit der fleckigen Haut und den strähnigen Haaren übernimmt die Rolle des depressiven Ekelpakets? Schlichter geht es ja kaum. Ich finde Regisseur Alex Ross Perry hat eigentlich keine richtige Anfangssituation, die in einen Konflikt führt, also auch keinerlei Wendung im Film, keinerlei Auflösung, vielleicht gerade mal so etwas wie einen Eklat als das Maß sowieso schon lange voll ist, der sich aber fast schon von Anfang an abzeichnet und dann – ist der Film einfach vorbei! Vorher haben die Figuren aber 90 Minuten lang erzählt, was gerade in ihnen abläuft.

Klingt vielleicht ein bisschen hart die Kritik. Die schauspielerische Leistung von Elisabeth Moss ist toll, aber 90 Minuten extrem handlungsarmes und eigentlich vorhersehbares Sprechtheater finde ich etwas dürftig. Das Publikum spendete freundlichen Applaus.

Ein anderes Thema ist, dass der Film echt schlechte Laune macht. Man kann wohl nicht erwarten, das Neurosen und Depressionen Spaß machen. Dennoch oder gerade deswegen hatte ich danach den Impuls, mir erst mal einen lustigen Trickfilm anzusehen. Leider war es dafür aber schon zu spät.

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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)