Re: "Handgemachte Musik" – Sinnvoller Begriff oder überholte Vorstellung?

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gruenschnabel

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Nicht_vom_ForumMüsste man für das was MRR (nach meinem Verständnis des Textstücks) meint, nicht eine andere Formulierung finden, mit denen scharf zwischen Künstler und Kunswerk unterschieden wird? Mit Rafinesse und Virtuosität verbinde ich eher Eigenschaften des Künstlers und nicht des Kunstwerks. Ich halte eine Unterscheidung zwischen den beiden Aspekten „Intention und Fertigkeit des Künsters“ und „Eigenschaften des Werks“ bei der Rezeption für durchaus wichtig. Jedenfalls solange man den ersten Aspekt nicht komplett beiseite lässt und sich nur auf die Analyse des Kunswerks beschränkt.

Ja, das ist sprachlich nicht astrein, sehe ich auch so. Ich denke, dass RR sich auf Eigenschaften des Romans beziehen möchte, die Seghers nach seinem Verständnis intuitiv so gestaltet hat, dass sich eine komplexe und beziehungsreiche Architektur und damit der Eindruck von Rafinesse ergab. Die von dir formulierte Trennung finde ich sehr bedenkenswert. Und welche Ebene ich ungleich
wichtiger finde, ist dann eh klar.

Nicht_vom_ForumDie -echte oder vermeintliche- Intention des Künstlers vollständig außen vor zu lassen erscheint mir aber, gerade wenn es Aussagen des Künstlers oder biographische Informationen gibt, dann auch zu kurz gegriffen. Kunst entsteht ja auch nicht im Vakuum und nur aus innerem Zwang des Künsters heraus sondern mit einer zugrundeliegenden Absicht. Sei es als Kommentar oder (beabsichtigte oder unbeabsichtigte) aktive Beeinflussung von künstlerischem und gesellschaftlichem Umfeld oder Publikum und Kollegen.

Äußerungen des Künstlers sind sicherlich nicht unwichtig. Aber ich muss sagen, dass ich die mittlerweile mit ganz spitzen Fingern anfasse, wenn es darum geht, in eine lebendige Wechselbeziehung mit einem Werk einzutreten. Mit dem Vakuum – das ist natürlich richtig. Aber ist es nicht das Kunstwerk selbst, das den Kommentar zu seinem Entstehungskontext „aussprechen“ sollte? Wäre es nicht eher ein Defizit der Kunst, wenn man noch eine Bedienungsanleitung vom Künstler bräuchte?

Nicht_vom_ForumDas klingt ein wenig nach einem Trauma aus der Schulzeit. ;-)

Eigentlich nicht. In der Schule habe ich eher stumpf auf sowas reagiert. Die Sehnsucht nach einer Eindeutigkeit des Verstehens, nach einem Schlüssel, der Kunst für alle gleichermaßen einsehbar aufschließt, der das Rätsel knackt, die „richtige“ Interpretation offenbar werden lässt, die findet man eigentlich auch außerhalb von Schule immer und immer wieder. Und das „Was will der Dichter uns damit sagen?“ ist ja einerseits schon fast eine kollektiv verständliche Karikatur von Kunstverstehen, andererseits scheint die Frage auch einem Bedürfnis vieler zu entsprechen. Aber Kunst ist kein Quiz, kein Rätselraten, keine Schatzsuche, keine simple Belehrung.

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