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So, ich konnte nicht länger warten und habe mir das Wire & Glass-Medley bei iTunes runtergeladen, umgewandelt und auf den mp3-Player gepackt. Auf „Mirror Door“ habe ich verzichtet, zumal es der erste Mix mit den schwächeren Vocals ist.
Während des ersten Durchlaufs wurde mir regelrecht übel, was aber nicht an der Musik lag, sondern an der Aufregung kombiniert mit der Affenhitze in meiner Wohnung.
Sound Round (1.22)
Pick Up The Peace (1.27)
Endless Wire (1.50)
We Got A Hit (1.18)
They Make My Dream Come True (1.11)
Zunächst der negative Aspekt: die 7 Minuten dauern nur gefühlte 3. Es wäre wohl besser gewesen, nur 2 Songs zu veröffentlichen. In voller Länge. Das Konzept „Rock-Oper“ bzw. „Mini-Rock-Oper“ krankt an den bekannten Symptomen, vor allem in der vorliegenen gekürzten Form: Song für Song aneinandergereiht, ohne echten Zusammenhang. Das hat nicht viel mehr als Preview-Charakter. Irgendwie erinnert mich das an die gängige Hollywood-Praxis, Filme erst einem Testpublikum vorzuführen, um Verkaufszahlen abschätzen und Kurskorrekturen durchführen zu können. Aber nun gut, es ist ja verständlich, daß Townshend nach 24 Jahren nicht ins kalte Wasser springen will.
Allerdings erfüllt die EP auch den wohl eigentlichen Zweck, die Vorfreude auf das Album richtig anzuheizen. Denn die Songs sind, man kann es nicht anders sagen, pure WHO. Peter Huntington, der hier den vertraglich an Oasis gebundenen Zak Starkey ersetzt, erinnert an den unwürdig geschassten Kenney Jones (einige werden jetzt feuchte Augen bekommen ) und harmoniert perfekt mit Pino Palladino am Bass. Entwistle ist natürlich unersetzlich, aber auch Pino ist ein hochspezialisierter Könner und macht seine Sache dementsprechend gut. Roger Daltreys Stimme schwächelte zuletzt bei Live-Auftritten etwas, hier gibt er sich aber alle Mühe und klingt durchaus fit, auch wenn man altersbedingt kleinere Abzüge in der B-Note machen muss. Townshends Gitarre ist kraftvoll und verrichtet hauptsächlich Rhythmusarbeit. Die Leads wurden wohl dem Konzept geopfert und finden sich hoffentlich auf dem Album wieder.
„Sound Round“ legt gleich richtig los und erinnert vom Refrain her an „You“. „Pick up the peace“ ist möglicherweise das neue „Another tricky day“. Aber keine Angst, mit einem zweiten „Face Dances“ muss nicht gerechnet werden, denn produktionstechnisch klingt das alles viel frischer und weit weniger statisch. Auch will ich „Face Dances“ hier nicht schlechter machen als es ist. Durchschnitt, keineswegs grottenschlecht. Und der arme Kenney Jones musste als Sündenbock herhalten.
Weiter im Text. „Endless Wire“ ist wie dafür geschaffen, die Feuerzeuge zu zücken und könnte endlich „See me Feel Me“ als Kollektivbejahung ablösen. Im Äther (oder besser: Aither bzw. Akasha) ist für jeden noch ein Plätzchen frei. Blavatsky und Rudolf Steiner lassen grüssen. Überhaupt ist „Wire & Glass“ inhaltlich stark von östlichen Religionsvorstellungen beeinflusst und als weltlichen Ausdruck der „Anima Mundi“ hat Townshend wohl das Internet ausgemacht.
Kommen wir zu „We got a hit“. Jetzt wird es schwierig mit einem Vegleich. Ein besseres „Walkin‘ the dog“ vielleicht? Der Refrain klingt nach Jingle (More music more music more music). Auf jeden Fall hörenswert.
„They make my dream come true“ ist das Who-untypischste Stück, aber nicht weniger schön. Ruhig, fast folkig. Gefällt mir sehr sehr gut.
Als Fazit lässt sich sagen, daß wir es hier mit einem Appetizer zu tun haben, der uns die Songs in kleinen Häppchen ein wenig zu mundgerecht serviert. Nicht sättigend, aber anregend. Im Oktober erwartet uns dann wohl ein wahres Festmahl. Bis dahin sollte man den Gürtel enger schnallen.
Nachtrag:
ich möchte nochmal hervorheben, daß die ‚Faces Dances‘-Vergleiche rein subjektiver Art sind. Wie Dennis mich richtigerweise darauf hinwies, kann man auch Parallelen zu Quadrophenia herauslesen. Wer dem zustimmt oder einen völlig anderen Eindruck gewonnen hat, sollte nicht zögern, ihn hier im Forum wiederzugeben.
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