Re: Der Album-/Compilation-Definitions-Thread

Startseite Foren Kulturgut Das musikalische Philosophicum Der Album-/Compilation-Definitions-Thread Re: Der Album-/Compilation-Definitions-Thread

#9282363  | PERMALINK

go1
Gang of One

Registriert seit: 03.11.2004

Beiträge: 5,625

Nebenstrang: Big World von Joe Jackson. (Die Hauptdiskussion – „Album“ als Oberbegriff, Originalveröffentlichungen versus Retrospektiven und sonstige Zweitverwertungen, Abwesenheit von Verboten in Sachen Listenwahn – dürfte ohnehin durch sein.)

waUnd was ist dann Joe Jacksons „Big World“? Bislang unveröffentlichte Songs wurden live vor stillem Publikum gespielt und aufgenommen.

waAber diesem „Live-Album“ fehlt ein entscheidender Faktor, was ja ein Live-Album auch ausmacht: die Interaktion von Musiker und Publikum. Warum Joe Jackson diese Aufnahmen vor Publikum machen wollte, weiß ich nicht. Da die Aufführungen (es waren derer drei) in einer ehemaligen Kirche stattfanden, war dies evtl. eine billige Methode, die Nachhallzeiten zu verkürzen.

Der Reviewer von AllMusic behauptet, es zu wissen:

Jason DamasJoe Jackson crafted his most labored, serious album in 1984’s Body and Soul, so it’s no surprise that he made a complete turnaround for its follow-up, Big World. Instead of delving deeper into jazz, Jackson pared his lineup down to a basic guitar, bass, and drums rock combo and recorded all of Big World live in front of an audience in a move to avoid the over-production that bogged down records of its period.

Das klingt für mich plausibel: Wenn das neue Album ohnehin eine „Live im Studio“-Produktion werden soll, dann kann man die Aufnahmen auch gleich in ein schickes Ambiente verlegen, so man die Möglichkeit hat, und Publikum dazu einladen.

Big World war seinerzeit einfach „das neue Album“ von Joe Jackson, oder? Irgendjemand hat ja behauptet, man würde hier im Forum beim Stichwort „Album“ spontan an „Studio-Album“ denken. Aber „das neue Album“ des Künstlers XY kann auch live eingespielt worden sein. In der Rock- und Popmusik ist das zwar selten, aber im Jazz kommt es häufiger vor. Im Jazz wird man es ohnehin nicht für sinnvoll halten, zwischen Studio- und Live-Alben strikt zu trennen (beide entstehen dadurch, dass Musiker zusammenkommen und gemeinsam spielen). Ich kann mir keine Alben-Top-100 eines Jazzfans vorstellen, die ohne Live-Alben auskommt; da hat jeder irgendein „Live at the Village Vanguard“-Teil unter seinen Albenfavoriten. Und den Jazzmusikern wird es in der Regel wohl darauf ankommen, den besonderen Moment festzuhalten, egal ob sie vor einem größeren Publikum spielen oder ob ihnen nur der Produzent und der Tontechniker zuhören (obgleich das natürlich die Inspiration und das Energielevel beeinflussen kann).
Aber das nur nebenbei, wie gesagt.

--

To Hell with Poverty