Re: Merle Haggard

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sonic-juice
Moderator

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BullittGroßartig, dass du ihn noch erleben konntest, Sonic! Kannst du bei Gelegenheit gerne mal drei Sätze zu verlieren.

Ich hatte den Flug nach Texas extra gebucht, um Haggard zu sehen, es war eine echte Pilgerfahrt und Roots-Spurensuche. Rund zwei Wochen verbrachte ich allein in Austin und ging dort fast jeden Abend in den Continental Club, um lokale Bands zu sehen, war u.a. aber auch in der Gruene Hall in New Braunfels und in Luckenbach. Haggards Musik war in jedem Country-Laden allgegenwärtig, alle Bands und Picker hatten Songs von ihm im Programm. Und jeder, dem ich meine Reisemotivation erläuterte, empfing mich mit offenen Armen. Der hartnackige Zollbeamte am Flughafen, der mich zunächst ungnädig filzte und verhörte, wurde plötzlich ganz freundlich, als er eine Hag-Autobiographie aus meinem Rucksack kramte. Dale Watson grüßte mich mit Handschlag von der Bühne und spielte sofort ein paar von Hags Bar-Room-Oden. Und mit Redd Volkaert, einem von Hags langjährigen Gitarristen, der wirklich begnadet ist, konnte ich auch sprechen. Kurzfristig habe ich mich dann entschlossen, gleich zwei Konzerte von Hag zu sehen, einmal in San Antonio und am Tag darauf in Austin. Wider Erwarten waren das zwei komplett unterschiedliche Auftritte. In San Antonio war es bestuhlt und gediegen, Hag war nicht so gut bei Stimme und spielte nur etwa eine Dreiviertelstunde, dafür einen Klassiker nach dem anderen, und mit einem fantastischen Band-Sound, den ich so noch nie bei einem Country-Konzert gehört habe. Das war die Nacht der Pariser Terroranschläge, von denen ich kurz vor Konzertbeginn auf dem iPhone erfuhr. Ich war insofern ziemlich verwirrt und schockiert. In Austin spielte er für eine jüngere rockaffine Crowd, deutlich länger, besser bei Stimme und mit unterschiedlicher Setlist, darunter auch ein paar weniger bekannte Songs. An beiden Abenden ließ er es sich nicht nehmen, selbst zur Fiddle zu greifen und ausgiebig Bob Wills Tribut zu zollen. Überhaupt hatte er sichtlich Freude an seiner großartigen (und großen) Band und hörte begeistert den Soli seines Geigers und des Pianisten zu. Sein junger Sohn Ben an der Gitarre ist auch enorm talentiert.

Ein Konzertbericht ist übrigens im Rolling Stone vom Januar erschienen. Und hier mein Nachruf für die Online-Seite.

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