Re: Jazz on Vogue

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gypsy-tail-wind
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Ich erlaube mir mal, den Thread etwas zu öffnen … die Box ist ja (sie ist wirklich hübsch, ich habe sie mir wegen ein paar Alternate Takes auch noch gekauft und das nicht bereut) gewissermassen die Billig-Umverpackung, der jüngste und vermutlich vorläufig letzte Schritt der Mehrfachverwertung dieses Materials durch RCA/BMG/Sony.

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Es gab schon in den Neunzigern Vogue-Reissues, die so aussahen:

Noch ältere CDs sahen so aus:

Da kann ich keine Liste bieten, aber manche der schwarzen CDs kriegt man noch, wenn man sich etwas umschaut. Und es gibt auf einzelnen von ihnen Aufnahmen, die in der unten gelisteten „Original Vogue Masters“ Reihe nicht oder nur teilweise herauskamen – ich habe da aber nie versucht, wirklich einen Überblick zu gewinnen (ich glaub meine einzige CD aus der obigen schwarzen Reihe hat heute … redbeans? … weil sich dann herausstellte, dass ich eben doch alles schon anderswo hatte …)

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Später folgte die Reihe mit dem Titel „Original Vogue Masters“, die ich seit meiner Gymnasiasten-Zeit sammelte und später einigermassen komplettierte (es gab die Solal-Aufnahmen auch noch als Box, ebenfalls eine Box von Big Bill Broonzy – letztere hätte ich sehr gerne, erstere brauche ich nicht, da ich die einzelnen CDs habe).

Das Design war elegant und einfach:

Diese Serie erschien Ende der Neunziger und Anfang der Nullerjahre. Ich stellte vor Jahren in einem informativen Thread auf Organissimo mal eine Liste zusammen. Dort werden zum Auftakt auch die letzten CDs der Serie erwähnt, die 2005 erscheinen (nach einer längeren Pause):
http://www.organissimo.org/forum/index.php?/topic/16737-more-original-vogue-masters/

Original Vogue Masters:

Sidney Bechet-Martial Solal Quartet
Big Bill Broonzy – The Complete Vogue Recordings (3CD)
Clifford Brown – The Complete Paris Sessions Vol. 1
Clifford Brown – The Complete Paris Sessions Vol. 2
Clifford Brown – The Complete Paris Sessions Vol. 3
Don Byas – With Mary Lou Williams Trio / With Beryl Booker Trio
Roy Eldridge & his Little Jazz Vol. 1
Roy Eldridge & his Little Jazz Vol. 2
Dizzy Gillespie – Pleyel Jazz Concert 1948 / Max Roach Quintet
Dizzy Gillespie – Plays in Paris
Dizzy Gillespie – Pleyel Jazz Concert 1953
Lionel Hampton & His All Stars
Coleman Hawkins / Jonny Hodges – The Vogue Sessions
André Hodeir – The Vogue Sessions
Bobby Jaspar & Henri Renaud
Bobby Jaspar & his Modern Jazz
Bobby Jaspar / David Amram
Duke Jordan – New York / Bud Powell – Paris
Thelonious Monk – Solo 1954
Gerry Mulligan – Pleyel Concert Vol. 1
Gerry Mulligan – Pleyel Concert Vol. 2
Oscar Pettiford – Sextet
Jimmy Raney – Visits Paris Vol. 1
Jimmy Raney – Visits Paris Vol. 2
Henri Renaud-Al Cohn Quartet
Henri Renaud Trio, Sextet & All Stars
Henri Renaud All Stars (with J. J. Johnson, Al Cohn etc.)
Lalo Schifrin / Astor Piazzola – Two Argentinians in Paris
Zoot Sims – Quartet & Sextet
Martial Solal – Complete Vogue Recordings Vol. 1
Martial Solal – Complete Vogue Recordings Vol. 2
Martial Solal – Complete Vogue Recordings Vol. 3
Martial Solal – Complete Vogue Recordings Vol. 4
Martial Solal – The Complete Vogue Recordings (1953-1958) (4CD = Vols. 1-4, ohne die Bechet/Solal)
The Third Herdsmen/Jay Cameron International Sax Band
Lucky Thompson – Complete Vogue Recordings Vol. 1
Lucky Thompson – Complete Vogue Recordings Vol. 2
Barney Wilen – Tilt
Mary Lou Williams – London Sessions
Nelson Williams (Five Horn Grooves & Nelson Williams All Stars)
Various – Bebop in Paris, Vol. 1 (Howard McGhee Sextet, Ernie Royal & His Princes, James Moody Quintet)
Various – Bebop in Paris, Vol. 2 (Gigi Gryce)
Various – The 1954 Paris Sessions featuring Henri Renaud (René Thomas, Frank Foster, Roy Haynes)
Various – The Saxophone Collection (Lars Gullin, Hans Koller und Lee Konitz)
Various – The Piano Collection Vol. 1 (Erroll Garner, Arnold Ross, Gerald Wiggins)
Various – The Piano Collection Vol. 2 (Al Haig, Jimmy Jones, George Wallington)

Von den CDs enthalten wie in der aktuellen Box diverse mehrere Alben und/oder EPs. Für die aktuelle Box wurden einzelne Zusammenstellungen beibehalten, anderes wurde neu kombiniert.

Die Third Herdsmen sind: Dick Collins, Cy Touff, Jerry Coker, Bill Perkins, Dick Hafer, Ralph Burns, Chuck Flores, der Wahlfranzose Jimmy Gourley sowie die Franzosen Henri Renaud, Jean-Marie Ingrand, Jean-Louis Viale.

Die Solal-Box mit dem vollmundigen Titel enthält übrigens bei weitem nicht alles, was Solal für Vogue eingspielt hat. Einerseits fehlt das tolle Album mit Sidney Bechet (auf dem übrigens Kenny Clarke trommelt – quite a band!), andererseits fehlen auch die kommerziellen Sachen, die er unter dem Pseudonym „Jo Jaguar“ gemacht hat. Ich kenne sie nicht und habe keine Ahnung, ob sie lohnenswert sind.

Hinter „Bud Powell – Paris“ versteckt sich die Hälfte der LP Oscar Pettiford Memorial – die andere Hälfte findet sich auf Vol. 2 von Lucky Thompson (auch er im Trio – mit den formidablen Peter Trunk und Daniel Humair).

Diverse Aufnahmen wurden von Henri Renaud 1954 anlässlich eines Besuches in den USA gemacht – mit Musikern wie Duke Jordan, Tal Farlow, Al Cohn, Jay Jay Johnson oder Milt Jackson. Ich habe das nicht alles präsent, aber die Pettiford-Scheibe, Renaud/Cohn All-Stars, die Trio-Sessions von Haig und Jordan sind solche, vielleicht noch mehr (in den USA erschienen die Aufnahmen bei Period, später in Everests Archive of Folk & Jazz Music Reihe und jüngst auf zwei Fantasy CDs unter dem Kollektiv-Namen „The Birdlanders“ – in anderer Zusammenstellung als bei Vogue). Ähnlich veröffentlichte Prestige auch die Aufnahmen von Clifford Brown in den USA (ebenfalls auf OJCCDs und zuvor wohl auch auf Vinyl). Vogue seinerseits übernahm auch US-Aufnahmen – von denen aber sinnvollerweise für die Vogue Masters-Serie keine gewählt wurden (ausser eben jenen Renaud-Sessions, die er aber in New York für Vogue produziert hatte).

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Nach der Übernahme von RCA/BMG durch Sony gab es Billig-Umverpackungen:


Man kriegt sie wie es scheint immer noch, derzeit am billigsten (99 cent) die Clifford Brown:
http://www.amazon.fr/La-Richesse-Piano-Martial-Solal/dp/B004GIJ5QC/
http://www.amazon.fr/La-Richesse-Piano-Martial-Solal/dp/B004GIJ5QC/
http://www.amazon.fr/Un-Maître-De-Guitare-Jazz/dp/B004GIJ5IK/
http://www.amazon.fr/Le-Saxophone-Baryton-En-Liberté/dp/B004GIJ5N0/
http://www.amazon.fr/LInventeur-Trompette-Bop-Dizzy-Gillespie/dp/B004GIJ5LW/

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Eine weitere Billig-Box ist diese hier:

Sie enthält zehn Alben: Bechet/Solal, Brown Vol. 1, Dizzy 1953, Hampton, Monk, Mulligan VOl. 1, Django „Nuages“ (keine Ahnung, was da genau drauf ist), Renaud All Stars, Solal Vol. 1 und Barney Wilens „Tilt“. Für Besitzer der viel hübscheren neuen Box also eher uninteressant.

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Django fehlt in der Liste … dass er in die 20 CD-Box Einfang fand, hat mich etwas überrascht (dasselbe bei Bechet, von dem es aber immer irgendwelche Billig-Compilations mit Vogue-Material gab, auch LPs findet man recht einfach, ich kaufte mir z.B. mal Le Disque d’Or de Sidney Bechet für kleines Geld).

Wer mehr von Django hören will (soweit ich weiss keine Überschneidungen mit den ebenfalls meist phantastischen CDs der Universal-Reihe Jazz in Paris), kann sich das Set hier kaufen, 2012 erschienen:


Django Reinhardt on Vogue

Wer einen Gesamtüberblick will, kann zur Djangologie-Box greifen (20 CD und wie es scheint sehr schlechte Dokumentation, kein Booklet – ich glaube inhaltlich exat mit der alten LP-Box selbigen Namens übereinstimmend) – es gab von Harmonia Mundi bzw. Le Chant du Monde eine scheint bessere Box namens „Manoir de Mes Rêves“ (25 CD sowie ein 120seitiges Booklet mit engl/frz Texten), die man aber überhaupt nicht mehr finden kann (schade, denn die Chant du Monde-Compilations, die ich kenne sind toll).

Wer Django integral will, greift sich die Fremeaux-Ausgabe, entweder vierzig Doppel-CDs oder umverpackt in drei „Saisons“, Schuber, in denen dieselben Doppel-CDs enthalten sind, 1928-1938, 1938-1947 und 1947-1953 – mit tollen Booklets und gutem Sound.

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Der heilige Gral, was Vogue betrifft, ist Barney Wilens „Zodiac“, das Album von 1966 mit Karl Berger (vib & p), Jean-François Jenny Clark (b) und Jacques Thollot (d), das wenn überhaupt für mehrere hundert Einheiten harter Währungen den Besitzer wechselt.

Von den „Original Vogue Masters“ scheint besonders eine der „Bebop in Paris“-CDs rar zu sein – aber auch da ist noch manches zu kriegen – es lohnt, gerade in Ergänzung zur neuen Box, noch das eine oder andere weitere zu suchen!

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Einen schönen Eindruck von den Covern gibt es bei Birkajazz (nicht nur Vogue-Cover):
http://www.birkajazz.com/archive/france.htm

Ein Durcheinander von Covern aus allen Zeiten (Originale und diverse Generationen von Reissues) findet man hier:
http://coverjazz.canalblog.com/albums/vogue_records/index.html

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