Re: Béla Bartók

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gypsy-tail-wind
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pinch

Beim Hören vergesse ich komplett, dass da Furtwängler am Pult steht, so sehr dominiert Yehudi Menuhin hier die Parts. Klanglich ein Genuss, kompositorisch wohl eine der schärfsten Waffen Bartoks. Und die Pizzicati der „Sonate für Violine Solo“ gehen allesamt runter wie Öl. Umso peinlicher, dass mir dieses Werk bislang noch unbekannt war. Ein ganz famoser Tipp, clasjaz! Besten Dank.

clasjazFreut mich sehr! Ja, die Violine ist auf Hochspannung komponiert und allerdings hier so gespielt. Ist Rostal auch schon eingetroffen? Bin gespannt, wie Du das im Vergleich hörst. Aber Menuhin – der ist in der Tat immer für Überraschungen gut, ganz ernster Mann, so verbindlich und freundlich er am Ende, in Dokumentationen, war. Vermutlich hatte er einfach den Überblick.

gypsy tail wind@pinch: Menuhin hat die Solo-Sonate wenigstens zweimal eingespielt, 1947 und 1957. Beide finden sich in der grossen EMI-Box, die ich mir vor Monaten gekauft habe – ich habe den ganzen Bartók dort schon angehört, (meine Empfehlung hat da natürlich wesentlich weniger Gewicht als jene von clasjaz, der schon viel länger im Geschäft ist ;-)), es gibt dort auch die 6 Duos für zwei Violinen (mit Neil Gotkowsky, 1965, das fällt dann in die Zeit der Aufnahmen beider Violin- und des Viola-Konzertes mit Dorati, 1965/66). Zudem gibt es natürlich noch Ida Haendel mit Vladimir Ashkenazy auf der grossartigen CD mit Enescus dritter Sonate, dort finden sich von Bartók die erste Rhapsodie Sz 86 und die Volkstänze (transc. Zoltán Székely), letztere gibt es gleich zweimal, denn es gibt eine tolle Bonus-CD mit frühen Aufnahmen von Haendel mitgeliefert (1947 mit Ivor Newton bzw. 1996 mit Ashkenazy), und auch Menuhin hat sie eingespielt (1964 mit Gerald Moore). Die Rhapsodie und die zweite Sonate Sz 76 finden sich auch auf der erwähnten CD von Szigeti/Bartók, die Rhapsodie gibt es auch demselben Jahr auch aus dem Studio (1940), ich habe sie auf einer – noch ungehörten – CD mit den Contrasts Sz 111, die Bartók mit Szigeti und Benny Goodman eingespielt hat. Die erste Sonate kenne ich nur von Oistrach (mit Frida Bauer, 1971) und die zweite habe ich noch auf einer – bisher ungehörten – CD von Kremer (mit Maisenberg, 1996).

pinchDanke, Gypsy. Ein absoluter Traum wäre für mich ja der Besitz der 29 CDs umfassenden „Complete Bartok Edition“-Box von „Hungaroton“. Bleibt aber wohl Utopie, da zum einen vergriffen, zum anderen sicherlich unbezahlbar.

clasjazDer Empfehlung gypsys zur Einspielung von Ida Haendel und Vladimir Ashkenazy möchte ich mich enthusiastisch anschließen! Bartóks „Erste Rhapsodie“ ist vorzüglich, im Rhythmus erinnert mich das immer an Schumanns erstes der „Fünf Stücke im Volkston“. Und die beiden, Haendel und Ashkenazy haben sich in all diesen Werken wie zusammengeschweißt gefunden; Ashkenazy mit einem federnden Klavier, glasklar, vor allem aber jedem Ausbruch Haendels folgend bzw. ihn vorbereitend, das ist kaum zu unterscheiden. Und Haendel mit einer Violine, die sich so anhört, als könne man dieses Spiel niemals lernen. Das hört sich schlichterdings nicht mehr nach einer Interpretation an, die auch anders möglich wäre – gerade von mir natürlich eine bekloppte Formulierung. Aber so geht’s mir damit, und zwar vor allem in der Enescu-Sonate: Was die da im ersten Satz, dem „Moderato malinconico“ machen, grenzt in der Aufladung der Spannung, immer weiter, immer weiter an eine ausbrechende Intensität, die das „Moderato“ zwar nicht verlässt, aber sie jederzeit nach Innen übersteigt. Aber das ist wohl das Werk, sind diese Werke von Enescu, von Bartók – und Szymanowski, der vor allem mit den „Mythes“ auf diesen CDs zu nennen ist. Und Haendel, welche Unerbittlichkeit sie im Ton hat. Und auch wenn ich von Ausbrüchen spreche: es sind Implosionen.

Ich habe clasjaz‘ Post aufgeteilt – schien mir sinnvoll, weil das mit dem Zitat im Zitat, dafür bin ich gerade auch zu faul. Hier das Cover der erwähnten CD von Ida Haendel und Vladimir Ashkenazy:

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