Re: The Beatles vs. The Stones

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thetalents

Registriert seit: 24.08.2007

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Schön mag es ja sein (vielen Dank für das Kompliment), aber „verschleiert“ ist da nun wahrlich nichts. Es handelt sich offenkundig um eine von der Sachaussage rückschließende, implizierend formulierte Kritik, also eben keinen persönlichen Angriff. Den könntest du dir „verbitten“, einen sachlich orientierten Rückschluss eben nicht.

Es ist doch verwunderlich, welch immensen Einfluss große Worte auf den Inhalt haben, wodurch Richtigkeit und Sinn an Geltung verlieren.
Ich bleibe bei deiner wissenschaftliche Methode Formuliertes konkret zu analysieren und daher Schlussfolgerungen abzuleiten.
„Verschleiert“ bedeutet „mutwillig versteckt“ und deine Aussage war eben dieses, denn (ich zitiere zur Vollständigkeit erneut : „Das ist ein ziemliches Mißverständnis, das eher ein Licht auf das Urteilsvermögen des Behauptenden als auf die Wirklichkeit wirft.“) ich darf mir etwas verbitten, wenn dabei meine Warhnehmungs- und Beurteilungsfähigkeit von Sachverhalten in Frage gestellt wird. Es verbietet dir keiner eine andere Meinung zu haben, jedoch kannst du keine definitiven Aussagen treffen, wenn der Sachverhalt nicht eindeutig klärbar ist. Das ist wie in der Mathematik, du musst alles beweisen, und eine subjektive Meinung, die auf keiner anerkannten Definition basiert stellt keinesfalls ein Beweis dar.
Tatsächliche Aussagen über Warnehmungsfähigkeit und Analysekompetenz einer Person kannst du doch nicht an einem mikrigen Beispiel festmachen, zu dem du eine andere Meinung hast. Unabhängig davon ob du es von irgendeiner subjektiven „Sachaussage“ herleitest. Kritik kann man getrost ausüben, wenn man deutlich macht, dass dies nur die eigene Meinung darstellt. Wenn man definitive Aussagen über die Persönlichkeit eines Menschen macht, muss man sehr vorsichtig sein, denn das sind meist keine Tatsachen, sondern Annahmen, eben wieder eigene Meinungen.
Wenn du also sagst, dass meine Aussagen ein schlechtes Licht auf mich werfen (verschleiert weil du mich nicht direkt ansprichst), dann darf ich mir das durchaus verbitten, denn woran willst du das festmachen? Daran, dass du anderer Meinung bist? Und schon löst sich das Paradoxon auf, man kann es nicht definitiv belegen.

Soso, der John Lennon selig hat also seinen Standpunkt „Make Love, not war“ verbreitet, der sich dann zum Leitfaden vieler Menschen entwickelte. In welchem bahnbrechenden Essay hat er das denn getan? Und völlig gegen den Zeitstrom hat er tiefschürfende Analysen zum Vietnam-Krieg betrieben und wahrscheinlich gleich im Alleingang die Anti-Kriegsbewegung inspiriert. Sauber, stattliche Leistung, wenn es denn so wäre. Ist aber natürlich völliger Unfug.

Alles was hier steht ist meines Erachtens unbegründet, zynisch, und vor allem zwecklos. Muss eine intellektuelle Person bahnbrechende Aufsätze (muss das nun jetzt auch durch ein englisches Wort ersetzt werden?) schreiben um als intellektuell zu gelten? Meine Aussagen waren belegt, durch anerkannte Definitionen von „intellektuell“, die du hiermit keinesfalls widerlegst, sondern denen du vielmehr ausweichst, indem du eine zynische Note in deine Aussagen steckst. Den Wert steigerst du damit nicht.

In den meisten Fällen ist er als prominenter Musiker um eine Meinungsäußerung gebeten worden, und da hat er dann zumeist gesagt, dass er Krieg Scheiße findet, Frauen und Iren unterdrückt werden, dass alle sich stattdessen besser lieb haben sollten – also das komplette Gutmensch-Programm, das man dann eben so abnudelt oder sogar dran glaubt (was ist schlimmer?). Von der üblichen und zwingend erforderlichen (!) zynischen und analytischen Schärfe der Intellektualität findet sich kaum keine Spur. Wenn es denn mal eine „subversive“ Aktion gab, an der er beteiligt war, wie bspw. das „bed-in“ in Amsterdam oder die Give Peace a Chance-Arie in Toronto, dann war es doch eher seine Frau, die „intellektuell“ dahinter stand, zumeist als Aktionskunst verbrämt.

Die Leistung von John Lennon als Antikriegsgegner ist nicht zu verachten, auch ohne seinen großen Einfluss auf die Bevölkerung als Rechtfertigung miteizubeziehen, was völliger Quatsch wäre.
Hast du gewusst, dass er Gefahr lief, ausgewiesen zu werden durch seine Bemühungen als Kriegsgegner die Öffentlichkeit zu beeinflussen, eben durch das bed-in aber auch durch Songtexte, die keinesfalls einsilbig oder primitiv sind. Imagine z.B. ist auch ein politischer Song und ist meines Erachtens in seiner Prägnanz kaum zu übertreffen. Allein dieser Song hat -finde ich- keinesfalls eine Bewertung verdient, die du einem John Lennon abgönnst, sondern ist meines Erachtens auf eine höchste Weise intellektuell, denn auch wenn es kein Song ist, der auf sprachgewaltige Ausdrücken beruht, besticht er durch seine Prägnanz und den Inhalt. Du magst wieder sagen, das könne jeder und ein Intellektueller ist er dadurch noch lange nicht, dann jedoch ist das wieder deine eigene Meinung, denn ich bezog mich auf eine anerkannte Definition.

Udo Lindenberg beispielsweise hat einmal als einer der ersten die wichtige Frage gestellt, wozu Kriege überhaupt da sind. Da wär vor ihm auch keiner drauf gekommen. Und die in Hunderttausende gehende Friedensbewegung in Deutschland in den 80er Jahren – Udos Werk! Oder war es Peter? Oder Nena? Oder alle zusammen, die intellektuelle Bagage? Ganz zu schweigen von so einem deutschen Vorzeige-Intellektuellen wie Stefan Effenberg, der es in zynischer Analyse im eigenen Buch „Allen gezeigt“ hat, was er so von der Welt und insbesondere Betrunkenen in seiner Autoauffahrt hält. Oder Dieter Bohlen, dem führenden Marketing-Vordenker der Republik. Oder dem rasierklingenscharfen Analytiker Franz Beckenbauer – „Was zählt, ist der Mensch. Links und rechts gibt es heute in der Politik sowieso nicht mehr“. Oder, oder, oder …. alle sträflich und zu Unrecht intellektuell unterbewertet.

Ich habe damit gerechnet, dass du versucht wirst meine Aussagen anhand von unangebrachten Beispielen zu widerlegen, jedoch vergleichst du Eier mit Bananen. Habe ich behauptet, dass jedes x-beliebige Statement den Titel „intellektuell“ rechtfertigt? Nein, und meines Erachtens sind die Zitate John Lennons qualitativ viel höher einzuordnen als „warum gibt es eigentlich Krieg?“. Das ist wie in der Mathematik, du kannst Theorien nur mit Gegenbeispielen widerlegen die anwendbar sind auf die zu widerlegende Theorie. Deine Beispiele entkräfte in keiner Weise dem Standpunkt, dass John Lennon ein Intellektueller war, denn seine Zitate waren komplett andere.
Um den Unterschied zwischen der Qualität der Zitate zu konstatieren, habe ich ein paar Zitate von John herangezogen, die meines Erachtens zweifellos von Intellektualität zeugen und einfach keine 0815 Sprüche darstellen, wie hier behauptet wird:
„Life is what happens while you are busy making other plans.“
„The basic thing nobody asks is why do people take drugs of any sort? Why do we have these accessories to normal living to live? I mean, is there something wrong with society that’s making us so pressurized, that we cannot live without guarding ourselves against it?“
„Time you enjoy wasting, was not wasted. “
„My role in society, or any artist’s or poet’s role, is to try and express what we all feel. Not to tell people how to feel. Not as a preacher, not as a leader, but as a reflection of us all. “
„The thing the sixties did was to show us the possibilities and the responsibility that we all had. It wasn’t the answer. It just gave us a glimpse of the possibility.“
„Everybody loves you when you’re six foot in the ground.”

Wer damit nicht zufrieden ist, hier gibt es genügend andere: http://www.johnlennon.it/john_lennon_quotes_sp.htm

Bezugnehmend auf die Zitate, finde ich ist es gerechtfertigt, John Lennon als intellektuell zu bezeichnen. Schon früh in der Schule ist den Lehrern aufgefallen, dass er den meisten Gleichaltrigen überlegen ist. Man kann ihn doch nicht mit Nena vergleichen!
Aber auch viele seiner Songs sind auf einer intellektuellen Ebene geschrieben: Imagine, Julia, Steel and Glass, a day in the life….

Wenn also John Lennon ein Intellektueller sein soll, gerät deren Liste zur Legion. Alle Schulaufsatz- und Proseminar-Definitionen aus Wikipedia helfen gar nichts, der Begriff fällt dann komplett der Beliebigkeit anheim. Unscharfe Allgemeinbegriffe und zermatschte Argumentationen können Intellektuelle übrigens auf den Tod nicht ausstehen, habe ich mir mal sagen lassen.

Die -wie du sie liebevoll nennst- Schulaufsatzdefinition entspringt der Begriffsprägung durch Joseph Schumpeter, ein bedeutender österreichischer Ökonom. Bevor man solche gewagten Sprüche loslässt, sollte man wenigstens den Artikel vorher angesehen haben, sonst fällt alles wieder in den Bereich der Annahmen und Vermutungen.
Da -wie ich oben schon begründet hatte- John Lennon Antworten nicht mit denen jeder x-beliebigen Person gleichzusetzen sind, die ab und zu irgendetwas in der Öffentlichkeit zur Sprache bringen, fällt der Begriff also nicht komplett der Beliebigkeit anheim. Wenn du das so siehst, dann fällt es mir schwer nachzuvollziehen, nach welchen Kriterien du Aussagen bewertest.

Lass ihn doch einfach den Musiker und kreativen Menschen sein, der er ohne Zweifel war. Eine falsche Überhöhung hilft niemanden, ebenso wenig wie vorauseilende Entschuldigungen. In diesem Sinn schließe ich an dieser Stelle von meiner Seite die Diskussion.

Da es im Bereich des Möglichen gewesen wäre, dass ich etwas fehlinterprätiert haben könnte, war es angebracht sich im voraus zu entschuldigen wenn dies der Fall ist.
Meines Erachtens hilft eine Schmälerung viel weniger, denn man sollte einen John Lennon in Erinnerung behalten wie er tatsächlich war, schlagfertig, kreativ, poetisch, immer mit scharfer Zunge, und politisch engagiert.

Ca. 90% aller Diskussionen hier drehen sich darum, dass Person A Person B Urteilsvermögen abspricht oder zumindest die Grundlagen der Urteilsfindung hinterfragt.

Eben, obwohl das hier eigentlich nichts zu suchen hat. Vielmehr geht es darum immer das letzte Wort zu haben und andere persönlich anzugreifen, wenn die Meinung nicht ihrer entspricht.

mfg
TheTalents

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"Since light travels faster than sound, people appear bright until you hear them speak." John Lennon