Re: Die „Zauberflöte ein Machwerk“? Anderes?

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gypsy tail windWarum suchten sich die Nazis gerade die Werke aus, die sie sich eben ausgesucht haben?

In seiner Autobiographie schreibt Marcel Reich-Ranicki, dass er in seiner damaligen Funktion als Übersetzer im Warschauer „Judenrat“ einmal einer Unterredung beizuwohnen hatte, deren Inhalt sich um die Auflösung des Ghettos und um die Umsiedlung/Vernichtung der Juden drehte. Während dieser Unterredung lief via Grammophon irgend etwas von Schubert. MRRs Erklärung: Die hatten eben keinen schlechten Musikgeschmack.

Und warum dieses Werk und nicht jenes? Lässt sich auch nicht so konkret beantworten. In den letzten Stunden im Führerbunker lief nicht etwa Beethoven oder Wagner, oder anderweitig „passendes“, sondern Lehars „Lustige Witwe“.

Vieles hatte natürlich auch seine jeweilige Wirkung zu erzielen: Einlullendes, aufpeitschendes, tröstendes. Nicht nur im Kino, sondern im gesamten Unterhaltungsstab wurde vom Regime ja bevorzugt jene Kunst als volksnah angesehen, die sowohl Herz als auch niedere Instinkte ansprach, weniger bis gar nicht allerdings den Intellekt. Und ja, die Kanonisierung war sicherlich auch Grundlage für die Auswahl einiger Sachen.

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