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Anonym
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So, den besagten Text aus der SZ nun gelesen. Vielen Dank, Gypsy und Otis. Malte Fischers Betrachtungen sind wirklich sehr interessant und aufschlussreich, aber so neu nun auch wieder nicht, als dass sie im Bewusststein der „aufgeklärten“ Wagnerianer nicht schon lange vorhanden seien. Schwierig jetzt darüber zu schreiben, wenn der Text für die Mehrheit hier nicht einsehbar ist.
Aber Malte Fischer hat insofern Recht, als dass er die Figur des Mime aus dem „Ring“ als Beispiel einer Juden-Karikatur anführt, zum Beleg dieser These u.a. mit Aussagen von Adorno, Mann und Mahler ins Feld führt und auch noch den Bogen zu Richard Strauss‘ „Judenquintett“ aus der SALOME schlägt. Sehr klug, aber auch ein kleines bisschen altklug, wenn er (Malte Fischer) zugleich impliziert, dass heutzutage immer noch viele Wagnerianer diese Einwände bedenkenlos vom Tisch wischen und sozusagen als Nonsens abtun. Das ist mir eine zu eng gestrickte Deutung vom hohen Ross aus, die der Wirklichkeit wohl nicht komplett entsprechen dürfte. Einen direkten Nährboden zum Antisemitismus der späteren faschistischen „Stürmer“-Ausprägung sehe ich darin nach wie vor nicht, sonst müsste man der Vollständigkeit halber auch zurückgehen bis zu Luther und zu dessen fanatischen Judenhass. Viel mehr ist es eine Entwicklung inder Geschichte, die irgendwann kulminieren musste und die, zynisch ausgedrückt, halt in Wagner eine Art deutlichen Vorboten fand, weil Hitler und Goebbels eben Wagner-Fans waren.
Und Nietzsche wurde ja letztlich auch nur „zweckentfremdet“, weil man nach Sachen und Gründen suchte, die ins vorgefertigte Muster zu passen hatten und die zugleich die gewünschten Bestätigungen quasi ad hoc mitlieferten. Dass es damit allerdings eine verkürzte und populistische Denk- Und Lesart auf sich hatte, wurde erst im Nachhinein, in Zeiten der „Aufklärung“ über die erlebten Resultate jener Gräuel bewusst.
Klar bleibt es ein schwieriges Thema und klar ist man bei Wagner, was das Bild des Antisemitismus anbelangt, an einer interessanten Stelle, aber ganz so eindeutig ist das alles dann am Ende nun doch nicht so wirklich.
Wie Thomas Mann es ausdrückt: „Es ist immer wieder ein schwieriger, anziehender und abstoßender Fall.“
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