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Im Jahr 2007, als die Glückssträhne Siu Yun Pings in Macao gerade begann, wies der chinesische Wissenschaftler Minxin Pei darauf hin, dass in fast der Hälfte aller chinesischen Provinzen der Leiter des Verkehrswesens im Gefängnis saß. Pei rechnete aus, dass China durch Korruption jährlich drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts einbüßte – mehr als im Staatshaushalt für den Bildungssektor vorgesehen war.
Dass Macao so erfolgreich Kriminelle anzog, brachte den chinesischen Staat in eine Zwickmühle: Wie lange sollte das Ganze noch so weitergehen? Und in welchem Umfang? Die Regierung hätte Macaos Wachstum gleichsam per Erlass zum Erliegen bringen können – man benötigte eine besondere Erlaubnis, um auf der Halbinsel einreisen zu dürfen, und der chinesische Staat regulierte den Besucherstrom nach Gutdünken. Doch ein hartes Durchgreifen hätte eine Vielzahl politischer Folgen gehabt. […] Auf einem Flug von Macao nach Peking saß ich neben einem ehemaligen Militär, der inzwischen einige Immobilien und ein paar Fabriken besaß. Er erzählte mir, er besuche Macao einmal im Monat, „um Dampf abzulassen“. Anschließend verbrachte er den Großteil des Fluges damit, seine neueste Anschaffung zu bewundern: ein Mobiltelefon von Vertu im Wert von zwölftausend Dollar, ausgestattet mit einer Hülle aus Krokodilleder und einer Taste, mit der sich rund um die Uhr ein Butler erreichen ließ.
Im Augenblick sahen also weder die Oberen vor Ort noch ihre Brüder in Peking einen Grund, irgendetwas zu ändern. Als ich mich mit Manuel Joaquim das Nevas in Verbindung setzte, dem Leiter der für die Spielkasinos in Macao zuständigen Aufsichtsbehörde, erklärte dieser: „Macao ist eben nicht Las Vegas.“ Es dauerte eine Weile, bis mir dämmerte, dass er Las Vegas doch tatsächlich als Beispiel für Prüderie anführte. „Macao konnte bislang allein im Bereich der Glücksspielindustrie ausländische Investitionen im Wert von mehr als zwanzig Milliarden Dollar anziehen“, fuhr er fort. „Kurzum: Dem öffentlichen Interesse wurden sehr gute Dienste getan.“ Diese Einschätzung stimmte mit der Art und Weise überein, in der die Partei von ihren Erfolgen in China sprach: „Entwicklung ist die einzige harte Wahrheit“, hatte Deng gesagt, und viele hielten diese Sichtweise für korrekt.
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(Aus: Evan Osnos, Große Ambitionen – Chinas grenzenloser Traum)
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"Edle, freie Unbefangenheit bei Allem. ... Alle übrigen Vollkommenheiten sind der Schmuck unsrer Natur; sie aber ist der der Vollkommenheiten selbst. ... Sie ist mehr als Leichtigkeit, sie geht bis zur Kühnheit: sie setzt Ungezwungenheit voraus und fügt Vollkommenheit hinzu. Ohne sie ist alle Schönheit todt, alle Grazie ungeschickt: sie ist überschwenglich, geht über Tapferkeit, über Klugheit, über Vorsicht, ja über Majestät." (Baltasar Gracián) =>mehr<=