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[…] Beim Buchhändler blättert man in den neuesten Erscheinungen, Antiquare packen mit Vorliebe den Ansichtssendungen ganze Kollektionen moderner Poesie bei. Man liest das irre Stammeln, die hinkenden Schülerverse. Enttäuschte Gattinnen schildern die Dränge der ersten Nacht. Jünglinge verwenden ihre erste Bordellbekanntschaft zu tiefgründig psychologischen Studien, und geile Backfische schreien nach dem reinen Mann. Ein heißes Mitleid wallt in uns auf für die beklagenswerten Setzer, die diesem Schund zum Leben verhalfen, für die Redakteure, die solche Gourmandisen samt den lobhudelnden Beizetteln der Verleger zu allererst genießen dürfen. Und auch jene Enterbten des Glücks dürfen unseres Mitgefühls sicher sein, die, ihre Abendatzung vom Greisler holend, nicht ahnen, daß die Lektüre der Emballage ihnen schlimmer bekommen wird als Wurstgift und Schimmel. […]
(Die Fackel: Nr. 171, 17.12.1904, S. 13-14)
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"Edle, freie Unbefangenheit bei Allem. ... Alle übrigen Vollkommenheiten sind der Schmuck unsrer Natur; sie aber ist der der Vollkommenheiten selbst. ... Sie ist mehr als Leichtigkeit, sie geht bis zur Kühnheit: sie setzt Ungezwungenheit voraus und fügt Vollkommenheit hinzu. Ohne sie ist alle Schönheit todt, alle Grazie ungeschickt: sie ist überschwenglich, geht über Tapferkeit, über Klugheit, über Vorsicht, ja über Majestät." (Baltasar Gracián) =>mehr<=