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Ein Satz des Herrn v. Szell.
»Wir waren der Ansicht, dass, obgleich ich den Grafen Johann Zichy nicht nur heute, sondern, wie dies das geehrte Haus bezeugen kann, immer in allen meinen Aeusserungen als einen Mann charakterisierte, den ich überaus schätze, mit dem ich sympathisiere und dessen hervorragende Eigenschaften ich allesammt anerkenne, den ich also auch für geeignet hielt, dass ihn in irgend einer anderen Hinsicht oder bei irgend einer anderen Gelegenheit die hohe Auszeichnung und die Wahl Sr. Hoheit treffe, doch zu berücksichtigen sei, dass wenn Se. k. u. k. Hoheit seine Wahl bezüglich des ungarischen Cavaliers, der mit ihm zu gehen hat, in solcher Weise trifft, dass er hier aus dem Parlament, mitten in der Budget-Debatte, den Führer einer oppositionellen Fraction mitnehmen würde und ihn mit einer solchen Function auszeichnet, welcher der parlamentarische Führer der betreffenden Fraction bis dahin fernestand, wenn er ihm eine Rolle überträgt, in der er nicht versiert ist, an welcher er nie theilnahm, mit welcher er nie in Berührung stand, dann war es allerdings meine Ansicht – und es handelt sich hier nicht um Personen, sondern um Principien, ich kann dem geehrten Hause mein Wort darauf geben, dass – sage ich – dies eine solche Stellungnahme bedeutet, welche ich von Seite des dem Throne am nächsten Stehenden, des Thronerben – bei aller grossen Hochachtung, bei aller loyalen und hingebenden Anhänglichkeit für seine Person, über die ich in diesem Hause mehr als einmal mit der Eloquenz, deren ich fähig war, mit der ganzen Wärme meines Herzens sprach, dessen grosse Eigenschaften, dessen Herzensadel und dessen erhabene Denkweise ich kenne, und vielleicht besser kenne als viele Andere, dass ich – wie gesagt – eine solche Stellungnahme für eine solche halten musste, die mit den parlamentarischen und constitutionellen Principien nicht im Einklange steht und solche parlamentarische und politische Principien verletzt, die meiner Ansicht nach das Alpha einer jeden Constitution, einer jeden Verfassung, der Selbstständigkeit eines jeden Landes und elnes jeden, die Attribute der Selbstständigkeit bildenden Parlamentarismus bilden.«
Es wäre nicht uninteressant, zu berechnen, wie oft während der Zeit, die Herr v. Szell zum Sprechen dieses Satzes brauchte, Erzherzog Franz Ferdinand die Reise von Wien nach Petersburg – ohne den Grafen Zichy – gemacht haben könnte.
(Die Fackel: Nr. 94, 18.02.1902, S. 5-6)
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"Edle, freie Unbefangenheit bei Allem. ... Alle übrigen Vollkommenheiten sind der Schmuck unsrer Natur; sie aber ist der der Vollkommenheiten selbst. ... Sie ist mehr als Leichtigkeit, sie geht bis zur Kühnheit: sie setzt Ungezwungenheit voraus und fügt Vollkommenheit hinzu. Ohne sie ist alle Schönheit todt, alle Grazie ungeschickt: sie ist überschwenglich, geht über Tapferkeit, über Klugheit, über Vorsicht, ja über Majestät." (Baltasar Gracián) =>mehr<=