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pinchSchade eigentlich, dass die Fackel seinerzeit mit der 81. Ausgabe im Juni 1901 plötzlich eingestellt wurde. Hätte gerne noch mehr gelesen.
Du weißt es eh besser, gell? Aber gut, als Betthupferl gibt’s noch was obendrauf:
Der vorliegenden Nummer der ‚Fackel‘, mit der das neunte Quartal abschließt, wird die nächste erst im Herbste folgen. Meinen verehrten Feinden ertheile ich, um allen Missverständnissen vorzubeugen, die beruhigende Versicherung, dass ich mich nicht vor ihnen, sondern bloß auf das Land zurückziehe. Dass ich nach einer ununterbrochenen zweiundeinvierteljährigen Arbeitsthätigkeit, die man wohl in Umkehrung eines politischen Sprichwortes »ehrenvoll, aber nicht gesund« nennen kann, der Erholung bedarf, mag jeder Leser, der an den Schicksalen der ‚Fackel‘ freundlichen Antheil nimmt, ohneweiters glauben; mich hat erst die ärztliche Constatierung einer totalen Nervenerschöpfung zu solcher Erkenntnis gebracht. So muss ich mir denn jene mir dictierte mehrwöchentliche Ruhe gönnen, ohne sie durch den Gedanken vergällen zu lassen, dass ihrer auch meine Lieblingsgegner theilhaftig werden. Wenn ich ihnen bisher keine Schonzeit gab, so konnte ich ja doch auch niemals hindern, dass sie alle, Verwaltungsräthe, Bankdirectoren, Corruptionsjournalisten, in den Sommermonaten sich selbst schonten und mir, der sie auf dem Papier festzuhalten suchte, in Schnellzügen und mit Freikarten zu Berg und Meer enteilten. Meine persönliche Erholungsbedürftigkeit – eigentlich eine ganz private Angelegenheit – muss, ich bedaure dies aufrichtig, eine Sistierung des Blattes zur Folge haben, und der Karren, dem ich allein sein Geleise bahne, muss stehen bleiben, wenn ich auszuspannen genöthigt werde. Ich bin bescheiden genug, zu glauben, dass die Freude der Dutzende, die nunmehr auf Zeit gegen Schimpf und Schaden versichert sind, noch ehrlicher empfunden sein wird als das Bedauern der ebensovielen Tausende, die beifallslustige Zuschauer meines Kampfes waren. Umso schwereren Herzens habe ich mir meinen Urlaub ertheilt, dem erst im Herbst ein frohes Wiedersehen mit Freund und Feind folgt.
(Die Fackel: Nr. 81, Ende Juni 1901, S. 24)
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"Edle, freie Unbefangenheit bei Allem. ... Alle übrigen Vollkommenheiten sind der Schmuck unsrer Natur; sie aber ist der der Vollkommenheiten selbst. ... Sie ist mehr als Leichtigkeit, sie geht bis zur Kühnheit: sie setzt Ungezwungenheit voraus und fügt Vollkommenheit hinzu. Ohne sie ist alle Schönheit todt, alle Grazie ungeschickt: sie ist überschwenglich, geht über Tapferkeit, über Klugheit, über Vorsicht, ja über Majestät." (Baltasar Gracián) =>mehr<=