Startseite › Foren › Kulturgut › Print-Pop, Musikbücher und andere Literatur sowie Zeitschriften › Die Drucksachen › Lesefrüchte › Re: Lesefrüchte
[…]
Cornelius Gurlitt, wohl der erste und unparteiischeste Fachmann der Gegenwart auf dem Gebiete der Architektur, äußert sich in seinem Werk »Die deutsche Kunst des neunzehnten Jahrhunderts, ihre Ziele und Thaten«: »In Wien ist das Parlamentshaus griechisch, in Pest gothisch. In Wien sollte es allgemein ideal, in Pest englisch, d.h. constitutionell ideal werden, in beiden Fällen ist es modern und deutsch. Der Erbauer des Pester Parlaments, Steindl, ist ein Schüler Schmidts und hat trotz seinen Anlehnungen an Barry, Scott, Waterhouse und andere Engländer nicht mit einem Zuge seine Herkunft verleugnet. Pest erweist sich in jedem Zuge künstlerisch als deutsche Stadt, trotz allem magyarischen Sporenrasseln und Schnauzbartstreichen. Denn die Artung des Bauens, die Sprache der Profile, die Auffassung der älteren Kunstweise, der zu erreichenden Ziele, nicht die Aufschriften machen das Wesen der Architektur aus. Und wie die Berliner Malerei der Sechziger Jahre um gleicher Gründe willen französisch ist, so ist und wird wohl noch lange das, was Tschechen, Magyaren, Kroaten und andere Völker des Südostens bauen, deutsch, wienerisch sein, ebenso wie das, was sie malen, nichts Anderes ist, als Münchener Kunst von gestern.« (S. 461.) Und an anderer Stelle (S. 639) sagt Gurlitt: »Das Parlamentshaus in London, wie es Barry in den Vierziger Jahren entwarf und wie es Steindl in Pest ohne viel Geist nachahmte, – –.« […]
(Die Fackel: Nr. 13, S. 23-24)
--
"Edle, freie Unbefangenheit bei Allem. ... Alle übrigen Vollkommenheiten sind der Schmuck unsrer Natur; sie aber ist der der Vollkommenheiten selbst. ... Sie ist mehr als Leichtigkeit, sie geht bis zur Kühnheit: sie setzt Ungezwungenheit voraus und fügt Vollkommenheit hinzu. Ohne sie ist alle Schönheit todt, alle Grazie ungeschickt: sie ist überschwenglich, geht über Tapferkeit, über Klugheit, über Vorsicht, ja über Majestät." (Baltasar Gracián) =>mehr<=