Re: Lesefrüchte

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hal-croves
אור

Registriert seit: 05.09.2012

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In der Perosi-Woche haben uns einige Blätter genau geschildert, wie der »schlichte Mann im Priesterrock« isst und trinkt. Zugleich bezeichneten sie den schon lauernden Autogrammjägern das Gasthauslocal, in welches sich Perosi, der, wie sie selbst sagten, von niemandem behelligt werden wollte, aus dem Impresariolärm mittags zu flüchten liebte. Die liberalen Reporter feierten wahre Orgien der Zudringlichkeit und schleppten ganze Tonnen Weihrauchs herbei, um dem clericalen Musiker den Wiener Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen. Zumal die »Neue Freie Presse« ließ nicht ab, in der Beschreibung des »seltenen Anblicks« zu schwelgen, den »ein in aller Form geweihter Priester, der Schützling Leos XIII. und somit des katholischen Clerus der ganzen Welt, als Capellmeister bot«, und rief begeistert aus: »Wir gestehen, dass auch wir hieraus den größten Genuss des Abends gewonnen haben.« Inzwischen schien der Musikalienhändler Gutmann in seinen neuerworbenen Beziehungen zum Clerus völlig aufzugehen und nahm die Gelegenheit wahr, am Schlusse des Concertes coram publico dem Fürsterzbischof Gruscha die Hand zu küssen. »Wir gestehen, dass auch wir aus diesem seltenen Anblick den größten Genuss des Abends gewonnen haben.«

(Die Fackel: Nr. 3, S. 28-29)

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"Edle, freie Unbefangenheit bei Allem. ... Alle übrigen Vollkommenheiten sind der Schmuck unsrer Natur; sie aber ist der der Vollkommenheiten selbst. ... Sie ist mehr als Leichtigkeit, sie geht bis zur Kühnheit: sie setzt Ungezwungenheit voraus und fügt Vollkommenheit hinzu. Ohne sie ist alle Schönheit todt, alle Grazie ungeschickt: sie ist überschwenglich, geht über Tapferkeit, über Klugheit, über Vorsicht, ja über Majestät." (Baltasar Gracián) =>mehr<=