Re: Lesefrüchte

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hal-croves
אור

Registriert seit: 05.09.2012

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„Journalisten, besonders die Leitartikler unter ihnen, betrachten es als ihr edles Vorrecht, an allem und jedem herumzumäkeln, reagieren aber patzig, wenn ihr eigenes Schaffen in die Kritik gerät. Den Ausdruck „kritisch“ haben sie so gepachtet wie Dönerverkäufer das Wort „komplett“. Damit aber verhält es sich ähnlich wie mit Inseraten „50.000 Euro Sofortkredit – seriös!“ Wenn es einer nötig hat, mit einer Selbstverständlichkeit zu hausieren, kann man davon ausgehen, dass das Gegenteil wahr ist.

Vor Jahren warb die Mainzer Allgemeine Zeitung, ein provinzielles Wurstblatt unter vielen, mit dem Spruch „Isch bin Meenzer und bin kriddisch“. Und kriddischer Dschornalismus wird, davon kann man sich montags bis samstags bei der „Presseschau“ des Deutschlandfunks überzeugen, überall dort betrieben, wo intellektuelle Mittelmäßigkeit auf stilistische Stümperei und geistlose Faktenhuberei trifft.

Etwas abgrundtief scheiße oder makellos und wunderbar zu finden, ist unter kriddischen Dschornalisten als unseriös und polemisch verpönt. Stattdessen herrschen in den Kommentarspalten kleinliche Besserwisserei und fettarschige Selbstzufriedenheit.“

(Deniz Yücel in https://www.taz.de/!109018/)

P.S.: Ich freue mich, dass gerade dies mein 600. Post im RS-Forum ist. :-)

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"Edle, freie Unbefangenheit bei Allem. ... Alle übrigen Vollkommenheiten sind der Schmuck unsrer Natur; sie aber ist der der Vollkommenheiten selbst. ... Sie ist mehr als Leichtigkeit, sie geht bis zur Kühnheit: sie setzt Ungezwungenheit voraus und fügt Vollkommenheit hinzu. Ohne sie ist alle Schönheit todt, alle Grazie ungeschickt: sie ist überschwenglich, geht über Tapferkeit, über Klugheit, über Vorsicht, ja über Majestät." (Baltasar Gracián) =>mehr<=