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MatzWas ist los, Hal? Noch kein Hinweis auf Lenas heutigen Auftritt beim großartigen Willkommen Österreich?
Mir ist dazu noch ein Kalauer eingefallen, und wie ich vorgestern bei einer Lesung des wunderbaren Olli Dittrich gelernt habe, soll man Kalauer keinesfalls für sich behalten, sondern sie unbedingt mitteilen.
Grissemann meinte ja mehrfach in der Sendung, Lena habe sich „vom Songcontest-Schätzchen der Nation zur ernsthaften Popkünstlerin“ entwickelt. Ernsthaft. Dazu fiel mir die – so dachte ich bisher – überkommene Einteilung in E- und U-Musik ein; als „ernsthafte Popkünstlerin“ macht Lena dann wohl EU-Musik. :lol:
Und ich glaube, das ist mehr als nur ein Kalauer. In einer frühen Ausgabe des in der Tat großartigen Willkommen Österreich erzählt Herr Baumann, der Mann im Schrank, von seiner Angst vor [I]anspruchsvoller Popmusik, und die Art, wie er diese kuriose Phobie schildert, enthält für mich eine hidden trace zum kleinbürgerlich-feuilletonhaft mutierten Popdiskurs der Gegenwart, der nicht selten das Lachverbot des Jorge von Burgos verinnerlicht zu haben scheint. So berechtigt und notwendig es ist, an ästhetisch-qualitativer Distinktion auch im Pop festzuhalten – der Begriff der „ernsthaften Popkünstlerin“ ist ein Monstrum, das typisch ist für eine verklemmte kontinentaleuropäische, oder vorsichtiger formuliert: deutsche Attitüde, mit Pop umzugehen. Und davon möge man Lena tunlichst verschonen; so gut gemeint diese Zuschreibung gewiss ist, insofern sie auf die Qualität von Stardust verweist, verfehlt sie doch völlig Lenas fröhlichen und unbefangenen Zugang zum Pop. Es ist ja bezeichnend, dass Daniel Koch in seinem Verriss zu ihrem Reeperbahn-Auftritt meinte, alle Klasse ihrer neuen Songs, alle Faszination ihrer Stimme verblassten angesichts ihrer Albernheit auf der Bühne. Man muss sich das in aller Klarheit vergegenwärtigen: es ging nicht um Kammermusik, sondern um ein Popkonzert! Merke: Beim Reeperbahn-Festival gibt es nichts zu lachen, Alter, das ist Indie, das ist was für grimmige Kerle! :roll: (Al Bundy fällt mir dabei ein: „Ja, Hondo, du bist seeehr männlich!“)
Fest steht jedenfalls: mit solchem Quatsch kommt man Lena nicht bei. Daniel Koch lese bei seiner Kollegin Birgit Fuß noch mal nach:
„Stardust“ ist also das schwierige dritte Album. Es klingt aber gar nicht so, sondern mindestens so fröhlich, so leicht – und auch so leicht spinnert – wie die ersten beiden.
Und auch Christoph Grissemann darf sich diesen Satz gerne merken.
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"Edle, freie Unbefangenheit bei Allem. ... Alle übrigen Vollkommenheiten sind der Schmuck unsrer Natur; sie aber ist der der Vollkommenheiten selbst. ... Sie ist mehr als Leichtigkeit, sie geht bis zur Kühnheit: sie setzt Ungezwungenheit voraus und fügt Vollkommenheit hinzu. Ohne sie ist alle Schönheit todt, alle Grazie ungeschickt: sie ist überschwenglich, geht über Tapferkeit, über Klugheit, über Vorsicht, ja über Majestät." (Baltasar Gracián) =>mehr<=