Startseite › Foren › Die Tonträger: Aktuell und Antiquariat › Aktuelle Platten › Lena – Stardust › Re: Lena – Stardust
Hal CrovesDas ist vor allem – ich weiß, ich wiederhole mich – der Abwechslungsreichtum und die Finesse in Lenas Musik. Während Marinas Stimme wirklich stark, markant, modulations- und umfangreich ist, ist die Musik, die sie mit den Diamonds macht, doch verblüffend primitiv; klanglich ein auf halbem Weg zum Hardrock steckengebliebener Indierock auf Stampfrhythmusbasis, in den der Abwechslung halber ziemlich unvermittelt sanfte Passagen eingebettet sind. Lykke Lis Chartbreaker „I Follow Rivers“ funktioniert ähnlich (nur ohne Rockgitarre), dafür um so stampfiger (kein Wunder, dass das Lied zum Fußball-Jingle erkoren wurde). Immerhin leistet sie sich insgesamt musikalisch mehr Abwechslung als Marina and the Diamonds; dafür säuselt sie aber für meinen Geschmack ziemlich klischeenordisch daher. Im Ergebnis fühle ich bei beiden: nichts.
Lena dagegen verbindet eine enorme gesangliche Ausdruckskraft (von eisig-spöttisch in Satellite über punchy in I Like to Bang my Head über lyrisch-verspielt in A Million and One hin zu purer Zärtlichkeit in I Like You) mit einer stilistischen Bandbreite, die schlicht ihresgleichen sucht. Wer will, mag letzteres eklektisch nennen, aber da die Popmusikgeschichte (Roseblood sei mein Zeuge) sich ohnehin längst nur noch wiederholt, bin ich der Meinung, dass es einer jungen Sängerin ausgezeichnet zu Gesicht steht, sich nicht auf einen Stil zu kaprizieren, sondern viele zu adaptieren. Mir erschließt sich dadurch in ihrem Werk ein ganzes Universum von musikalischen Gefühlswelten, das für mich auch neue Maßstäbe zur Beurteilung von Popmusik setzt; ich finde, stilistische Bandbreite und Abwechslungsreichtum sollte heute ein Muss sein für jeden, der es nicht schafft, Bossa Nova mit Hip Hop zu vermählen.
Kurz: ich komme von Lenas Platten (zu denen ich oberbegriffsmäßig auch mal die Live-DVD zähle) nicht mehr los. Und selbstverständlich habe ich mir auch schon selber diverse Sampler aus ihrer Musik gebastelt.
@satiee: Persönliche Unterstellungen jeglicher Art kann ich um so weniger ernstnehmen, je kruder und sinnentstellender meine Originalstatements zusammengeschnitten werden. Was Du da in dem Zitat fabriziert hast, stammt so nicht von mir.
Immer wenn ich jemand eloquent und sprachlich differenziert argumentieren höre, neige ich dazu, ihn ernst zu nehmen. In diesem Fall irritiert mich aber die unglaubliche Kluft zwischen gediegener Formulierkunst und einer fast realsatirisch fulminanten Lena-Radikalüberschätzung, die mir eigentlich nur zu völlig unreflektierten Teenie-Fans oder aber zu professionellen Marketing-Zynikern zu passen scheint. „Mir erschließt sich dadurch in ihrem Werk ein ganzes Universum von musikalischen Gefühlswelten, das für mich auch neue Maßstäbe zur Beurteilung von Popmusik setzt“ … Werk? Universum? Neue Maßstäbe für die Popmusik insgesamt? Verzeihung, das klingt, als soll Lena sowas wie der Gipfel der Popwelt sein, und das ist einfach bizarr. Geht’s vielleicht auch mehrere Nummern kleiner?
--