Startseite › Foren › Die Tonträger: Aktuell und Antiquariat › Downloads ’n‘ Streams › Urheberrechtsverletzungen im Internet › Re: Urheberrechtsverletzungen im Internet
lathoMusik hatte ich nicht gemeint, da wird es inzwischen andere Möglichkeiten geben (kann ich nicht beurteilen, weil ich das nicht nutze). Bei Film und in Zukunft auch bei Büchern läuft es ähnlich ab wie bei Musik: erst fleißig vorangetriebene Digitalisierung auf eigenen Datenträgern, dann Entsetzen, wenn diese Datenträger entschlüsselt werden. …
Das lässt sich nicht so 1:1 vergleichen. Beim Film hängen viel mehr Parteien mit drin. In den USA läuft ja gerade ein Krieg über die Aufweichung der tradierten Verwertungsfenster. Ein Film zeitgleich zum Kinostart freizugeben hat weitreichende Folgen und gegen die stemmen sich nicht nur Lobbyisten der Kinobranche sondern auch Kreative, die für sich beanspruchen Filme primär fürs Kino herzustellen und nicht für Videostreams. Was nachvollziehbar ist. Diese Hintergründe gab es bei der Musikindustrie nie.
lathoZweitens: ich kenne keine ernsthafte Untersuchung, die die einbrechenden Gewinne beispielsweise der Musikindustrie zu 100% den illegalen Downloads zurechnen kann. Teilweise haben Untersuchungen ja erwiesen, dass Downloader eher zusätzlich zu legalen Angeboten greifen. Heißt: wenn zweifelhafte Quellen ermitteln, dass ein track 4 Millionen mal illegal heruntergeladen wurde, heißt das nicht, dass er auch legal 4 Millionen mal (zusätzlich zum legalen Geschäft) verkauft worden wäre, ja heißt noch nicht mal sicher, dass der track häufiger verkauft worden wäre, als es so schon passierte.
Die Theorie gibt es auch schon seit Napster-Zeiten. Ist natürlich richtig, dass nicht alles was downgeloaded wird so auch gekauft worden wäre, aber der Zusammenhang zwischen illegalen Angeboten und dem Einbruch des Marktes ist meiner Meinung nach nicht von der Hand zu weisen. Alleine das Nutzerverhalten, das ich in den letzten zehn Jahren in meinem persönlichen Umfeld beobachtet habe, ist evident.
lathoDrittens: ich habe hier Platten mit dem stilisierten Totenkopf „Home taping is killing music“ – es gab schon mal die große scare. Der unmittelbare Untergang der Musikindustrie stand bevor, als die Taperekorder für den Heimgebrauch erschwinglich und nutzbar wurden. Der Untergang ist ausgeblieben, es gab Kopierabgaben auf die Kassetten und Geräte und die Hysterie ging zurück, zumal man ja kurz darauf mit der CD riesige Gewinne einfuhr. Ich kann nicht sehen, warum das nicht auch ein Modell für das digitale Zeitalter sein soll (nenn es Kopierabgabe, Kulturflatrate, Rettungsabgabe für notleidende Manager, whatever). Mit tapes konnte ich damals Bekannten eine Kopie einer Platte ziehen und sie konnten das Album anhören. Wollten sie es in den Händen haben, mussten sie es eben kaufen. Warum sollte das heute anders sein.
Der Vergleich hinkt ganz gewaltig, wie Natsume ja schon sagte. Früher musste man sich ein Tape kaufen, jemanden finden, der die gewünschte Platte hatte und sie sich dann in Echtzeit und lausiger Qualität auf einen unpraktischen Tonträger kopieren lassen. Ein treffender Vergleich zu früher wäre eher dieser: Ich blättere den Disc-Center Katalog durch, rufe die Hotline an und bestelle die gewünschten Titel und zwei Minuten später klingelt der Briefträger an der Haustür und liefert sie mir frei Haus.
--